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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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    Die beiden Männer auf den Scootern wissen, dass die Polizei in Stockholm etwas zu finden hofft, was ein neues Licht auf das Verschwinden von Jeremy und seiner Familienmitglieder dreizehn Jahre zuvor werfen könnte. Die Hütte hätte natürlich schon damals untersucht werden müssen, aber damals hatte die Polizei nichts von ihrer Existenz gewusst.
    Roger Hysén und Gunnar Ehn fahren nebeneinander im schnell wechselnden Licht des Waldrands eine Böschung hinunter und gelangen ins helle Sonnenlicht auf dem verschneiten Hochmoor, wo alles blendend weiß und unberührt ist. Mit hoher Geschwindigkeit geht es über das Eis, und dann schwenken sie in nördliche Richtung und fahren in den dichter werdenden Wald hinein.
    Die Bäume wachsen auf der südlichen Seite Tranubergets so wild, dass sie das Haus fast übersehen. Die flache Blockhütte ist komplett zugeschneit. Der Schnee reicht bis über die Fenster und liegt meterhoch auf dem Dach.
    Man sieht nur ein paar Reihen zusammengefügter Balken, liegende graue Stämme.
    Sie lassen die Scooter stehen und bahnen sich einen Weg zum Haus.
    Auf der Innenseite der Fenster sind die verblichenen Vorhänge zugezogen.
    Die Sonne sinkt immer tiefer und streicht vor der großen Moorfläche flach über die Baumwipfel.
    Als sie die Tür endlich freigeschaufelt haben, sind ihre Rücken schweißnass, und Kriminaltechniker Gunnar Ehn juckt es unter seiner Mütze an der Stirn.
    Ein Baum reibt sich im Wind mit einem verlassen knarrenden Laut an einem anderen.
    Schweigend legen die beiden Männer vor der Tür Plastikfolie aus, tragen Kartons dorthin, stapeln Trittplatten auf und ziehen Schutzanzüge und Handschuhe an.
    Die Tür ist abgeschlossen, und an dem Nagel unter dem Dachvorsprung hängt kein Schlüssel.
    »Die Tochter wurde lebendig begraben in Stockholm gefunden«, sagt Roger Hysén und wirft seinem Kollegen einen kurzen Blick zu.
    »Ich habe davon gehört«, erwidert Gunnar, »aber das interessiert mich nicht.«
    Roger schlägt ein Brecheisen in den Spalt neben dem Schloss und drückt dagegen. Es knirscht im Türrahmen. Er schiebt das Eisen weiter hinein und drückt noch einmal. Der Türrahmen platzt in langen Spänen auf, und Roger zieht prüfend an der Tür und reißt dann mit aller Kraft an ihr. Die Tür schwingt auf und schlägt wieder zurück.
    »Verdammt«, flüstert Roger hinter seinem Mundschutz.
    Der Luftzug der unerwarteten Bewegung wirbelt den Staub, der sich in der Hütte angesammelt hat, auf. Gunnar murmelt, das spiele keine Rolle. Er streckt sich in das dunkle Haus hinein und legt zwei Trittplatten auf dem Boden aus.
    Roger hat die Filmkamera ausgepackt und reicht sie ihm. Gunnar bückt sich unter dem niedrigen Türstock hindurch, betritt die Hütte und bleibt auf der ersten Trittplatte stehen.
    In ihrem Inneren ist es so dunkel, dass er anfangs nichts sieht. Die Luft hängt voller schwebender Staubpartikel.
    Gunnar schaltet die Aufnahmefunktion der Kamera ein, aber das Kameralicht lässt sich nicht einschalten.
    Er versucht, den Raum trotzdem zu filmen, aber man sieht nur dunkle, schemenhafte Formationen.
    Die Hütte ähnelt einem dunklen, trüben Aquarium.
    Mitten im Raum lässt sich ein großer, seltsamer Schatten erahnen, der wie eine überdimensionierte Standuhr aussieht.
    »Was tut sich?«, ruft Roger von draußen.
    »Gib mir mal die andere Kamera.«
    Gunnar reicht die Filmkamera nach draußen und bekommt stattdessen eine Standbildkamera. Er schaut durch den Sucher, aber es ist alles dunkel, so dass er einfach blind ein Foto schießt. Das Blitzlicht taucht den Raum für den Bruchteil einer Sekunde in grelles weißes Licht.
    Gunnar schreit auf, als er direkt vor sich den großen, schmalen Menschen sieht. Er weicht einen Schritt zurück, stolpert, verliert die Kamera, breitet den Arm aus, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und kippt einen Kleiderständer um.
    »Was zum Teufel war das …«
    Er verlässt rückwärts die Hütte, stößt sich am Türstock den Kopf und schürft sich an den Spänen des Türpfostens die Hand auf.
    »Was ist los?«, fragt Roger.
    »Da drinnen steht einer«, antwortet Gunnar und grinst vor Nervosität.
    Roger gelingt es doch noch, das Licht der Filmkamera zu aktivieren, woraufhin er vorsichtig die Tür öffnet, sich bückt und langsam hineingeht. Der Boden unter den Trittplatten knarrt. Das Licht der Kamera fällt durch den Staub auf Möbel. Ein Ast scharrt über ein Fenster. Es klingt wie ein unruhiges

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