Der sanfte Hauch der Finsternis - Frost, J: Der sanfte Hauch der Finsternis - Destined for an early Grave (Night Huntress/ Cat & Bones 4)
unverkennbare Geräusch sich schließender Riegel. Da ich nicht viel Sinnvolles zu tun hatte, blieb ich liegen und übte, meine Arme und Beine zu bewegen.
Gregor kam nach etwa einer Stunde zurück, er trug eine Hose, aber kein Hemd. Teilweise bekleidet war immerhin besser als gar nicht. Ich setzte mich auf, die Decke bis zum Kinn hochgezogen und ein paar Kissen im Rücken. Als unsere Blicke sich kreuzten, blitzte etwas in seinen unnachgiebigen Zügen auf. Sein Mund wurde weicher, auch wenn er nicht direkt lächelte.
»Du erinnerst mich an das Mädchen, das du einmal warst. Du bist es nicht mehr, aber im Augenblick siehst du aus wie sie.«
Wie seltsam. Er erinnerte sich an jemanden, der ich einmal gewesen war, und ich wusste nicht mal, wer das sein sollte. Eine sechzehnjährige Catherine, die Vampire nicht hasste und mit einem nach Paris gegangen war? Die kannte ich nicht.
»Nein, ich bin nicht mehr sie«, stimmte ich ihm zu. »Und da sich die Zeit nicht zurückdrehen lässt, könnten wir doch jetzt halbwegs freundschaftlich auseinandergehen, oder?«
Er ging nicht darauf ein. »Dein Körper hat sich auch verändert. Du bist ein paar Zentimeter gewachsen und hast zugenommen. «
»Schönen Dank auch«, murmelte ich.
Das brachte ihn zum Lächeln, wobei die Narbe an seiner Augenbraue sich verzog. »Das sollte keine Kritik sein, ma femme. Deine Brüste sind jetzt voller und deine Schenkel weicher.«
Viel zu viel Info, ganz, ganz schlechtes Thema. »Gregor …« Ich rutschte hin und her und rang gequält nach Atem. Die Bewegung hatte meine Rippen belastet.
Im nächsten Augenblick hatte er sich über mich gebeugt. »Du bist verletzt. Ich dachte, es wäre nur der Stress durch den Molekulartransport, aber du hast Schmerzen.«
»Es ist nichts.« Ich stieß seine Hände weg. »Ich bin ein bisschen angeknackst, weil ich mir mit einem Freund einen Sparringskampf geliefert habe, aber mir geht’s gut. Wo sind wir? Du hast es mir noch nicht gesagt.«
»In Österreich.« Unaufgefordert setzte er sich, und ich rückte ein Stück von ihm ab, seine Nähe war mir unangenehm.
»Und was sind das für Neuigkeiten, die Lucius mir nicht verraten wollte?« Ich zog die Brauen hoch; wehe er würde es mir nicht sagen.
Er reagierte mit einem angedeuteten Schulterzucken. »Niemand, der dir nahesteht, ist gefangen genommen oder getötet worden. Meine Männer sind wie gewünscht abgezogen, und mein Versprechen ist erfüllt.«
»Nicht ganz.« Mein Tonfall war streng.
»Deins auch nicht. Du bist dran.« Er zog ein kleines, kunstvoll graviertes Silbermesser aus der Hosentasche. »Trinke von mir. Erinnere dich an das, was dir genommen wurde.«
Nun, da ich meine verlorene Erinnerung zurückbekommen sollte, wurde ich unsicher. Hatte ich den Vampir vor mir am Ende doch geliebt? Ich konnte es mir zwar nicht vorstellen, aber Gregor schien sich seiner Sache so sicher zu sein. Was, wenn diese Erinnerung doch einen Keil zwischen Bones und mich trieb? Durfte ich das riskieren?
Andererseits hatte ich keine Wahl. Wollte Gregor mich zwingen, sein Blut zu trinken, wäre das ein Leichtes für ihn gewesen, so schwach wie ich war. Außerdem wollte ich mir von solchen Zweifeln keine Angst machen lassen. Ich liebte Bones. Keine Erinnerung würde daran etwas ändern können, egal, was Gregor dachte.
Ich sah Gregor fest in die Augen, während ich das Messer entgegennahm. Als ich allerdings nach seiner Hand greifen wollte, hielt er mich zurück.
»Nein. Trinke von meinem Hals, wie ich einst von deinem. «
Ich wollte ihm wirklich nicht noch näher kommen, aber mich zu weigern, wäre absurd gewesen. Wenigstens hat Bones sich geirrt , dachte ich. Er war sich so sicher, dass Gregor mich dazu bringen würde, ihn zu beißen.
Ohne zu zögern stieß ich Gregor den Dolch in die Kehle, heftete meinen Mund an die Wunde und saugte. Während ich schluckte, spürte ich, wie seine Arme sich um mich schlossen, aber das registrierte ich schon gar nicht mehr richtig. In meinem Gehirn barst etwas. Diesmal hatte ich nicht das Gefühl zu fallen, ich wurde nach vorn geschleudert.
Ich wartete an der Haustür, wie Cannelle, Gregors Haushälterin es angeordnet hatte. Sie hatte etwas auf Französisch gemurmelt, was genau, verstand ich nicht, aber freundlich hatte es nicht geklungen. Oh, vor Gregor gab Cannelle sich höflich. Aber kaum sah er nicht hin, war sie kalt und abweisend. Ich wusste nicht, warum, aber es machte mich traurig. Ich war weit weg von daheim und
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