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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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an, der gespannt den Stuhl zurechtrückt.
    »Erzähl’s nur, Kare.«
    »Vor ein paar Jahren haben wir einen Mord gehabt vor einem Altersheim, ich mein Seniorenstift, hinten beim Westfriedhof. Mitten auf der Straße, eine blutjunge Altenpflegerin, bildhübsches Madl – zwölf Messerstiche. Übertötung. Zwei Verdächtige, Ehemann und Liebhaber – keine ausreichenden Beweise und keine Zeugen, zumindest keine, die noch verlässliche Sinne hatten. Wochenlang sind wir gekreiselt, bis wir schon damisch im Hirn waren. Beide ein Motiv, beide bloß ein windiges Alibi, aber gereicht für den Haftrichter hat es uns nie und nimmer. Irgendwann hat der Sandner zwei fingierte Erpresserbriefe geschickt. Niemand hat was gewusst davon. Alles gesehen hätte er, stand drin, von seiner Kammer im Stift, zweiter Stock. Und was sag ich, am Treffpunkt, nachts beim Westpark ist tatsächlich einer aufgetaucht. Sechser im Lotto – der Ehemann. Der Sandner als Tattergreis ausstaffiert, mit Stock und krummen Rücken, selbst einen Bart hat er umgehabt. Ein halberter Weihnachtsmann. Wissen wollt er von dem Kerl, wie es jetzt mit dem Diridari ausschaut. Aber der hat statt dem Geld ein Messer einstecken gehabt, zwanzig Zentimeter Klinge. Die interne Abteilung hat sich drauf gestürzt wie die Aasgeier.«
    »Wieso des?«
    »Erstens darfst du nicht den Erpresser geben, weil da einer vermuten könnte, du magst das Geld einstecken, und so eine Mausefalle steht auch nicht im Handbuch für korrektes Ermitteln. Zweitens sollst du einem Verdächtigen nicht mit einem Gehstock den Kiefer brechen, wenn möglich.«
    »Und was ist rausgekommen?«
    »Nix. Erstens hat es nach Notwehr ausgeschaut, angemessene Gewalt, und der alte Oberstaatsanwalt Brauner hat sich hingestellt und flugs behauptet, des war alles in Absprache mit ihm. Der hat sich nix geschissen, hat ja nur noch ein paar Monate gehabt. Den Sandner hat er geschätzt, und am Zeug flicken beim Brauner hat sich keiner getraut. Verdienstvoll und eine Autorität vom alten Schlag. Aber der Sandner hat natürlich einen Ruf weggehabt. Und des war nicht das erste und letzte Mal.«
    »Hat man den Mörder wenigstens überführen können?«
    »Freilich, der hat ein Geständnis abgelegt, nachdem er wieder halbwegs nuscheln konnte. Weil, unabhängig vom Umstand und ob du gelockt worden bist wie der Erpel vom Entenpfeiferl, des erklär einmal, was du nachts im Westpark treibst, mit der Tatwaffe im Sack. Ja, für so was ist er immer mal gut, der Josef Sandner. Jetzt weißt, was es gschlagen hat, Hartinger.«
    »Und was sollte das mit der Personalsituation – eine Drohung?«
    »Ah geh, doch nicht für uns. Der Polizeirat kann ja keine anderen backen. Wenn er uns den Fall entzieht, scheißt er ein anderes Team dermaßen mit Arbeit zu, dass nur noch die Mützen rausschauen. Es sei denn, der Meininger meldet sich gesund. Dem Muck solltest du so etwas nicht auf den Schreibtisch legen, wenn du nicht willst, dass Spinnweben dran kleben.«
    »Aber den Sandner kann man aus dem Spiel nehmen. Leitest du jetzt, oder der Sandner? Wie ist das offiziell?«, bohrt der Hartinger nach.
    »Offiziell? Heut darf ich. Aber will ich, dass der Josef mir den Kopf abreißt? So schaut’s aus – und jetzt geh ich zum Polizeirat, bevor der nach Zürich fliegt, und horch, was die Spatzen so pfeifen.«
    »Den Waldach ruf ich ned an«, sagt die Wiesner. »Kannst du das machen, Hartinger? Komisches Getue – als wär der Sobotnik sakrosankt.«
    »Vielleicht ist er das ja, aber wer sorgt dafür?«
    Die Wiesner ist gerade dabei, van Leydens Handyanschluss zu eruieren, als der Aschenbrenner ins Büro platzt. Dass ein Leichenbeschauer ausschaut wie das blühende Leben, ist fast ein Sakrileg in ihren Augen. Im Schlepptau hat er einen jungen Burschen, der ihren Maßstäben eher gerecht wird. Blass, picklig, strähnige Haare, und ein Bäuchlein füllt das Marilyn-Manson-T-Shirt, das zeigt, Sporteln ist eine exotische Tätigkeit für den Träger.
    Vom Kommunikationswissenschaftler Herrn Watzlawick sind ein paar bedenkenswerte Grundsätze überliefert. Zum Beispiel, dass du nicht nicht kommunizieren kannst. Selbst wenn du dich ausschweigst wie ein Kartäusermönch, sagst du etwas damit. Gerade als Leiche, auch wenn die bei den Watzlawickschen Grübeleien keine tragende Rolle gespielt haben dürfte – dem Aschenbrenner seine Arbeit könnte man schon kommunikative Ansätze bescheinigen, eine gewisse zwingende Art der Befragung post mortem.
    »Habts ein

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