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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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zuerst die flötende Jungamphibie akzeptieren müssen.
    Kaum hat er aufgelegt, ärgert sich der Sandner über seinen Spruch. Angenommen, der Frosch hörte den Text, er hielte ihn für einen überbesorgten Klammeraffen. Vaterklette.
    Die Sanne ist kein Kind. Aber je mehr er in die Geschichte vom Dennis, dem Auerhammer und der Janine eintaucht, desto präsenter wird seine Tochter im Hirnstüberl. Sitzt drin und mag nicht mehr vor die Tür. Eine erwachsene Frau kann er da beileibe nicht sehen. Der Zweifel nagt an ihm, ob sich die Fetzner Janine aus eigenem Antrieb auf und davon gemacht hat. Der Boandlkramer schwingt die Sense selbst bei jungen Madln unbeirrt. Da macht sich der Sandner nix vor.
    Kaum ist er unter der Dusche, läutet es bei ihm an. Fluchend, pitschnass, das Handtuch um die Hüften geschlungen, hetzt er zum Telefon.
    »Freddy Domescy hier, wegen der Sanne.«
    »Was ist mit ihr?!«, schreit der Sandner in den Hörer.
    »Äh, nix«, kommt die verdatterte Antwort. »Ich hab geglaubt, sie hat es gesagt, dass sie die Woche über nicht da ist.«
    »Wo ist sie?«, hyperventiliert ihr Vater.
    »Auf einem Retreat, Kärnten, zwei Wochen. Ohne Handy. Das hat sie doch bestimmt gesagt.«
    »Retreat? Nix hat sie gesagt. Was ist des? Ist des von einer Sekte?«
    »Mach dir keine Sorgen. Das ist was Buddhistisches. Harmlos, nur eben Abgeschiedenheit. Sie hat sich zurückgezogen, zu sich selbst will sie finden. Innere Reinigung.«
    »Innere Reinigung? Versteh ... Ist sonst alles in Ordnung?«
    »Schon. Eine schlimme Erkältung hab ich. Das ist ziemlich blöd wegen der Luft und ...«
    »Ja, blöd. Wann kann man denn die Sanne wieder erreichen?«
    »Nächste Woche. Ich sag ihr, sie soll gleich bei dir durchläuten.«
    »Ja, mach des. Gute Besserung, und Gruß an die Frau Mama. Servus.«
    »Die Mama? Ja äh, tschau und ...«
    Der Sandner hat aufgelegt. Zu sich selbst finden? Innere Reinigung? Ein neunzehnjähriges Madl? Wahrscheinlich braucht sie Ruhe vom kranken Frosch. Kaum hat der einen Schnupfen, gibt er ein Drama nach Euripides zum Besten. Wenn er so herumzicken tät, käm er aus der Klinik nicht mehr heraus. Vielleicht liegt es daran, dass der Sandner kein Publikum hat für das Zelebrieren von Leid. Selbst die Apfelmaid hat jede Rücksicht fahren lassen. Der Sandner geht zurück ins Bad und wäscht sich mit einem Waschlappen behutsam die Haare. Wenigstens einer, der sich ordnungsgemäß um ihn kümmert.
    Nachdem er sich angezogen hat, pirscht er im Haus umher. Treppauf, zum Lehrer. Er ist nicht darauf gefasst, dass der Lechner gleich nach dem Läuten die Tür aufreißt. Als hätt er am Guckloch gelauert, wie die Katz vorm Mausloch.
    »Gut, dass ich Sie einmal erwisch, Herr Lechner«, sagt der Polizist.
    »Herr Sandner. Wieso erwisch?«
    »Wissens, Herr Lechner, Sie hätten mir schon einen Bocksbeutel hinstellen können. Als ›tut mir leid‹. Mit Pralinees könnens mich jagen.«
    »Ich hab keine Ahnung, was Sie daherreden, Herr Sandner.«
    »Ich sag Ihnen was: Morgen früh ist Schluss mit lustig. Da wird der Lehnharter erfahren, wer ihn da herin malträtiert.«
    »Herr Sandner, ich weiß nicht ...«
    »Herr Lechner, aber ich weiß. Und Sie ham mir des Kraut ausgschütt, verstehens? Ich wünsch Ihnen einen ruhigen Schlaf, und morgen heißt es rien ne va plus. Jetzt muss ich weg, wiederschaun.«
    »Erklärens mir, was das soll?« Den Lehrerton hat er angeschlagen.
    Der Sandner hat sich schon umgedreht und stapft wortlos die Stiegen hinunter. Treppab zur Hex. Bei der Imhofer kratzt es an der Tür, aber sie bleibt zu. Das lässt den Sandner kalt. Zähmung fällt aus, Schonzeit ist um.
    Schwabing, zwanzig Uhr zwanzig. Frisch entkorkter Abend. Dekantiert muss er noch werden, bevor er sich entfalten kann.
    Der Sandner ist ein paar Minuten zu früh dran, weil er ein Heimspiel haben will. Die Gedanken fein säuberlich sortiert, das Ambiente abgehakt. Er ist froh, das Lokal unverändert vorzufinden. Nichts zu spüren vom hyperaktiven Gehabe protziger In-Schuppen. Der narzisstischen Darbietung des durchgestylten Bedienungspersonals kannst du dort allenfalls mit dem Selbstbewusstsein eines bengalischen Tigers begegnen. Keine zwanzig Jahre jünger möchte der Sandner sein. Dem uniformen Habitus könnte er höchstens betrunken entgegentreten. Inmitten all der Jugendlichen und nach Jugendlichkeit trachtenden Gäste sucht er sich einen freien Bistrotisch. Im Eck, wackeliger Holzstuhl, freie Sicht auf den Eingang. Auf grau

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