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Der Samurai von Savannah

Der Samurai von Savannah

Titel: Der Samurai von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Coraghessan Boyle
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–, als er Ruth endlich ins Bett locken konnte, und er war ein bisschen beleidigt (nur ein bisschen, schließlich hatte er schon so einige Beziehungen gehabt), weil sie es gar
    nicht eilig gehabt hatte, das Billardzimmer zu verlassen und in seine Arme zu sinken. Gegen neun hatten sie in der Küche ein Omelett und eine Flasche Wein miteinander geteilt, und sie war verführerisch und sexy gewesen, und er hatte an ihrer Bluse genestelt und sie gegen die Tiefkühltruhe gedrängt, wo er seine Hüften gegen sie gedrückt und das Blut in sich aufsteigen gefühlt hatte. »Komm, wir machen ein bisschen rum«, hatte er gesagt, und sie hatte geantwortet: Klar, aber dann war sie stattdessen mit ihm hinauf ins Billardzimmer gegangen.
    Dort war die übliche Mannschaft versammelt – Thalamus, Bob Penick, Regina, Ina und Clara, Sandy, der neue Typ und ein paar andere –, aber es hatte einen Wetterwechsel in der Gruppe gegeben, während er weg gewesen war – so viel bemerkte er schon in dem Moment, als sie zur Tür hereinkamen. »Hey, Ruthie!«, rief Thalamus und erhob sich von seinem Platz am Spieltisch wie eine Eidechse, die von einem sonnigen Stein huscht, und irgendjemand anders johlte: »La Dershowitz!«, und erst dann nahmen sie ihn wahr, obwohl er doch vier Tage lang fort gewesen war.
    Ruth goss sich ein Wasserglas mit Bourbon ein – sehr lässig – und nahm zwischen Thalamus und Bob am Spieltisch Platz. Außerdem saßen dort Sandy und Ina – man spielte das Übliche: Stud-Poker mit fünf Karten – und ein Bursche, den er noch nie gesehen hatte, ein schlaksiger Typ mit gefärbtem Haar und fleckigem Gesicht, der aussah, als hätte man ihn aus Ersatzteilen zusammengebaut. Über dem Pooltisch lümmelte sich Regina und produzierte dort einen erstaunlichen und professionellen Stoß nach dem anderen, und die beiden Frauen hinten in der Ecke – ihre Namen hatte er vergessen – waren so in ihre Unterhaltung vertieft, dass sie ebenso gut hinter einer Plexiglaswand hätten sitzen können. Und was blieb ihm übrig? Sich hinzusetzen und zuzuhören, wie Clara Kleinschmidt ihn über Schönberg und die Zwölftonmusik vollschwafelte, bis sein Hirn sich vor Langeweile beinahe auflöste.
    Im Laufe des langen Abends stand Ruth doch noch auf und widmete sich ihm ein bisschen – Warum schmollte er so?, wollte sie wissen –, doch sie huschte durchs Zimmer wie eine Maikönigin und kehrte immer wieder an ihren Platz am Pokertisch zurück – neben Thalamus. Saxby trank Wodka und schmollte, wenn er auch abstritt, dass er schmollte. Er machte Small Talk mit Peter Anserine und einem seiner Jünger, der dem Billardzimmer ausnahmsweise einen seiner seltenen Besuche abstattete, er diskutierte die Feinheiten beim Pflanzen von Schwertlilien mit Clara Kleinschmidt, die ihm dadurch bewies, dass sie mehr als nur eine Komponistin war. Und schließlich, aus lauter Verzweiflung, forderte er Regina McIntyre zu einer Partie Pool heraus, die er prompt verlor, ohne ein einziges Mal gestoßen zu haben. In seinem fortschreitenden Rauschzustand schwand die Begeisterung, in die ihn das Aufstellen des Aquariums und der Beginn eines neuen Projekts versetzt hatten, wie ein Farbfleck im Wasser. Und dann war es auf einmal spät, und Ruth flatterte herbei, um seinen Arm zu drücken und ihm einen Kuss mit viel Zunge zu geben, der Kerl mit dem Fleckengesicht schüttelte ihm die Hand und stellte sich als der von der Einwanderungsbehörde vor, mit dem er schon telefoniert habe, und Irving Thalamus knuffte ihn in die Schulter und erzählte ihm eine schweinische Geschichte über eine Hure, die er in Savannah einmal getroffen hatte. Ruth hatte beim Pokern dreizehn Dollar zweiundfünfzig gewonnen.
    Später, im Bett, nachdem er sie Stück für Stück entkleidet, mit den Fingern überall neu entdeckt und ihr gezeigt hatte, wie sehr sie ihm auf elementarste Weise abgegangen war, zündete er sich eine Zigarette an und brachte die plötzliche Änderung der Verhältnisse im Billardzimmer zur Sprache. Sie lagen in seinem Zimmer, in dem Zimmer, das er seit seiner Jugend bewohnte, direkt neben dem seiner Mutter, das eine Tür weiter auf dem getäfelten Korridor lag. Die Nacht war dicht und fühlbar, durch das Fliegenfenster blies ihr scharfer, wilder Luftzug herein, der nach Sumpf und Brackwasser und dem langsamen, feucht glosenden Tod der Vegetation roch. Ruth lag ein Stück neben ihm, ihre Haut glitzerte im Mondschein silbern vor Schweiß. Und dann drängte sie sich an ihn, ihre

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