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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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kalifornischer Ochsenfrösche verdorben angeliefert worden waren. Was, zum Teufel, hatte eine Fabrik für Gas-Emittoren und Lasergeräte mit Ochsenfröschen zu tun? Es schien nur eine Erklärung zu geben: Jemand war besonders scharf auf gebratene Froschschenkel. Dafür aber waren die Sendungen zu groß. Schließlich stieß mein Kollege darauf, daß Ochsenfrösche die Wirtstiere für eine besondere Art von Bakterien sind und diese wiederum ideale Versuchskaninchen für Immunreaktionen gegen Mono-Amin-Oxydase, so flog das ›Unternehmen MAO‹ auf. Mono-Amin-Oxydase ist ein Stoff, der die Reaktionen des Gehirns aktiviert beziehungsweise reduziert, eine geradezu teuflische Waffe vor allem gegen Menschenansammlungen: Plötzlich kann man keinen klaren Gedanken mehr fassen. Nun, der Kollege konnte die Formel der neutralisierenden Droge, die die Firma natürlich auch entwickelt hatte, stehlen.« Simon lachte. »Ich kann sie noch heute: I-Äthyl-3- Piperi dyl-cycl openthylphenyl-glykolat.«
    »Dann warst du wohl selbst dieser Kollege«, meinte Timothy. »Kein Kommentar«, sagte Simon. »Unser vierter Kreis: die Negativrecherchen, du verstehst, was ich meine?«
    »Nein«, gab Timothy unumwunden zu.
    »Pelletier ist seit drei Jahren von der Bildfläche verschwunden. Er wird nicht der einzige sein. Große Entwicklungen sind selten noch die Sache von einzelnen. Sobald wir wissen, worum es etwa geht, können wir die in Frage kommenden Gebiete abgrasen: Da es zunehmend weniger Spezialisten auf immer mehr Spezialstrecken gibt, kann man schnell feststellen, wenn jemand aus der Öffentlichkeit verschwindet, nicht mehr publiziert oder zu Kongressen fährt, also an einem geheimen Projekt arbeitet.«
    »Wir haben aber noch keine Ahnung, worum es geht«, warf Timothy ein.
    »Da hilft uns die unausrottbare Neigung, sich bei geheimen Projekten an kleinen und abgelegenen Orten zu verstecken, diese uralte Fluchtreaktion der Menschen, Tiny. In einem Nest wie Davenport gibt es doch höchstens zehntausend Menschen, die wissenschaftlich arbeiten. Wir müssen irgendwie herausbekommen, wer in den letzten Jahren noch ›verschwunden‹ ist.«
    »Warte mal, Simon.« Timothy holte sich ein Glas Whisky. »Ich würde dir gerne etwas anbieten, aber du –«
    »Vielleicht später einmal«, sagte Simon. »Hast du eine Idee? Ich weiß ja aus Erfahrung, wie schwierig so eine Negativrecherche ist, andererseits ist das eine der besten Methoden.«
    »Eine vollständige Liste der Wissenschaftler in Davenport werden wir kaum erhalten können«, meinte Timothy, »vielleicht aber einen großen Teil von ihnen. Ich gehe davon aus, daß Wissenschaftler, zumal wenn sie in so einem Nest leben, meist Familie haben, wahrscheinlich sogar Kinder. Dann werden sie für ihre Angehörigen die SQ-Vergünstigungen der Krankenhäuser und Ärzte in Anspruch nehmen, und das ist keine geheime Information.«
    »Sehr gut«, lobte Simon. »Mach dich daran, sobald du mir Pelletiers Veröffentlichungen und eine Aufstellung der von ihm angeforderten Literatur beschafft hast.«
    »Ich bearbeite das parallel«, erklärte Timothy. »Napoleons Suche nach Personen, die sich jeweils zur gleichen Zeit wie Pelletier in Chicago aufgehalten haben, ist ohnehin wenig erfolgversprechend.«
    »Aber das ist doch eine blendende Idee, Tiny! Laß deinen Napoleon wenigstens auf einem Kanal weitersuchen.«
    »Dann dauert es ja Wochen«, rief Timothy entsetzt.
    »Ich hoffe, du bist nicht ungeduldig. Wir müssen uns schon auf eine lange Zeit einrichten bei diesem Teufelspuzzle.«
    »Wenn du wüßtest, wie ungeduldig ich bin«, erwiderte Timothy. »Also nichts wie ’ran!«
    9.
    Timothy schuftete wie ein Besessener. Er gönnte sich nur ein Minimum an Schlaf und karge, schnell zubereitete Mahlzeiten, dafür verbrauchte er eine Unmenge Tee. Mit Sorge sah er seine Vorräte schwinden; auch Tee schien es kaum noch zu geben, bei BRIAND konnte er wenigstens noch ein halbes Kilo Darjeeling ordern.
    Am Nachmittag des ersten Tages entschloß er sich, allen Risiken zum Trotz, auch seine Communicleitungen zu benutzen. Der Communicator der Ausweichwohnung erwies sich als ein arges Nadelöhr. Da die Wohnung in den billigeren unteren Etagen lag, verfügte sie nur über zwei Fernanschlüsse.
    Timothy sandte sich über einen kurzfristig geschalteten Dreierweg einen fiktiven Auftrag der EASTERN INSURANCE zur Aufklärung angeblicher Versicherungsbetrügereien mit SQ-Vergünstigungen. Diese Fiktion würde zwar nicht einer

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