Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
zum Weihnachtsempfang der Regierung ins »Carlton-Hotel« kommen, und da konnte er ihren Helicopter, noch dazu von einem sicheren Platz aus, mit seiner fliegenden Bombe in die Luft jagen. Er hatte es ihnen sogar angekündigt. Nicht seinen Plan, versteht sich, aber daß der Mord an Daniel, Smiley und Doc nicht ungestraft bleiben würde.
Es erfüllte Timothy noch heute mit tiefer Befriedigung, wie entsetzt Samuel S. Brooker ihn angestarrt hatte, als er, zwei Tage nach dem Attentat, auf dem Bildschirm erschien. Timothy hatte die Haut elfenbeinfarben getönt, die Haare lichtblau mit silbernen Spitzen; seinen durch einen Spiegeltrick nahezu durchsichtigen Oberkörper zierte eine goldene Kette mit Kruzifix, und um seinen Kopf strahlte ein Heiligenschein. – In den Recherchen zu den Mutanten hatte gestanden, daß der alte Brooker unlängst zu den strenggläubigen »Heiligen der allerletzten Tage« konvertiert war.
»Tr-truckle!« stotterte Brooker fassungslos. »Wo, wo – von wo –?«
»Aus dem Jenseits«, antwortete Timothy. Seine Stimme hallte dröhnend mit mehreren abgestuften Echos, »um dir zu verkünden, daß deine Tage gezählt sind, Samuel Brooker. Der Countdown läuft schon. Der Teufel wird dich holen, und du wirst für deine Sünden ewig im Fegefeuer schmoren.«
Dann war Timothy untergetaucht. Er verkniff es sich sogar, in die »Stardust«-Bar zu fahren, er wollte bis Weihnachten von niemandem gesehen werden. Kurz vor Tagesanbruch, als seine Etage und der Trakt der Lastenfahrstühle verwaist dalagen, belud er den »Monofly« mit Containern und Taschen und schwebte in das Penthaus. Eine geradezu ideale Ausgangsbasis für seinen Rachefeldzug. Selbst wenn Brooker nicht an eine Geistererscheinung oder einen Traum glaubte, hier würde er Timothy nie suchen lassen, und Grandma dachte offensichtlich nicht daran, daß sie das Penthaus bis Ende Januar gemietet hatte. Von der Plattform konnte die Bombe am 25. Dezember ungestört starten.
Seit zwei Tagen hockte Timothy nun hier, und er fand keine schwache Stelle mehr in seinem Plan. Er wußte Anflugzeit und Luftkorridor für die Maschine der Brookers, und er hatte ein Zimmer gegenüber dem »Carlton« gemietet, das er am Heiligabend aufsuchen und von dem aus er den »Monofly« dirigieren würde. Er bedauerte nur, daß er keine Nihilationsbombe besaß; es wäre ihm ein Vergnügen gewesen, die ganze im »Carlton« versammelte Bande in die Luft zu jagen.
»Sir«, sagte Napoleon, »ich habe eine Nachricht, die Sie betrifft, eine Meldung aus der ›Tagesschau‹. Ich denke, es ist am besten, wenn ich Ihnen den Wortlaut durchgebe.«
»Gleich«, erwiderte Timothy, »ich will mich nur hinsetzen und einen Whisky einschenken.«
Es war gut, daß er saß; die Nachricht hätte auch einen Stärkeren umgehauen.
»Und nun die Meldung des Tages«, hörte Timothy den Nachrichtensprecher, »vor mir sitzt William Josefson, der Spielleiter von GAME-GAME 71 , dem Ereignis des Jahres. Heute, Mister Josefson, sind die Würfel gefallen. Wer wurde ausgelost?«
»Der Name des Wildes ist eine echte Sensation«, sagte Josefson, »und er verspricht eine aufregende Jagd. Selbst die verwöhntesten Freunde dieses absoluten Top-Super-Spektakulums werden voll auf ihre Kosten kommen. Es ist niemand anderes als – Timothy Truckle aus Chicago! Timothy Truckle zählt zu den bekanntesten und erfolgreichsten Privatdetektiven der Staaten, ist also ein hartgesottener Profi. Ich bin sicher, daß er sich auf das Spiel vorbereitet hat wie noch nie ein Wild vor ihm, andererseits geht er mit einem starken Handicap in das tödliche Rennen: Truckle ist von außergewöhnlich kleiner Statur, man darf wohl sagen, er ist einer der ganz wenigen Zwerge unseres Landes. Ich denke, wir werden eine Jagd erleben wie nie zuvor.«
»Das ist wirklich eine Sensation«, erklärte der Sprecher, »zumal die Bewerbung von Timothy Truckle bis zum letzten Augenblick geheim geblieben war. Und hier ist er: zuerst das Porträt – die Profilaufnahme – in ganzer Figur – seine Identicatnummer. Wie in jedem Jahr bringen die Videogesellschaften wieder ein gemeinschaftliches Sonderprogramm über GAME-GAME, und heute, in der Stunde vor Mitternacht, unmittelbar vor Beginn der Jagd, senden wir eine ausführliche Personenbeschreibung zum Mitschneiden für alle, die sich an GAME-GAME beteiligen wollen, dazu ein Interview mit dem Wild und die Vorstellung der Jäger. Wetten werden ab achtzehn Uhr entgegengenommen. Welche Chancen räumen Sie
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