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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Stunde vor Beginn des Festes überlegte er es sich anders. Vielleicht war es doch kein Trick? Vielleicht hatte Anne keine andere Möglichkeit, sich mit ihm in Verbindung zu setzen?
    Er ließ sich vom Dressomaten eine blau und gold gewürfelte Pluderhose machen, dazu eine Bluse mit flämischem Spitzenkragen und geschlitzten Ärmeln und eine siebenzipflige Kappe mit Schellen. Wenn er sich schon zum Narren machen ließ, dann wenigstens in der passenden Kleidung.
    Anne war tatsächlich da. Timothy hatte keine Mühe, sie in dem Gewimmel auszumachen, sie stand auf den Stufen der breiten Treppe, die in den ersten Stock führte, und ragte so über alle hinweg. Sie trug ein hochgeschlossenes Abendkleid aus nachtblauer Seide; eine kleine Krone auf dem Kopf war ihre einzige Kostümierung. Timothy drängelte sich zu ihr hindurch. Sie schien auf ihn gewartet zu haben; als er neben ihr auftauchte, lächelte sie. Timothy schwenkte seine Kappe in weitem Bogen und verbeugte sich tief.
    »Gibt es etwas Närrischeres, als sich einer Frau zu Füßen zu werfen, die einen nicht einmal treten will?«
    »Gibt es etwas Schöneres für eine Frau«, antwortete sie, »als wenn sich ein Mann ihretwegen zum Narren macht? Ihr dürft meine Schleppe tragen.«
    »Die Königin und ihr Narr«, sagte Timothy, »ein klassisches Sujet.« Er nahm die Schleppe und folgte so Anne in den Park hinaus, der noch menschenleer war.
    »Jetzt kannst du die Schleppe fallen lassen«, sagte sie außer Reichweite des Hauses.
    »Darf ich auch Ihre Hand küssen, Hoheit, oder verstößt das gegen eine Regel der Konspiration?«
    »Nun nicht mehr. Ich bin nicht länger dein Großer Bruder.« Timothy starrte sie fassungslos an.
    »Wir hätten schon längst wechseln müssen«, sagte Anne. »Spätestens, seit wir uns, nun ja, privat kennengelernt haben. Du verstehst doch, niemand darf –«
    Timothy nickte. Und ob er verstand. Er wollte etwas sagen, doch seine Kehle war ausgedörrt wie die Salzwüste von Utah.
    »Einmal schien es schon so, als hätten wir einen geeigneten Partner gefunden, damals, als ich mit Oliver zu dir kam, aber dann – der neue soll gut zu dir passen.«
    »Niemand außer dir paßt zu mir!« stieß Timothy hervor.
    Anne blickte sich ängstlich um. »Bitte, Tiny, beruhige dich.«
    »Wie soll ich mich beruhigen, wenn du ganz aus meinem Leben verschwinden willst. Ich bin doch keine Maschine. Noch nicht.«
    »Ich bleibe in Chicago. Zumindest für die Karenzzeit.« Sie lächelte. »Stell dir vor, ich habe Ferien. Ich kann tun und lassen, was ich will.«
    »Könnten wir dann nicht –?«
    »Ja, Tiny, wir könnten. Wenn du mich überhaupt noch magst.«
    »Schlecht genug hast du mich behandelt.«
    »Versteh doch, Tiny, ich –« Anne wurde rot, dann lachte sie. »Jetzt verstehe ich es«, sagte Timothy. »Komm, wir fahren zu mir. Ab sofort habe ich auch Ferien.«
    Anne schüttelte den Kopf. »Ich muß gleich weg, Tiny.«
    »Aber du kommst morgen, ja? Ich koche dir –«
    »Erst wenn der Peaboddy-Fall abgeschlossen ist«, unterbrach sie. »Man ist der Ansicht, daß du auf eine äußerst wichtige Sache gestoßen bist.«
    »Du glaubst gar nicht, wie schnell ich den verdammten Fall abschließen werde«, erklärte Timothy. »Da muß jetzt ein Spezialist ’ran.«
    »Er wartet schon im ›Nebraska‹ auf dich.«
    8.
    Der Mann, der Timothy auf dem Monitor anblickte, war mindestens siebzig, und er sah aus, als wäre er soeben einem mittelalterlichen Heiligenbild entstiegen. Warum eigentlich hatte er einen jungen, sportlichen Typ erwartet? Dieses verdammte Klischeedenken. Warum sollte ein Wissenschaftsspion nicht lange weiße Haare und einen wallenden silbernen Vollbart haben? »Ich bin Simon.« Der andere zeigte drei Puzzlesteine, Timothy holte drei Steine aus dem angefangenen Bild des Yellowstonetals, das in seinem Wohnraum auf Vollendung wartete, und projizierte sie so dazu, daß sie nahtlos ineinanderpaßten.
    »Ein treffendes Erkennungszeichen«, meinte Simon. »Was wir vorhaben, wird verteufelt einem Puzzlespiel gleichen, nur daß wir uns sogar noch die Steine zusammensuchen müssen. Spielst du auch zu deinem Vergnügen?«
    »Ich habe gerade ein Teufelspuzzle begonnen.«
    Simon nickte. »Das hier wird noch viel vertrackter, fürchte ich. Aber wir werden es schon schaffen.«
    »Kommst du zu mir?« erkundigte sich Timothy.
    »Nein, kein persönlicher Kontakt. Du wirst auch nicht erfahren, wo ich sitze. Alle Anfragen nach außen laufen über dich. Hast du neue

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