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Der Samurai von Savannah

Der Samurai von Savannah

Titel: Der Samurai von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Coraghessan Boyle
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nach Yokohama gezogen war, um bei ihrer Familie zu sein, hatte er im selben Zimmer geschlafen wie der alte Mann. Hiro hatte nachts immer Angst gehabt, Angst vor den huschenden Schatten auf der Wand, vor dem schweren Atem des Großvaters und auch vor ungreifbaren Dingen, vor Vampiren und Werwölfen, vor dämonischen Skeletten und vor dem Fuchs, der menschliche Gestalt annimmt. Ojisan war schon pensioniert, er bekam eine gute Rente von der Traktorenfabrik Kubota, und auf dem Firmenfriedhof war eine Grabstelle für ihn reserviert, aber obāsan ging noch arbeiten, zur Nachtschicht in die Glasfabrik. Manchmal, wenn er, Hiro, sich so fürchtete, dass er glaubte, er würde gleich aufplatzen wie eine Wurst, weckte er seinen Großvater, und dann holte der alte Mann tief Luft und schlang seine spindeldürren Arme um ihn. »Hab keine Angst«, flüsterte er, » inu ga wan-wan hoeyoru wai – wau-wau, bellen die Hunde in der Nacht.« Hundegebell, sonst nichts.
    Und dann, ungeheuerlich, wurde aus dem Hecheln, das ihn geweckt hatte, auf einmal tatsächlich ein Bellen – richtiges Bellen, deutlich und unverkennbar, und er glaubte einen Augenblick lang, sein ojisan liege neben ihm und imitiere mit seiner pfeifenden alten Stimme leise einen Hund. Dann aber kam ihm eine zweite Möglichkeit in den Sinn, und er setzte sich vor Schreck kerzengerade auf: Es könnte wirklich ein Hund sein. Ein Polizeihund. Ein Spürhund. Und er würde nicht nur bellen – o nein, dieser Hund würde auch beißen.
    Zwei Stunden zuvor und nur gut zwei Kilometer entfernt, war Eulonia White Pettigrus Sohn vom scheppernden Surren und dem blechernen Quaken von Schlagzeug und Gitarre erwacht, die aus seinem Radiowecker drangen. Royal schaltete das Radio aus und setzte sich auf; die Finsternis ballte sich rings um ihn wie eine Faust. Er hatte gar nicht schlafen wollen, weil er wusste, dass er Punkt vier wach und angezogen sein musste – um vier, hatte Jason Arms gesagt –, sonst würde er die ganze Geschichte verpassen. Jetzt war er wach, er roch seine Umwelt, und er hörte sie auch – jedes kleinste Geräusch: die Mäuse in der Küche, die Fledermäuse in der Luft, sogar das leiseste Rascheln der Regenwürmer, die sich im Gras draußen vor dem Fenster paarten. Während er tief durchatmete und versuchte, das kleine Rädchen zu verlangsamen, das in seiner Brust wie wild raste, drang ihm der Duft in die Nase: Die Welt roch frisch, wie während der Nacht aus dem Schutt neu erschaffen, süß und schwer und verlockend wie ein noch eingewickelter Double-Bubble-Kaugummi.
    Die Leuchtziffern des Radioweckers zeigten 3.35 Uhr. Ich hab mehr Recht als jeder andre, mit dabei zu sein , dachte er, und seine Finger zitterten, während er sich das Nietenarmband umlegte. Aus dem hinteren Zimmer hörte er das leise Schnarchen seiner Mutter, das Kommen und Gehen ihrer sanft rasselnden Atemzüge. Die Köstlichkeiten in der Küche (Erdnussbutterkekse mit Schokoladesplittern) fielen ihm ein, aber nur kurz und nicht sehr überzeugend – er war viel zu aufgeregt, um etwas essen zu können.
    Draußen war der Geruch stärker, süßer, er durchdrang alles und legte sich über den üblichen Gestank nach Krabben und Schweinen und nach dem Hundezwinger hinter dem Haus von Jasons Familie. Royal ließ sich krachend auf die Stufen sinken, um seine Basketballschuhe zu schnüren, und dann wurde es ihm klar: Was er da roch, war Pfeifentabak, Yerdell Carters Spezialmischung mit zerriebenem Zimt und Hagebutten. Aber hieß das – seine Finger erstarrten auf den Schnürsenkeln –, dass er zu spät dran war, dass er alles verpasst hatte? Auf einmal drang aus der Dunkelheit das Gewisper wachen Lebens zu ihm – das leise Fauchen eines Streichholzes, verschwörerisches Stimmengemurmel; jeder schien das Geheimnis zu kennen. Er stieß einen leisen Fluch aus, und das kleine Rädchen in seiner Brust drehte sich wieder etwas schneller. Er dachte an die Waschbärenjäger, die sein Vater jeden Herbst unter der großen alten Eiche im Garten versammelte: jaulende Hunde, schemenhaftes Durcheinander, ausgespuckter Kautabak, leise, verschluckte Witze, die irgendwo zwischen Kehle und Zunge stecken bleiben. Royal zerrte an den Schnürsenkeln, in seinen Ohren hämmerte das Blut – mehr Recht als jeder andre –, und dann ließ er die Veranda mit einem gewaltigen, ungestümen Satz hinter sich und rannte über die Wiese zum Grundstück der Arms hinüber.
    Jason war schon auf, beschäftigte sich mit den Hunden, in der

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