Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
Vom Netzwerk:
herausbekommen oder herausbekommen wollen, wie er sein Tagwerk verrichtet hat. Nur, dass an ihm bald kein Weg mehr vorbeigeführt hat im Baugeschäft, das hat sich schnell herausgestellt. Besonders für die, die partout nicht einsehen wollten, dass ihnen in Zukunft der Schnabel sauber bleiben sollte. Ein didaktisches Talent hat er mitgebracht, selbst den Begriffsstutzigen die Tatsachen nachhaltig einzubläuen. Von den Lernunfähigen hast du bald nichts mehr gehört und gesehen.
    Zäh, gewieft und eisenhart muss er gewesen sein – die Sorte Mensch, die zu allen Zeiten den Kopf herausreckt aus der Brühe, weil sie den anderen ins Kreuz steigt mit ihren Nagelschuhen und sie hineintunkt. Die Luft ganz oben reicht halt nicht für alle. Große Verdienste hat er sich erworben um die Stadt, mit dem Bürgermeister auf du und du und Küsschen und Trallala mit der Schickeria. Einmal im Jahr per Lufthansa nach Nairobi, zwecks Safari. Zurück ist er allweil mit Büffelschädel, Löwenfell oder sonstigen exotischen Kadaverteilen im Gepäck. Erster Münchner Tierfriedhof. Alles in Reichweite seiner Flinte hat, mit Glasaugen versehen, die Wände seines Anwesens in Bogenhausen verziert. Beinahe alles. Das Diebsgesindel, auf frischer Tat gestellt, als es dabei gewesen war, sein Tafelsilber in den Rübensack zu stopfen, hat er nicht ausstellen dürfen. Keine Trophäen, obwohl ihm das Jagdglück hold gewesen war.
    So kleinlich hätte man nicht sein müssen, weil: Wenn du mit der Elefantenbüchse ins Jenseits gepulvert wirst, steht sowieso Metamorphose auf dem Programm.
    Selbstredend ein erwiesener Fall von Notwehr. Böse Zungen haben damals behauptet (geflüstert), zwei Ausgeschmierte wären das gewesen, die sich nur hätten holen wollen, was ihnen zugestanden hätte. Viel Feind, viel Ehr.
    Der alte Auerhammer hatte seine ganz spezielle Meinung gehabt, was anderen zustünde. Im Zweifelsfall hat das auch einmal ein Loch in der Brust sein können, wo du die Faust durchschieben kannst.
    Und seinen Sohn, den Eberhart, hat er ganz in seinem Geiste gedrillt. Mit sechs Jahren soll er sein erstes Nashorn erlegt haben, der Burschi, mit einem Blattschuss. Kein Wunder, dass das Geschäft geblüht hat wie ein japanischer Kirschbaum, bei so viel unternehmerischer Substanz. Auf den Enkel ist die Wiesner gespannt.
    Mit einiger Verspätung hat sich also der jüngste Spross vor ihnen aufgepflanzt. Im weißen Hemd, braungebrannt, massig, die muskulösen Unterarme auf der Tischplatte abgelegt, Werkzeuge zum sofortigen Gebrauch. Jeder B-Movie-Regisseur würde die Rolle des Baulöwen mit ihm besetzen. Noch mehr Karat um den Hals und die Armbanduhr eine Spur protziger – voilà. Selbst der Siegelring prangt am kleinen Finger. Die Brusthaare sprießen bis zum Halsansatz, quellen hervor, wie Holzwolle aus einem zerschlissenen Kanapee. Sein Blick ist unverwandt, beinahe obszön, auf die Wiesner gerichtet.
    Neben ihm thront seine Gattin, überragt ihn im Sitzen um einen halben Kopf. Gepflegt, hohe Wangenknochen, schwarzes Kostüm. Der Mund ein schmaler Strich. Blonde Summe aus täglichem Workout, Dauerdiät und Askese. Sehnig – hartes Fleisch, bis hinein in die schwarzen, zugespitzten Lackschuhe von Louboutin.
    »Herrschaftszeiten, jetzt, wo ich seh, wer da auf uns gewartet hat, tut mir die Verzögerung noch mehr leid«, schmelzt der Auerhammer daher und schießt ein dekoratives Lächeln auf die Polizistin ab.
    Die schwenkt den Kopf demonstrativ Richtung Gemahlin. Mit mir nicht, Bürscherl.
    Ausdruckslos schaut Frau Auerhammer ins Leere, das scheint sie vom Gatten zu kennen, dass er die Fiedel auspackt, sobald er einen Rockzipfel gewahr wird. Bazelaugen und aufgespielt wird. Bestimmt könnte sie die Melodie mitträllern, nachts im Schlaf, ohne Notenblattl. Zum Jagen reist er nicht nach Kenia, und die Flinte hat keinen Doppellauf.
    »Dankschön für die Blumen, Herr Auerhammer«, sagt der Kare, »aber jetzt sands ja da. Da freu ma uns.«
    »Des is doch selbstverständlich«, erwidert der Auerhammer, »so tragisch die Gschicht mit dem Dennis ist. Da wollen wir natürlich helfen, fragens nur, was immer Sie müssen.«
    Die Wiesner muss schlucken. Eine passende Bemerkung hinunter oder gleich den ganzen aufsteigenden Ärger.
    Das Paar ist nicht zur Vernehmung geladen, sondern hat in altruistischer Großzügigkeit beschlossen, eine Charity-Audienz zu geben.
    Vielleicht ist das wirklich so. Dass die Menschen gleich sind, vorm Gesetz, der Spruch ist genauso wahr wie

Weitere Kostenlose Bücher