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Der Samurai von Savannah

Der Samurai von Savannah

Titel: Der Samurai von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Coraghessan Boyle
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dem sich der Albino-Zwergsonnenbarsch in seiner ganzen seltenen, kostbaren Pracht verbarg.
    Saxby konnte sich kaum beherrschen. Er wollte sofort die Fangnetze auswerfen, die Reusen stellen, sodass das Wasser von den harten, flachen Schwanzflossen seiner Beute gepeitscht wurde – aber er musste vernünftig sein. Es war zwar wolkenlos, die Sonne brannte heiß, der Himmel über ihm schimmerte als blauer elektrischer Bogen, aber er wusste, dass das Wetter hier draußen von einer Sekunde auf die andere umschlagen konnte und dass er zuerst sein Lager aufschlagen musste – einfach zur Sicherheit. Eine halbe Stunde, länger würde es nicht dauern.
    Als er erneut aufs Wasser hinausfuhr, funkelte es in der Sonne. Der Alligator war verschwunden (was ihm nur recht sein konnte – er war nicht erpicht darauf, dass sich ein wütender Alligator in seinen Netzen verfing). Er legte Köder aus und stellte ein halbes Dutzend Reusen, dann zog er das Treibnetz quer über über den Teich. Sehr vertrauenswürdig war es nicht – wenn es unter Wasser scharfe Hindernisse gab, konnte das Netz reißen und die Fische entkamen wieder –, aber er hoffte auf ein wenig Glück. Abgesehen von Dynamit war das Treibnetz die schnellste und effizienteste Methode, um festzustellen, was sich unter der Oberfläche herumtrieb. Und es war eine höchst spannende Sache – wenn die beiden Enden des Netzes sich wie eine Tasche schlossen, sah man, wie die Fische darin kämpften, wie sie das Wasser zum Brodeln brachten und gegen die Maschen peitschten, und wenn man es dann an Land zog, hatte man sie vor sich liegen, silbern und golden blitzten sie in der Sonne wie wertvolle Münzen.
    Der erste Versuch verlief ohne Ergebnis – das Netz blieb an einem gesunkenen Ast hängen. Aber dann, schon beim zweiten Mal, zog er den Hauptgewinn. Da stand er, überzogen von einem dicken Film aus Schweiß und erschlagenen Moskitos, bis zu den Schenkeln im Schlick, das Netz trieb heran, die Enden zogen sich zusammen, und er spürte das Gewicht und das Leben darin. Und dann hatte er das Netz über den Rand des Boots gehievt, das neben ihm dümpelte, und da waren sie. Seine Albinos. Erst sah er zwei, dann drei, fünf, sechs und acht und zehn, zählte sie atemlos, während er sie aus den kunterbunt durcheinanderschwänzelnden Fischen heraussammelte und die Grundbarsche, die Kärpflinge und die gewöhnlichen, dunkel gefärbten Zwergsonnenbarsche wie Abfall beiseitewarf. Die guten, die Albinos, verstaute er in einer Reihe von schwappenden Eimern im Bootskiel, dann warf er das Netz wieder und wieder aus. Schließlich, am späten Nachmittag, zwang er sich dazu, aufzuhören und seinen Schatz ins Lager hinüberzuschleppen (er war wie ein Veteran der Goldrauschzeit, ein verrückter alter Prospektor, der die ergiebigste Ader in den Bergen entdeckt hatte, und er wollte und konnte nicht aufhören, aber er musste einfach – die Sonne ließ die Temperatur in den Eimern langsam ansteigen, und er musste befürchten, alles zu verlieren, wenn er nicht zum Ende kam). Ja, und dann kehrte er zurück zum Zelt, um die Eimer im Schatten unter den Bäumen abzustellen. Ja. Und dann fiel Turco über ihn her.
    Den ganzen langen Weg zurück zur Anlegestelle, die rohen Holzplanken entlang, durch die Phalanx der Reporter und Fotografen in das Touristenzentrum hinein zu Sheriff Bull Tibbets, der dort mit mahlenden Kiefern saß und sich über den Bauch strich, als wäre es eine Kristallkugel, beteuerte Saxby seine Unschuld. Er tobte, er schmeichelte, er argumentierte, appellierte und drohte, aber Abercorn ging nicht darauf ein. Abercorn war sauer. Er schob das Kinn vor, die rosa Augen blickten hart. »Keine Höflichkeiten mehr«, sagte er, und seine Stimme klang kalt und kompromisslos, »ich bin es leid, mich verarschen zu lassen.« Saxby wisse etwas, was er ihnen vorenthalte – und Ruth auch –, behauptete er, und es werde Anklage erhoben werden. Es drohe sogar Gefängnis. Das Ganze sei ernst. Todernst. Andererseits, wenn Saxby mit ihnen zusammenarbeite – wenn Ruth mit ihnen zusammenarbeite –, werde man sich schon einigen, könne die Anklage fallen gelassen werden. Er wolle nichts als diesen illegal eingewanderten Ausländer. Und er werde ihn auch kriegen.
    Saxby war wütend und verunsichert zugleich. Egal was er sagte, sie glaubten ihm nicht. Er wusste gar nichts. Aber solange er nichts wusste, solange er ihnen nicht genau mitteilte, wo Hiro Tanaka sich aufhielt, weshalb und wie er ihm bei der Flucht

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