Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
er möge so schnell wie möglich noch einmal Peaboddys Reisen überprüfen lassen; Timothy gab Hucks Identicat-Chiffre an – mit Komma. Dann ging er zu Bett, doch er konnte nicht einschlafen, und da er nicht schon wieder Schlaftabletten schlucken wollte, lag er bis zum Morgen wach und grübelte.
Anne meldete sich um sieben. Jetzt hatte sie nur zwei Reisen gefunden: vor fünf Jahren nach Columbus und jüngst nach Chicago. »Was hat das zu bedeuten?« fragte Anne.
»Es gibt zwei Peaboddys, zwei nahezu identische Leute. Das erklärt auch die Überfälle: Man hat Huck mit dem Mann verwechselt, der in seinen Datenschatten geschlüpft ist. Dahinter steckt ein ganz fetter Hund, Anne! Nichts ist doch sorgfältiger abgeschottet als die Zentrale Personendatei, schließlich sind die Identicats nicht nur die Sicherung des gesamten Geschäftslebens, sondern auch die Grundlage aller staatlichen Überwachungssysteme. Einzig die NSA hat die Möglichkeit, da zu manipulieren. Es gibt nur eine akzeptable Erklärung: Die NSA hat einem Mann, nennen wit ihn Mister X, unter Hucks Daten eine zweite Identität verschafft.«
»Es wäre einfacher gewesen, ihm eine ganz neue Identität zu geben, Tiny!«
»Aber nicht so wirkungsvoll! Die Idee ist geradezu genial, und es hat ja auch drei Jahre lang funktioniert. Ich vermute, der Mann nutzt das falsche Peaboddy-Identicat nur für seine Reisen. Wenn sich dabei irgend jemand zufällig für ihn interessiert, zum Beispiel nur wissen will, wer Mister X ist, stößt er auf Huck, einen harmlosen Hinterwäldler, der in den Bergen von Utah Kaffee anbauen will. Besser kann man Mister X doch gar nicht vor Neugierigen verstecken. Ich bin sicher, die NSA hat Huck nicht nur ausgesucht, weil er ihrem Mann ähnlich ist, sondern weil er so gut wie nie Tonopah verläßt. Was mich wundert: Wieso bist du bei deiner Recherche auf den falschen Peaboddy und nicht auf Huck gestoßen?«
»Einen Moment.« Es dauerte fast zehn Minuten, bis Anne sich wieder meldete. Sie lachte. »Schade, daß ich dir nicht verraten darf, auf welchem Weg ich Peaboddys Reisen habe checken lassen, Tiny. Es ist sehr komisch, aber –«
»Ich hätte auch gerne mal wieder was zu lachen«, brummte Timothy. »Gibst du mir jetzt recht, daß dahinter ein dicker Fisch stecken muß?«
»Ja. Wir sollten herausbekommen, wer Mister X ist.«
»Und wer ihm aufgelauert hat. Doch nicht unsere Leute?«
»Nein. Das habe ich längst überprüfen lassen.«
»Es muß jemand sein, der Direktzugriff zu den Verkehrsdateien hat, dem sofort gemeldet wurde, daß Mister Peaboddy wieder auf Reisen geht, jemand, der ein wahrscheinlich ziemlich großes Netz ausgespannt hat, um Mister X einzufangen, wohin auch immer er fliegt. Huck hat sich nämlich kurzfristig entschlossen; er hatte den Flug nicht vorgebucht, sondern ist nach Salt Lake City gefahren und hat den nächsten freien Platz nach Chicago genommen. Keine zwei Stunden später wurde ihm bei der Ankunft der Koffer gestohlen. Die Spinne, um bei diesem Bild zu bleiben, muß sogar mehrere, unabhängig voneinander operierende Teams eingesetzt haben, sonst hätte man Huck nicht eine halbe Stunde später den zweiten Koffer an der Metro gestohlen und kurz darauf den dritten; die Diebe zwei und drei hatten offensichtlich keine Ahnung, daß es sich um neue, gerade erst gekaufte Koffer handelte.«
»Damit scheiden sämtliche staatlichen Institutionen aus«, warf Anne ein. »Es muß jemand sein, der keinen Sprechfunkverkehr zwischen seinen Teams riskieren kann.«
»Die Operationen lassen weiterhin darauf schließen«, fuhr Timothy fort, »daß man weniger an Mister X selbst interessiert ist als an dem, was er bei sich hat. Was –? Es muß klein und leicht genug sein, um es auch am Körper zu tragen, andererseits muß Mister X es üblicherweise im Gepäck haben. Das Wahrscheinlichste sind irgendwelche Unterlagen oder Aufzeichnungen, und wenn ich den Aufwand bedenke, mit dem die NSA Mister X getarnt hat und mit dem die Spinne hinter ihm her ist, muß es sich um etwas äußerst Wichtiges handeln. Ich mache mich gleich an die Arbeit. Nicht nur, weil Huck in die Sache verwickelt ist, sondern weil sich hinter solch einem Riesenaufwand mit Sicherheit auch eine Riesenschweinerei verbirgt.«
»Willst du das nicht anderen überlassen? Devlin hat dich aufgefordert, den Fall nicht weiterzuverfolgen.«
Timothy kicherte. »Aber er hat mich entpflichtet. Ich kann ihn doch mißverstanden haben und denken, ich darf mich wieder auf
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