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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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wenig Zeit für den Obduktionsbericht vom Weiß?«, fragt der Aschenbrenner. »Ich hab gedacht, ich schau vorbei, weil der Hansi gern einmal die Mordkommission gesehen hätte. Das ist mein Praktikant, Medizinstudent, der wird einmal ein fähiger Mediziner.«
    »Ja, ich hab Zeit, ich komm hier eh nicht recht weiter mit dem Handyscheiß, hallo auch, Hansi«, meint die Wiesner.
    »Hallo«, schallt es fröhlich zurück.
    »Sag hallo, Hansi«, sagt die Kommissarin zum Hartinger, der zum x-ten Mal das Vernehmungsprotokoll vom Vloc liest. Er wird es bald auswendig rezitieren können.
    »Hallo, Hansi«, folgt er, »na, wie ist es mit den Leichen?«
    »Ein m-o-r-d-s-mäßiger Spaß.«
    Darauf sagt keiner etwas.
    »Wie du gekommen bist, hast du auch so schlechte Witze gemacht, Hartinger«, bemerkt die Wiesner schließlich.
    »So schlecht waren die nicht«, beschwert der sich.
    »Freilich, genauso schlecht. Denk an den mit dem Pinguin.«
    »Der war besser, der Kare hat gelacht.«
    »Höchstens leidend das Gesicht verzogen.«
    »Du hast bloß die Pointe nicht verstanden.«
    »Wo nix ist, braucht man nix verstehen.«
    »Eigentlich können sie auch ganz freundlich sein«, unterbricht der Aschenbrenner, an den Hansi gewandt, den Dialog. »Das ist meine Lieblingsmordkommission. Bei einer typischen Tätigkeit: am Schreibtisch lungern.«
    Der Hansi hat einen roten Kopf bekommen und nickt artig.
    Der Doktor fläzt sich auf einen freien Schreibtisch und holt seinen Bericht aus einer Ledermappe.
    »Ihr studiert ihn eh, ein paar Sachen erzähl ich euch. Mal schauen ... was ist wichtig für euch?«
    »Was lässt sich über den Täter sagen?«
    »Also, vom Winkel der Kopfverletzung her könnte er ungefähr zwei Meter vierzig gewesen sein.«
    »Dann fragen wir am besten bei den Münchner Schreinern, wer ein Bett in Überlänge bestellt hat«, meint die Wiesner lapidar. Den verwirrten Blick vom Hartinger spürt sie auf sich ruhen. Aber er ist wief genug, das Mundwerk im Zaum zu halten.
    »Du darfst erst einmal nichts ausschließen«, belehrt der Aschenbrenner seinen gelehrigen Schüler. Der hängt ihm an den Lippen, nickt wieder eifrig.
    »Ich erzähl euch mal was. Das müsst sechs, sieben Jahre her sein, da ham sie in Köln einmal den Stelzenmörder gehabt. Mitten im wildesten Faschingstreiben ...«
    »Karneval«, unterbricht der Hansi.
    »Meinethalben mitten im Karnevalsgesumms wird da einer zammgschossen. Präzise in den Hinterkopf. Der Täter war kostümiert und auf Stelzen unterwegs, Walther P8, Schalldämpfer, weite Ärmel am Gwand, des Ganze war nicht blöd, auch wegen der Übersicht. Schaut über die Menge und – plop! Ab dafür. Dann stöckelt er geschwind weiter, schnallt sich irgendwo die Holzprügel ab und macht sich still und heimlich vom Acker. So schaut es aus. Keine brauchbaren Zeugen, nur wild daherredende oder panische Leut und Besoffene, so weit das Auge reicht. Jetzt passts auf. Wie man die Tat rekonstruiert, Schusskanal, Abstand, weiß der Geier, kommt man zum Ergebnis, der Täter müsste aus dem ersten Stock geschossen haben. Nur dass da partout kein Häuserl gestanden ist. Kein Kran, kein Berg – kein nix. Da hams dumm aus der Wäsche gschaut, die Herrn und Damen Ermittler.«
    »Und wie sands draufkommen?«
    »Akribische Ermittlungsarbeit, wie immer. Der kleine Bua einer Schreibkraft aus dem Präsidium hat grad an einem pädagogischen Zirkus-Workshop teilgenommen und am Abend begeistert erzählt, vom Jonglieren und der Akrobatik und last not least Stelzenlauf. Und wie der kloane Schoaßer so plappert, da ist bei seiner Mutter der Groschen gefallen, und sie hat die Idee gleich brühwarm den Ermittlern serviert. Erst mal haben sie es nicht ernst genommen, logisch – war ja nicht von ihnen. Aber wie es gar nicht weitergegangen ist, haben sie damit gespielt. Gezielt gefragt, gesucht und ermittelt – Bingo. Das hat mir ein Kollege aus Düsseldorf letztes Jahr erzählt, natürlich in der schadenfrohen Variante. Also – nichts ausschließen, was du nicht sicher negieren kannst. In München könnte so etwas natürlich nicht passieren.«
    »Natürlich nicht«, spöttelt die Wiesner, »bei uns wär sofort das Ordnungsamt auf dem Plan beim Stelzengeher, wegen Verstoß gegen Paragraf Pimplpampl, oder?«
    »Nein, mit dem nötigen Bildungshorizont kommst du allerweil weiter. Ich hab als Kind alle Folgen von ›Tom und Jerry‹ geglotzt, da warst du noch gar nicht geplant, Sandra. Ich kann mir so ziemlich alles vorstellen in

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