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Der Samurai von Savannah

Der Samurai von Savannah

Titel: Der Samurai von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Coraghessan Boyle
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wo Hiro lag, hätte er hineinspucken können. Aber was dachte er da? Sie waren gut zu ihm gewesen, wie Ambly Wooster. In ihren Augen lag kein Hass, nur Wohlwollen und Vertrauen. Wie konnte er sie bestehlen, wie konnte er sie hier draußen in der garstigen Wildnis einfach ihrem Schicksal überlassen?
    Wie? Nun, ganz einfach. Sie waren immerhin hakujin, hakujin wie all die anderen, und sobald sie herausfänden, wer er war, würden sie ihn persönlich einsperren, die Handschellen an seinen Armen zuschnappen lassen, immer mit dem rechtschaffenen Schimmer in den Augen, wie gesprungenes Porzellan. Er war Japaner. Ein Samurai. Unbarmherzigkeit war seine einzige Hoffnung.
    Schon wollte er in Aktion treten, wollte aus dem nassen Schlafsack schlüpfen und seinen Verrat in die Tat umsetzen, da seufzte der kleine Junge im Traum auf. Das Geräusch war ein fremder Ton, der die tiefschwarze Nacht zerriss. »Nggggg«, seufzte der Junge in den Fängen seines Traums, »nggggg.« Dieses Seufzen versetzte Hiro mit einem Schlag in die eigene Kindheit zurück, sodass er plötzlich die Dämonen vor sich sah, die damals in seinen Nächten gespukt hatten, und die vogelartige Umarmung des Großvaters spürte, und dann erhob sich eine Gestalt aus der Dunkelheit – der Vater, der Vater des Jungen –, und Hiro hörte die beruhigenden Worte, das Raunen von Schutz und Geborgenheit. Vater, Mutter, Sohn – dies war eine Familie. Er ließ sich von der Vorahnung erfassen, bis sie greifbar und unleugbar war, bis er genau wusste, dass das Kanu, seine einzige Hoffnung, bleiben würde, wo es war.
    Das nächste Mal erwachte er vom Duft nach Corned Beef und Eiern. Es war ein ungewohnter Geruch – abgesehen von dem Dreck, den Chiba zusammengebraut hatte, besaß Hiro nur wenig Erfahrung mit fremdem Essen –, aber er erkannte den allgegenwärtigen hakujin -Geruch nach gebratenem Fleisch. »Seiji!«, flötete jemand, kaum dass er die Augen aufgeschlagen hatte. Es war Julie Jeffcoat. Sie trug Shorts und ein enges Oberteil, das ihre Brüste betonte und sie mütterlich und sexy zugleich wirken ließ. »Gut geschlafen?«, fragte sie, kam über die Plattform zu ihm und reichte ihm einen Becher mit brühend heißem schwarzem Kaffee. Die Sonne war aufgegangen. Es war schon wieder heiß. Jeff junior hockte am Rand der Plattform und warf methodisch den Köder an seiner Angel weit hinaus ins Wasser und holte ihn dann wieder ein, während sein Vater über das Kanu gebeugt stand und die sauber verschnürten kleinen Bündel ihrer Ausrüstung verstaute. Er pfiff beim Arbeiten vor sich hin. »Hallo«, begrüßte er Hiro lauthals und warf ihm einen Blick über die Schulter zu, »schon Appetit aufs Frühstück, Partner?«
    Etwas benommen von diesem Ansturm von Fröhlichkeit und Energie, konnte Hiro nur zustimmend nicken. Ihm war ein wenig übel – nicht weiter verwunderlich nach allem, was er durchgemacht hatte –, und er hoffte, das Essen würde ihn kräftigen.
    Jeff Jeffcoat wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Jeff juniors Angelschnur zischte durch die Führungsringe, dann hörte man ein weit entferntes Klatschen. Hiro setzte sich auf und pustete auf seinen Kaffee, und Julie Jeffcoat schob ihm einen Plastikteller hin, auf dem sich Rührei, Hackfleisch, Bratkartoffeln und Obstsalat aus der Dose türmten. So etwas hätte auch Chiba für eins seiner Essen nach westlichem Stil zusammenkippen können. »Ketchup?«, fragte Julie, und als er nickte, spritzte sie eine rote Soße über alles.
    »Denver-Omelett, ja?«, fragte Hiro.
    Julie Jeffcoat lächelte, und es war ein wunderschönes amerikajin -Lächeln, unkompliziert und offen, ein Lächeln, das auf die Titelseite einer Zeitschrift gehörte. »So ähnlich«, sagte sie.
    Eine halbe Stunde später sah Hiro zu, wie Jeff Jeffcoat das Kanu festhielt, damit zuerst Jeff junior und dann Julie sich in die schmale, schwankende Röhre des Wasserfahrzeugs hinablassen konnten. Es war bis zu den Dollborden mit dem ordentlich verstauten Zubehör ihres Abenteuers in der Wildnis beladen, mit ihrer Kühlbox, dem Grill und dem Spiritus, dem Feldstecher, den Angelruten und Essgeschirren, den Zelten, Schlafsäcken und der Wäsche zum Wechseln, den Taschenbüchern, Taschenlampen, den Lippenschutzstiften und den Lakritzbonbons. Für Hiro war kein Platz. Jeff Jeffcoat hatte ihm versichert, sie würden direkt zurück zur Anlegestelle paddeln und ihn von den Rangers abholen lassen. Jeff hatte eine schmerzliche Miene aufgesetzt – es schmerzte ihn

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