Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Fall für Mediziner und nicht für Detektive«, sagte Dr. Connors. »Sie werden uns kaum helfen können, Mister Truckle.«
»Das bilde ich mir auch nicht ein«, beteuerte Timothy. »Ich wollte mich nur an kompetenter Stelle informieren. Mister DuMont nimmt großen Anteil an Goodmans Tod.«
Dr. Connors lachte. »Glaubt er immer noch an ein Verbrechen?« Timothy stimmte in das Lachen ein.
»Die Launen eines großen Mannes sind immer die Sorgen und die Arbeit der kleinen Leute«, sagte er. »Und da ich den Auftrag übernommen habe, muß ich Sie leider belästigen.«
»Wir sind seit gestern ein Stück weiter mit unseren Erkenntnissen, aber der Fall ist durch die neuen Ergebnisse nur noch rätselhafter geworden.« Dr. Connors stand auf und stellte sich an das Fenster. Draußen heulte eine Sirene auf und kam schnell näher; ein Krankenwagen brachte jemand ins »Metropolitan Hospital«.
»Je mehr wir erfahren, desto weniger wissen wir!« Dr. Connors drehte sich um und sah Timothy an. »Zu Beginn schien der Fall Goodman völlig klar. Die Symptome waren eindeutig, der Krankheitsverlauf typisch, gewiß, beschleunigt, aber so etwas kommt ja immer mal vor. Dann aber ging es mit einem Schlag zu Ende. Ich habe noch nie einen derart rapiden Verfall erlebt, und das Merkwürdigste: Obwohl wir Goodmans Nieren scheibchenweise untersucht haben, konnten wir nirgends einen Virus finden. Wo sind sie geblieben?«
»McNamara sprach von der Möglichkeit einer Mutation«, sagte Timothy.
Dr. Connors sah ihn belustigt an. »Wollen Sie wirklich annehmen, daß die Millionen von Viren, die es bei diesem Krankheitsverlauf in Goodmans Nieren geben müßte, im selben Moment und alle in der gleichen Weise mutierten?«
»Es war nicht meine Vermutung«, erwiderte Timothy. »Aber halten Sie es für ausgeschlossen, daß im Fall Goodman aus irgendeinem, der Wissenschaft vielleicht noch unbekanntem Grund die Vermehrung der Viren plötzlich, sozusagen schlagartig, gestoppt wurde und daß alle Viren zerstört wurden?«
»Das war unser erster Gedanke, Mister Truckle. Wir untersuchten sämtliche uns bekannten Abwehrmechanismen, doch wir konnten nirgends Anzeichen einer Immunreaktion finden. Irgend etwas aber mußte dazu geführt haben, daß die Viren zwar noch in die Zellen eindrangen und sie desorganisierten, dann aber selbst zerstört wurden. Ich gestehe, ich hatte einen Tag lang die Hoffnung, auf eine neuartige Reaktion gestoßen zu sein, die uns einen Weg zur generellen Bekämpfung von Virusinfektionen weisen könnte. Wenn wir herausbekommen würden, was da in den Zellen geschehen ist, und eines Tages diesen Prozeß beherrschen lernten, um ihn sofort nach einer Infektion auszulösen –«
Dr. Connors hob hilflos die Hände. »Gestern abend ist diese Hoffnung in alle Winde zerstoben. Wir haben einzelne Zellen aus den verschiedenen Befallstadien untersucht. Überall das gleiche Bild: Die DNS ist zerstört, aber die Teile noch vollzählig vorhanden. Offensichtlich sind nirgends und zu keinem Zeitpunkt Viren produziert worden. Mehr noch: Es sieht so aus, als sei in keine der Zellen jemals ein Virus eingedrungen.« Dr. Connors ging zu seinem Arbeitstisch und zündete sich eine Zigarette an. »Wir machen natürlich weiter. Wir stehen offensichtlich vor einem völlig neuartigen Phänomen, vielleicht an der Schwelle zu einer grundsätzlich neuen Erkenntnis, und da sieht es zuerst immer so aus, als seien plötzlich wie durch ein Wunder die Naturgesetze außer Kraft gesetzt worden.«
Er trommelte mit den Fingern auf die Platte. Dann begann er, an seinem Terminal zu arbeiten. Timothy wartete noch eine Weile, dann sagte er leise »Auf Wiedersehen« und schlich hinaus. Auch er glaubte nicht an Wunder und aufgehobene Naturgesetze, doch im Gegensatz zu Dr. Connors glaubte er auch nicht an ein völlig neuartiges medizinisches Phänomen. Seine Erfahrung besagte, daß ein scheinbar unmöglicher Fall nur deshalb unmöglich schien, weil man ihn von der falschen Seite aus betrachtet hatte. Wo aber war der richtige Blickwinkel? Er fuhr nach Hause und rief bei der IPPI an. Er hatte Glück, Dr. Hankshaw war bereit, mit ihm zu sprechen.
»Könnte es sein, daß Ihnen bei der Untersuchung ein Mißgeschick unterlaufen ist?« fragte Timothy.
»Warum behaupten Sie nicht gleich, daß ich das Ergebnis manipuliert habe?« fragte Dr. Hankshaw zurück. »Sie wären nicht der erste. Nein, Mister Truckle, wir haben zwar nur eine kleine Gewebeprobe entnommen, Milzbrand ist nun mal
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