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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Obduktion, und aus London gibt’s die News auch tomorrow.«
    Der Sandner hat einen mittleren Wutanfall bekommen, weil es noch nicht morgen gewesen ist – und er einsehen hat müssen, dass ein Hauptkommissar den Lauf der Sonne nicht wirklich beeinflussen kann.
    Der Kare hat noch die gierige Presseabteilung gefüttert, für den Morgenticker, und die Vorbereitung für die Lagebesprechung getroffen. Das klassische »wir ermitteln in jeder Richtung«. Nicht auszuschließen war, dass der Bursch tatsächlich einem Ritualmord zum Opfer gefallen war, auch das Bandumfeld war im Rennen und die Geschichte mit London, dem Heim und der Janine. Ein Haufen Fragezeichen, die es morgen zu sortieren galt.
    Von der Wiesner ist er dann nach Hause gefahren worden, liegt ja bei ihr auf dem Weg. Hauptsächlich geschwiegen haben sie beide, bis er in der Lohstraße aus dem Auto gestiegen ist. Froh ist er gewesen, dass sie nicht wieder vom Kare und seinem Techtelmechtel angefangen hatte.
    Den Absacker hat er sich gespart, und jetzt sitzt er auf der Couch und hält unschlüssig das Telefon in der Hand.
    Dass der Anrufbeantworter stumm geblieben ist, hat ihn enttäuscht. Seine Tochter hätte sich melden können. Seit drei Wochen Sendepause. Ob er einen Besuch in Wien machen sollte? Einen neuen Anlauf starten, sich dem Frosch objektiv zu nähern?
    Die Corina hat gemeint, er wär ein konservativer Sturkopf.Das findet er nicht. Nur vernunftbegabt. Weil – vernünftig ist es nun mal nicht, dass die Sanne ihr Studium abbricht, um einfach nach Wien zu gehen. Und dann noch ein Flötist. Mag ja sein, dass er bei den Philharmonikern ist, aber als Schwiegersohn einen Rattenfänger? Seine Vorbehalte sind rein objektiver Art. Da gibt’s nichts zu deuteln.
    Er kann sich noch gut erinnern, wie die beiden letzten Sommer im Schyrenbad mit dabei gewesen waren und ihm Freddys rasierte Beine aufgefallen sind.
    Seine Sanne ist mit einem Flötenhansel zusammen, der sich die Schenkel epiliert. Seitdem ist er für ihn nur noch der Frosch.
    Der Sandner fläzt sich mit einem Glas Rioja auf das Sofa und zappt sich gelangweilt durchs Fernsehprogramm.
    Ein Anfall von Aktionismus lässt ihn zum Telefon greifen.
    »Hier ist der Anrufbeantworter von Sanne Sandner und Freddy Domescy. Wir sind leider ...«
    Kruzifix! Warum sollten sie auch zu Hause sein. Freddy, was für ein Name!
    Manchmal beflügelt dich die Wut. Die Angst selbstredend, die Hoffnung, die Liebe, der Hass oder Vitamine. Summa summarum scheint auf dieser Welt nichts zu existieren, was dich nicht den Hintern heben lässt, außer einer gescheiten Depression. Jetzt, um halb elf, spendet der Ärger dem Mann die Energie, um den Farbeimer im Flur zu packen und sich auf den Weg in den Keller zu machen. Dreimal ist er darüber gestolpert, heute Abend, und zusammen mit dem Gedanken an Froschschenkel ist das allemal Motivation für einen Kraftakt.
    Im dritten Stock wohnt er. Unten sticht ihm der Fußabtreter vom Lehnharter ins Auge. Grobgefilzt und grau, vielleicht sollte er sich zu einer Vernehmung immer die Vorleger von den Leuten mitbringen lassen, zwecks erstem Eindruck. »Grüß Gott« steht drauf, in rotem Zwirn, und weil der Lehnharter gwies nicht in die Mette rennt, ist das eine gewobene Floskel.
    Der Sandner stellt den Eimer ab und bückt sich. Nichts ist zu sehen, zumindest rotbraune Flecken hätte er sich erwartet. Der Erkennungsdienst hätte aus dem gammligen Filz bestimmt ein paar Tröpfchen Hühnerblut herausgemolken. Da ist er offenbar Dilettant.
    Ein leises Kratzen lässt ihn aufhorchen. Er schießt wieder in die Höhe und geht weiter. Von der Imhofer ihrer Tür ist es hergekommen. Entweder die Katz spinnt, oder die Alte lurt am Guckloch. Der Sandner möchte sich nicht ertappen lassen, kniend auf dem Teppich, als würde er sein Abendgebet an den Lehnharter verrichten.
    Wie er die Eisentür zum Keller aufsperrt und Licht machen will, rührt sich nichts. Dunkel bleibt es. Ein paar Mal schaltet er ungläubig hin und her.
    Wenn der Lehnharter seinen Hauswartsstand ernst nehmen tät und nicht entweder eine Flasche oder ein Viech in den Pratzen hätte, müsste der Sandner sich nicht an den Bretterverschlägen entlangtasten. Sein Kabuff ist nach der ersten Abzweigung links das dritte. Ein muffiger Geruch steigt ihm in die Nase. Im Wesentlichen kannst du da herunten nur lagern, was du nicht mehr brauchst oder du dem Zerfall und dem Schimmel aussetzen willst. Stiller Tod für ausgemustertes Gelump.
    Langsam

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