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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Überprüfung durch die NSA oder Staatspolizei standhalten, reichte aber bei eventuellen Rückfragen der von ihm angezapften medizinischen Dateien und sogar bei Nachforschungen der Ortspolizei. Auf einer zweiten eigenen Leitung arbeitete er die Ortsannalen von Davenport durch, auf der dritten sollte Napoleon die Universitätsnachrichten von Harvard und anschließend der anderen Universitäten durchsehen. Als Napoleon mit ihm über Belastungsgrenzen und Kapazitätsprobleme diskutieren wollte, schaltete Timothy ihm kurzerhand den Snarr ab. Simon meldete sich alle drei, vier Stunden und ließ sich jedesmal neue Kristalle voller wissenschaftlicher Veröffentlichungen überspielen; wenn er sie tatsächlich durchackerte, mußte er eine bewundernswerte Lesegeschwindigkeit besitzen.
    Die Suche nach Pelletiers »Schatten« brachte am dritten Tag den ersten greifbaren Erfolg. Napoleon hatte vorher schon drei Reisende gefunden, die häufig an den gleichen Tagen wie Pelletier in Chicago eingetroffen und auch wieder abgeflogen waren; nachdem Timothy ihm für diese Arbeit nur noch einen Bruchteil seiner Kapazität gestattete, war Napoleon auf die Idee gekommen, seine Suche vorerst auf die Maschinen von oder nach Salt Lake City zu begrenzen, und dabei auf einen Dr. Atkinson gestoßen, der an allen elf Tagen nicht nur dasselbe Flugzeug benutzt hatte, sondern auch im selben Hotel wie Pelletier abgestiegen war. Daraufhin hatte Napoleon sämtliche siebenundachtzig Reisen durchgesehen und jedesmal diesen Dr. Atkinson gefunden.
    »Hervorragend!« sagte Timothy. »In der Beschränkung zeigt sich eben auch ein beschränktes Maschinengehirn erst als Meister.«
    Timothy gab den Namen sofort an den Großen Bruder weiter, und der meldete wenig später, daß Dr. Atkinson ein schon bekannter Tarnname war, hinter dem sich niemand anderes als Commander Powell verbarg, ein hoher Sicherheitsoffizier des Zentralen Forschungsstabes der US Army, der sogar eine »Clearance Q« 36 besaß. Der Große Bruder teilte auch mit, daß die PRESTON-Stiftung ein als ziviles Unternehmen getarntes Institut der Armee war und daß sich an allen Orten, die Pelletier aufgesucht hatte, ähnliche Institutionen befanden. Wer auch immer der neue Große Bruder sein mochte, er arbeitete nicht weniger schnell und zuverlässig als Anne.
    »Ich hatte derartiges erwartet«, sagte Simon. »Also eine Waffe. Müssen wir nur noch herausfinden, welche.«
    »Nur noch ist gut«, erwiderte Timothy bissig. Er war wütend. Anne ließ nichts von sich hören, und er hatte keine Ahnung, wie er sie erreichen konnte. Wie lange dauerte eigentlich eine Karenzzeit? Ein Tag nach dem anderen verging, und es war kaum mehr als ein schwacher Lichtschein am Ende des Tunnels zu erblicken.
    Am sechsten Tag bekam Timothy ein wenig Luft. Die laufenden Untersuchungen konnte Napoleon auch ohne seine dauernde Anwesenheit weiterführen, also leistete Timothy sich einen Mittagsschlaf und danach ein ausgedehntes Bad.
    Es tat ihm unendlich wohl, sich zu entspannen. Er hatte alle Wände auf Südsee programmiert, so daß er scheinbar in den sanften Wellen einer Lagune schaukelte unter einem Gespinst feiner Federwölkchen am lichtblauen Himmel. Wenn jetzt Anne hier wäre, dachte er. Mit ihr unter diesem Himmel liegen und träumen ... Und Schneewittchen würde ihre Träume in Melodien verwandeln. Noch besser: Anne an die Hand nehmen und auf und davon gehen können! In die wirkliche Südsee. Oder eine Reise rund um den Erdball; Stellen aus Büchern fielen ihm ein, die immer wiederkehrenden Hochzeitsreisen nach Venedig, nach Paris – wie beneidenswert einst Menschen gelebt hatten. Und jetzt die da DRAUSSEN. Er würde nie die Schönheiten dieses Planeten zu sehen bekommen. Welch eine Verarmung des Lebens. Es lohnte nicht einmal, davon zu träumen, er war unbarmherzig eingesperrt unter der Käseglocke der ISOLATION.
    Du bist hier aufgewachsen und hast nicht einmal neue Bilder von der Welt da draußen gesehen, dachte er, und doch empfindest du die ewige Sehnsucht des Menschen nach dem Unbekannten, das Verlangen nach den großen, flachen, unendlichen Horizonten, den unendlichen Möglichkeiten des Lebens. Ein tiefes Gefühl von Trauer überfiel ihn. Ausgeschlossen von der eigentlichen Welt, der wirklichen Entwicklung der Menschheit, ausgeschlossen von der Freiheit, sich jederzeit zu verändern, die sie DRAUSSEN bestimmt schon verwirklicht hatten: jedem nach seinen Bedürfnissen. Welche seelischen Verformungen mochte dieses

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