Der Sandner und die Ringgeister
hätte sie grad wer mit dem Schlüssel aufgezogen, »der Sobotnik ist in unserer Abwesenheit vom Rechtsanwalt Doktor Waldach in Obhut genommen worden. Es war bis dato keine Befragung möglich.«
»Aber wir zwicken ihn uns gleich wieder, London sagt, er hat mit dem Weiß zusammengewohnt.« Souverän klingt der Kare.
»Und wir haben einen Zeugen«, vermeldet der Hartinger, »Herrn Vloc, seines Zeichens Hilfskraft, der gesehen hat, wie er mutmaßlich gestritten hat in der Nacht mit dem Weiß und ihn geschlagen. Ich meine – eine Gegenüberstellung ...«
Der Wenzel scheint ihnen nicht zuzuhören, wirft einen Blick aus dem Fenster, kneift die Augen hinter der Brille zusammen. »Vergessens einmal den Herrn Sobotnik. Konzentrieren Sie sich auf das Naheliegende.«
Die Wiesner traut ihren Ohren nicht. Naheliegender ist nur noch der eigene Haarschopf.
»Haben Sie sich zum Beispiel mit dem Pentagramm beschäftigt? Wer macht so was? Am Freitag kam darüber eine sehr interessante Sendung. Satansanbeter, Psychopathen, das ganze Gesocks. Ich weiß, was Sie jetzt einwenden wollen, mit unseren Geständigen ist es vielleicht mau, aber das schließen wir doch deswegen grundsätzlich nicht aus, oder? Wollte uns der Täter etwas mitteilen, was sagt die Tat über ihn aus? Was haben Sie Neues über den van Leyden? Was sagt die Spurensicherung, gab es wirklich diesen Kampf auf dem Hotelflur? Zwei Tote, die sich kannten, in kurzer Zeit. Na, klingelt es? Wir haben hohen Ermittlungsdruck, und Sie kommen mit der Aussage einer minderbemittelten Hilfskraft daher. Wahrscheinlich eh in unserer Kartei, das Manderl.«
Die Wiesner stützt den Kopf in die Hände und schaut auf die Tischplatte, hört, wie der Hartinger hochrumpelt.
»Der Herr Vloc ist unbescholten!«, protestiert er. So leicht will er sich wohl seinen Schatz nicht abnehmen lassen, den er mühevoll ausgebuddelt hat. »Kein Strafregister. Kam vor fünf Jahren nach Deutschland wegen seiner Großmutter, die ist deutschstämmig. Eigentlich ist er Pferdemetzger aus der Walachei.«
»Was reden Sie da daher?«
»Hat er angegeben, Rumänien, Region Montenia, gebürtig in Slatina ...«
Von Kares Schreibtisch kommt ein hyänenartiges Keckern.
»Das ist ja schön, Kommissar Hartinger«, stoppt Wenzel ihn. »Ihre geografischen Kenntnisse in allen Ehren, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass der Herr Sobotnik keine Rolle für Sie zu spielen hat – nicht die, welche Sie ihm zugedacht haben. Das sind keine Erkenntnisse, die Sie da zu haben glauben, sondern allenfalls schwächelnde Hypothesen. Basta. Haben wir uns verstanden?«
»Heißt das, aus Ihrer Sicht der Dinge sollten wir ihn nicht befragen, nach dem Samstagabend?«, will die Wiesner vom Staatsanwalt wissen.
»Natürlich. Meine Sicht der Dinge ist objektiv, wie ich betone. Rufens seinen Anwalt, den Doktor Waldach einfach an, machens einen Termin aus, in seinem Büro, und der Herr Sobotnik wird dort Angaben machen. Sie erstellen ein Protokoll und Schluss. Ich hab mit dem Doktor Waldach telefoniert. Hören Sie auf, seinen Mandanten grundlos zu verfolgen und aus dem Bett zu zerren. Wo sind wir denn? Im Rechtsstaat, oder? Regeln gelten auch für uns.«
»Der Sandner meint ...«
»Was der Sandner meint, ist jetzt nicht von Belang. Aktuell ist er nicht dienstfähig – und ich steh mit meiner Meinung nicht allein, wenn ich sage, dass seine Urteilsfähigkeit, wegen diverser Gründe, nicht unumstritten ist. Herr Oberkommissar Bischoff, wenn Sie überfordert sind, müssen wir mit dem Polizeirat natürlich eine andere Lösung forcieren, das wäre vor dem Hintergrund Ihrer augenblicklichen Personalsituation zwar prekär, aber nicht unmöglich.«
»Ja«, kommt es vom Kare gedehnt, »prekär, versteh scho.«
»Noch etwas zur Kenntnis. Herr Auerhammer bat mich, Ihnen mitzuteilen, der Termin verzögert sich zirka um eine Stunde, er muss noch sein Auto in die Werkstatt bringen, dann stehen er und seine Frau zu Ihrer Verfügung. Und ich bitt Sie, nein, ich verlange, gehens korrekt mit ihm um. Da verlass ich mich auf Ihr Gespür.«
»Ah so, der kommt später, hat er ausrichten lassen?« Der Wiesner langt’s. »Des ist doch hier ned Friseurstudio Arabella! Was hams bloß mit Ihrem grindigen Ermittlungsdruck, wenn alle Welt drauf scheißt?«
»Frau Kommissarin Wiesner, reißen Sie sich zusammen!«
»Ein Schmarrn daherin!« Sie fährt hoch und greift nach ihrer Jacke. Im Gehen fetzt sie damit dem Hartinger das wertvolle
Weitere Kostenlose Bücher