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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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gläsernen Wand und sah auf das Meer hinaus. Über dem Strand wurden die Wolken von einem Sog in die Höhe gerissen. Durch den Schleier des feinen Nieselregens sah man, wie sich die Sonnenstrahlen in der ISOLATION brachen und Lichtpünktchen in allen nur denkbaren Farben wie aus einem horizontweiten Prisma sprühten.
    »Man könnte es schön finden«, sagte Bentley leise, »wenn es nicht das Ende der Welt bedeutete, unser Gefängnis. Ich wollte immer mal zum Mond, und vor hundert Jahren schien das nicht unmöglich. Ich habe viel Geld in die Raumfahrt investiert. Eines Tages, sagte ich mir, wird es so einfach sein, daß jedermann mitfliegen kann. Wer hätte gedacht, daß wir dann keine Raumfahrt mehr haben dürfen.«
    »Und nicht einmal mehr Informationen über das, was sich im Raum tut«, sagte Timothy. »Vielleicht sind längst Menschen auf dem Saturn gelandet?«
    »Nur auf dem Mars, Mister Truckle. Sind Sie an Raumfahrt interessiert? Inger könnte Ihnen den entsprechenden Sektor des ›Special News Service‹ zugänglich machen.«
    »Der Vogelflug reicht mir«, sagte Timothy. »Ein wunderbares Gerät. Weiß die UNIVERSAL eigentlich, für wen der ›Monofly‹ bestimmt war?«
    Bentley lachte. »Weil Sie denen damals die Sache mit dem schweren Gold vermasselt haben? Nein. Es hat sie auch nicht zu interessieren. Ich will es haben, das genügt. Auf unserer Ebene fragt man nicht mehr.« Er vertiefte sich wieder in das Schauspiel der Natur vor dem Fenster, irgendwann drehte er sich um. »Was halten Sie von einem Jasminblütentee, Mister Truckle? Davon hätten wir beide etwas: Sie den Tee und ich den Duft. Ich liebe das Aroma von Jasmin.«
    Erst als er sich die Teeschale unter die Nase hielt, fragte Bentley nach seinem Samen. »Ich will keine Details«, sagte er, »vielleicht später einmal. Jetzt will ich nur wissen: Ist die Kapsel unbeschädigt? Unbenutzt? Wer war der Dieb? Was waren seine Motive?«
    Timothy hatte sich also umsonst vorbereitet! Er hatte die vergangenen drei Wochen nicht nur gefaulenzt; nachdem er mit Napoleon die Varianten gecheckt und sich entschieden hatte, nicht sofort zu Bentley zu fahren, nicht auf Genialität zu machen – nicht nur! –, sondern auch unermüdlichen Fleiß und komplizierte Kleinarbeit vorzutäuschen. Schon um das Honorar für Smiley zu rechtfertigen, hatte er sich eine lange Geschichte ausgedacht, was er angeblich alles unternommen hatte, um den Samenbankraub aufzuklären.
    »Mir soll es recht sein«, sagte er, »machen wir es kurz, wenn auch nicht schmerzlos. Die Kapsel ist unbeschädigt, doch Sie werden trotzdem nie wieder Kinder haben, es sei denn –«
    Bentley kicherte. »Das ist lange vorbei, Mister Truckle. Wie lange!«
    »Das Sperma wurde unsachgemäß transportiert«, fuhr Timothy fort. »Der Dieb hat sich auch gar nicht für den Inhalt interessiert, ein Underdog 12 , der nur von dem silbernen Glanz der Kapsel verführt wurde. Leider ist mir ein Mißgeschick unterlaufen.«
    Bentley stellte die Teeschale mit hartem Knall auf den Servicewagen und blickte mißtrauisch herüber. Timothy holte die Samenkapsel aus der Jackentasche und reichte sie ihm.
    »Wie Sie sehen, ist sie ungeöffnet. Aber in meinem Eifer, sie sicherzustellen, war ich einen Augenblick unaufmerksam, und der Täter ist mir entwischt. Ich könnte ihn natürlich suchen, wenn Sie das möchten.«
    Bentley antwortete nicht. Er starrte auf die Kapsel. Er hielt sie zwischen den ausgetrockneten Fingern, als sei sie das teuerste Stück seiner Porzellansammlung.
    »Ein Underdog?« fragte er schließlich. »Wie absurd! Ein Underdog stiehlt den kostbarsten Schatz eines der mächtigsten Männer der Erde aus dem bestbehütetsten Bankgebäude der Staaten.« Er schüttelte müde den Kopf. »Lassen Sie ihn laufen. Wozu Mühe auf solch einen Untermenschen verwenden. Erzählen Sie Inger, wie es geschehen ist und was unternommen werden muß, um einen weiteren Diebstahl zu verhindern. Für alle Fälle.«
    »Mir scheint nicht, daß die Samenbank der ALLAMERICAN das bestbehütetste Bankgebäude der Staaten ist«, wandte Timothy ein, »gegen Terroranschläge, zum Beispiel, ist sie geradezu fahrlässig schlecht geschützt, wenn man bedenkt, daß sie die einzige Institution dieser Art ist.«
    »Nicht nötig«, sagte Bentley. »Die Unternehmen haben sich geeinigt, keine Terroranschläge auszuüben. Für private Gangster wäre es unsinnig, es gibt nicht einmal einen schwarzen Markt für Tier-Sperma. Und der UNDERGROUND?« Bentley

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