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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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ohne großen Hunger und Überwindung war das kaum zu packen. Und geplärrt hab ich vorhin, weil die einzigen Gestalten, die da unterwegs waren, türkisch ausgeschaut haben und ich partout nicht mehr schnaufen konnte. War halt ein Glück. Und jetzt hab ich Hunger.«
    Mit einem strahlenden Lächeln stellt ihm ein weißbeschürzter Junge den überladenen Teller auf den Tisch.
    »Wirklich nichts?«, versichert er sich beim Hartinger, bevor er sich den ersten Bissen in den Mund schiebt.
    Als das Handy lärmt, schiebt er es über den Tisch.
    »Sag der Sandra, wo wir sind, in einer halben Stund kommen wir ins Büro«, schmatzt er, den Mund voller gebackener Bohnen.
    Während er seinen Teller leerschaufelt, rutscht der Hartinger auf seinem Stuhl herum, als täten Wanderameisen an ihm knabbern.
    »Das sind abgezockte kleine Wichser.«
    Der Sandner hält mit der Gabel auf halbem Weg zum Mund an und zieht die Augenbrauen hoch. »Die Bösen haben keine Lieder. Geh, Hartinger, Mörder sind es doch nie und nimmer.«
    »Woher wollen wir das wissen?«
    »Was haben sie uns denn gesagt?«
    »Eben nix! Party gemacht wollen sie haben, der Dennis wär irgendwann weg gewesen und Ende der Geschichte.«
    »Und dann schleicht ihm einer von den Schwarzkopferten hinterher und derschlägt ihn, ohne erkennbares Motiv, und fährt mit der Leich im Taxi zum Friedhof.«
    »Ja, trotzdem«, beharrt der Hartinger.
    »Iss halt was«, befielt der Sandner.
    Dass er einen Hang hat, kulinarisch zu missionieren, könnte man ihm vorwerfen.
    »Der van Leyden, den müssen wir abklopfen«, sinniert er kauend. »Ich weiß noch nicht, was es ist, aber astrein ist der nicht. Die Band hat ihm auch nicht vertraut. Der Dennis hat Stress mit ihm gehabt.«
    »Aber wenn er sie betrogen hat, Geld eingeschoben – was hätt er davon, den Dennis zu erschlagen? Man schlachtet doch nicht die Kuh, die man melkt.«
    »Nicht erschlagen, Hartinger, irgendwie verwickelt, Dreck am Stecken, das ist nicht dasselbe. Und wenn der Dennis ihn sonst abgesägt hätt? Mal schauen, ob über den was vorliegt, würde mich nicht wundern.«
    »Soll ich mich später um die Anwesenheitslisten kümmern? Da werden bestimmt nur Vornamen und Spitznamen drauf sein, ob das so Sinn macht?«
    »So eine Liste macht schon Sinn, abwarten. Vielleicht können wir den Abend zusammenpuzzeln. Und – wenn der Dennis telefoniert hat, kriegen wir Futter.«
    Der Sandner ist fertig mit dem Essen. Er unterdrückt ein Rülpsen und lehnt sich aufseufzend zurück. Eigentlich hätte er es nicht eilig, überlegt sich einen Mocca und eine süße Nachspeise. Aber die Füße vom Hartinger laufen schon unter dem Tisch, seine Finger trommeln, der ganze Mann ist pure Bewegung.
    Inzwischen hat sich die Imbissbude gefüllt, vorwiegend Männer mittleren Alters, die sich mit gedämpfter Lautstärke unterhalten.
    Die beiden Polizisten erheben sich.
    Niemand nimmt Notiz von ihnen. Jeder ist mit seinen eigenen kleinen Geschäften und Nöten, seinem eigenen kleinen Leben beschäftigt, und der Sandner wünscht sich, dass er sich um keines davon posthum kümmern muss.
    Um zu bezahlen, muss er sich an zwei wild gestikulierenden Männern vorbeidrücken. Er fasst den jüngeren bei den Schultern. »Obacht Miran, ned so stürmisch.«
    »Ja servus, Sandner, lang nicht gesehen. Was treibst du?«
    Verwegen schaut er aus, mit wilder, dunkelblonder Lockenmähne und speckigem Ledermantel. An jedem seiner Finger protzt ein dicker, silberner Ring.
    Der Sandner legt das Geld auf den Tresen. »Hab’s eilig, tschuldige.«
    »Du hast es doch immer eilig, immer Stress, nie Vergnügen.« Der Langhaarige grinst mit geblecktem Gebiss.
    Draußen dreht sich der Hartinger noch mal um und wirft einen Blick durchs Fenster auf den Hünen. »Drogen oder Körperverletzung?«, mutmaßt er.
    Der Sandner bleibt stehen und lacht kurz auf. »Der Miran ist der beste Änderungsschneider in München. Beim Kolumbusplatz. Wenn dir an deim windigen Lederjackerl der Reißverschluss platzt, ist das der Richtige. Und ned teuer. Ob der was einwirft, weiß ich nicht, Hauptsache, er näht gscheit.«
    Als die Mordkommission noch in der Löwengrube residiert hat, war der Sandner einer der wenigen, der sich nicht aufgeregt hat über die Enge und das alte Interieur und dass du eine Ladung Putz abbekommen hast, sobald jemand laut husten musste. Asthmatiker durftest du keiner sein, WLAN Fehlanzeige, und über seinen wackeligen Schreibtisch wird sich ein städtischer Beamter schon

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