Der sanfte Kuss des Todes
Fionas Tür und wartete geduldig. Es musste jemand zu Hause sein, aus der Wohnung war Musik zu hören. Er klopfte noch einmal, lauter dieses Mal.
Endlich ging die Tür auf, und Courtney stand vor ihm.
»Fiona ist nicht da.«
Nathan musterte sie. »Öffnen Sie die Tür immer in diesem Aufzug?«
Sie sah an ihrem schimmernden schwarzen Morgenmantel herunter und zuckte die Achseln. Dann drehte sie sich um und verschwand in der Wohnung.
Nathan folgte ihr. »Wissen Sie, wo sie ist?«
»Ausgegangen.« Sie bückte sich und zog eine Reisetasche unter dem Bett hervor. Nathan blieb schon das zweite Mal in dieser Woche beim Anblick ihrer Beine die Spucke weg. Er sah ihr zu, wie sie die Tasche aufs Bett warf und den Reißverschluss aufzog.
Sie sah zu ihm hoch. »Wären Sie so nett, mir den Wäschekorb zu bringen?«
Auf dem Couchtisch stand ein Korb, randvoll mit Wäsche. Er nahm ihn und schleppte ihn zum Bett.
»Danke.« Courtney musterte kurz die Waffe in dem Holster an seiner Hüfte. Er trug die übliche Bügelfaltenhose und eine Krawatte. »Sind Sie auf dem Weg zur Arbeit?«
»Nein, nach Hause.«
Sie kippte den Korb auf dem Bett aus und fing an, die Wäsche zu sortieren und zusammenzulegen. »Haben Sie es schon auf ihrem Handy versucht?«
»Da geht keiner ran. Haben Sie eine Ahnung, wo sie sein könnte? Es ist wichtig.«
»Sie ist zu ihrer Ausstellung. Sobald ich mich angezogen und zurechtgemacht habe, gehe ich auch hin.« Sie hatte die Wäsche fertig zusammengelegt, und Nathan sah gebannt zu, wie sie einen Stapel Spitzenwäsche nahm und in die Reisetasche legte. Ihre Blicke trafen sich, und er hätte plötzlich brennend gern gewusst, was sie heute Abend anziehen wollte. »Soll ich ihr etwas ausrichten? Ich sehe sie ja nachher.«
»Nein, ich muss leider selbst mit ihr reden.« Er zog eine Plastikhülle aus der Tasche und seufzte. Darin steckte der Brief, den Fiona ihm gegeben hatte und den er erst jetzt, nach einer halben Ewigkeit, aus dem Labor zurückbekommen hatte. Er legte ihn auf die Kommode.
»Was ist das?«
»Ein Brief. Ich habe ihn für Fiona untersuchen lassen.«
Courtney ging zur Kommode und nahm den Brief in die Hand. Durch die Plastikhülle las sie ihn und wurde blass.
»Es waren keine brauchbaren Fingerabdrücke darauf, aber ich habe anhand des Poststempels ein paar Nachforschungen angestellt. Der Brief stammt vermutlich von einem ihrer großen Fälle – einem Serienvergewaltiger, der im Bezirksgefängnis von L.A. einsitzt. Die Familie dieses Musterknaben lebt in der Nähe von Dallas, und dort ist der Brief abgeschickt worden.«
»Wie nett, ein Serienvergewaltiger. Das letzte Mal waren es ein paar Gangmitglieder.« Sie ließ den Brief auf die Kommode fallen und verschränkte die Arme. »Wissen Sie, dass sie sämtliche Wurzeln gekappt und mehr als zweitausend Kilometer weit weggezogen ist, um Drohungen dieser Art zu entkommen?«
»Ja.«
»Jetzt wundert es mich nicht mehr, dass sie die ganze Zeit so gestresst ist. Sie muss sich wirklich mal entspannen. Warum lasst ihr sie nicht endlich in Ruhe?«
»Ich wünschte, das ginge«, sagte er mit ernster Stimme. »Aber das Verbrechen ruht leider auch nicht, und sie ist einfach die Beste, die wir haben.«
Jack klappte seine Brieftasche auf und nahm drei Zwanziger heraus, um das Benzin und den Energydrink zu bezahlen. Der pickelgesichtige Junge an der Kasse starrte ihn an, als hätte er noch nie jemanden in einem Anzug gesehen.
Jack langte in seine Jacketttasche und holte eine Kopie von Fionas Zeichnung heraus, ohne die er das Haus nicht mehr verließ.
»Kommt dir der Mann bekannt vor?«
Der Junge warf einen Blick auf das Blatt und zuckte die Achseln.
»Ist das ein Ja oder ein Nein?«
Er kaute eine Weile auf seinem Kaugummi, dann schüttelte er den Kopf. »Nö, kenn ich nicht.«
Jack steckte das Wechselgeld ein. Dann bemerkte er die Pinnwand hinter der Theke, an der ein paar Handzettel für Flohmärkte und Raftingtouren warben. Jack schob dem Jungen die Zeichnung zu. Er hatte einen ganzen Stapel davon im Auto.
»Wärst du so nett, das aufzuhängen?«
Der Junge sah auf das hässliche Gesicht. »Da muss ich erst den Geschäftsführer fragen. Er ist hinten.«
Jack sah auf die Uhr. Wenn er nicht bald wieder auf der Straße wäre, würde er zu spät in Austin ankommen. Aber diese Tankstelle befand sich an einer vielbefahrenen Kreuzung,
und es war gut, wenn das Phantombild hier aufgehängt wurde.
Sein Handy klingelte. Fiona. Er zog eine alte
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