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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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blumig-kräftiges Parfum zieht dem Sandner in die Nase. Von ihr geht die Mär, sie hätt ein Techtelmechtel mit dem Schachner, aber Gschichtln brauchst du in jeder ordentlichen Behörde, da blüht die dreckige Phantasie wie eine Frühlingswiese.
    »Ja, der Gernot«, stellt der Sandner fest und schaut genau, ob dem nicht ein klitzekleines Lächeln auskommt, wegen Sandners Zustand. Was dem Schachner sonst so im Kopf herumspukt, wenn er das Gfries vom Hauptkommissar sehen muss, kann er nur ahnen.
    Mit ihm verbindet den Sandner eine gemeinsame Geschichte, eine kleine Episode aus der Jugend. Allerdings gibt es da eine Täter- und eine Opfer-Perspektive, die zu unterschiedlicher Interpretation verführt.
    Als der Sandnerbua, mit vierzehn oder fünfzehn, den Sommer über im Freibad seine Heimat hatte – sie sind ja oft hintenrum über den windigen Zaun –, haben sie sich meistens am Kickergerät herumgetrieben. Stammplatz. Ein alter Kasten, Spiel zwanzig Pfennig, und der Faller Hans hat seinem Vater, der den Kiosk betrieben hat, öfter die Münzen rausleiern können. Wenn jemand zugesehen hat, haben sie Anfänger gegeben und dann den einen oder anderen herausgefordert.
    So kam der Gernot ins Spiel. Er ist damals schon ein paar Jahre älter gewesen als der Sandner, aber ein Grischberl mit Hühnerbrust und geblümter Badehose.
    Der Sandner hat brav das erste Spiel gegen ihn verloren, da musst er sich richtig anstrengen – und ihn dann unschuldig gefragt, ob er um zwei Mark tandeln mag.
    Da ist der Gernot gierig geworden und hat prompt gegen den Sandner verlieren müssen. Nur zahlen hat er nicht gewollt.
    Der Sandnerbua wollte es auf sich beruhen lassen, aber die Susi, mit der er damals »gegangen« ist, hat gemeint, wenn der nicht zahlen wollt, müsst er ihm wenigstens gescheit auf die Goschen hauen. Und rote Bäckchen hat sie gekriegt, weil sie sich aufs Zuschauen gefreut hat.
    So hat der Sandner den Gernot abgepasst, und weil die dralle Susi so rumgehüpft ist und ihn angefeuert hat, in ihrem windigsten Teilchen, ist er engagiert zu Werke gegangen und hat dem Gernot die Nase geknickt und ihn überhaupt saumäßig verdroschen. Bis in die Haarspitzen motiviert, wie man von Leistungssportlern so gern sagt.
    Ihren Helden hat die Susi abschließend von vorn bis hinten abgebusselt und sich über den flennenden Gernot lustig gemacht, der sich auf dem Boden gekrümmt hat wie die Eidechse beim Eierlegen.
    »Wenn du wem was sagst davon und ned schleunigst fünf Mark herbringst, haut er dich gleich wieder zamm, dass du nimmer aufstehst, dumme Sau!«, hat die Susi ihm, schon ganz Geschäftsfrau, noch mit auf den Weg gegeben.
    Falls der Sandner mit ihr zusammengeblieben wäre, hätte er wahrscheinlich heute ein exzellent geführtes Inkasso-Unternehmen, das erste am Platzl.
    Vor Kurzem hat er sie getroffen, beim Bekleidungstandler in der Kaufingerstraße als Verkäuferin. Ein schwarzes Hemd für die Beerdigung vom Haube hat er gebraucht. Ja, die Susi. Dezenter Schick, dick aufgetragene Farben, schweres Parfum, passend zur mittlerweile schweren Statur.
    Er hätte nicht gewusst, wo er sie einordnen sollt, aber sie hat ihn erstaunlicherweise sofort erkannt.
    Er wär doch der Josef und Wahnsinn und so ein Zufall mit der kleinen Welt. Einen Kaffee müsste man trinken gehen, alte Zeiten und Pipapo, aber da war er vage geblieben. Wegen dem Hemd hat sie ihn unbedingt beraten wollen. Letztendlich hat er eines von Boss erstanden, hundertsechsundfünfzig Euro Kaution, nur um wieder in Freiheit zu kommen. Kaufhaus-Syndrom. Vom Geschäftlichen hat sie etwas verstanden, die Susi.
    Das Hemd war stark tailliert gewesen, zweite Haut, weil das jetzt die Mode wäre. Etwas anderes käme ja gar nicht infrage, und er könne so etwas noch gut tragen.
    Der Sandner hat es nie angezogen. Da fehlt ihm die Härte, dass ihm die Frauen nicht allerweil das Gwand vorschreiben dürfen.
    Und der Gernot? Der hat sich bei der Abteilung Glücksspiel nach oben gedient, ehrgeizig und arbeitsam, vielleicht, um sein Trauma zu überwinden.
    Der Sandner hat sich ab und an gefragt, ob er mal etwas sagen sollte zu ihm. Schwamm drüber, oder mei, des waren wilde Zeiten damals, gell? Was man halt so daherredet. Aber dreißig Jahre her, dazwischen ist viel Wasser den Auer Mühlbach hinunter. Einen schönen Gruß von der Susi könnte er ihm ausrichten. Selber schuld ist er freilich gewesen. Er hätte ja bloß zahlen müssen. Schließlich – es war halt Giesing und nicht

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