Der sanfte Kuss des Todes
hältst du von Tizianrot?«
Ein typisches Ausweichmanöver. »Courtney? Willst du etwa hier einziehen?«
Sie zuckte nur die Achseln, ohne den Blick vom Spiegel zu wenden.
»Bitte sag jetzt nicht, dass sie dich rausgeschmissen haben.«
Ihre Schwester drehte sich zu ihr um und stemmte eine Hand in die Hüfte, als wäre das eine völlig abwegige Idee. »Mein Gott, du musst aus allem immer ein Drama machen.«
Fiona biss sich so fest auf die Lippen, dass es wehtat. Sie ging zum Bad und entdeckte drei zusammenpassende Kosmetiktaschen auf dem Klodeckel. Courtney hatte vor, länger zu bleiben.
Fiona atmete tief durch, um sich zu beruhigen, aber es nützte nicht das Geringste. »Was ist passiert?«
Ihre Schwester beugte sich näher zum Spiegel und begann Wimperntusche aufzutragen. »Die bescheuerten Gaswerke. Die haben mir die Heizung abgedreht. Kannst du dir das vorstellen? Mitten im Winter.«
Fiona konnte es sich sehr gut vorstellen. Wahrscheinlich hatte sie monatelang ihre Rechnungen nicht bezahlt.
»Aber es ist nur für ein paar Tage. Nur bis die schlimmste Kälte vorbei ist.« Courtney öffnete eine Schublade und nahm ein Paar Ohrringe heraus. »Hey, kann ich mir die ausleihen? Ich bin mit David zum Brunch verabredet.«
»Wer ist David?«
Courtney nahm ihre goldenen Kreolen ab und befestigte stattdessen Fionas Perlenstecker an ihren Ohren. »Du hast ihn neulich kennengelernt. Der Anwalt aus Dallas.«
»Er ist Anwalt?« Fiona rief sich das Bild dieses Schönlings in Lederjacke aus dem Continental Club ins Gedächtnis. Das einzige Anwaltliche an ihm war die goldene Rolex gewesen, die Fiona für eine Fälschung gehalten hatte.
»Seine Konferenz endet heute Vormittag. Wir sind zum Brunch im Randolph Hotel verabredet.«
»Im Randolph.« Nicht gerade Courtneys gewohntes Jagdrevier.
Sie fegte an Fiona vorbei in den Schlafbereich des Lofts.
»Hättest du vielleicht irgendetwas Konservatives für mich? Ein Twinset oder so was?«
Fiona sah ihrer Schwester zu, wie sie in ihrem Schrank herumkramte. Sie zog die schwarze Satinbluse aus und streifte stattdessen eine graue Kaschmirstrickjacke über.
Fionas Blick fiel auf das zerwühlte Bett, und sie zuckte innerlich zusammen. »Hast du ihn heute Nacht etwa mit hierhergebracht?«
»Nein. Er musste sich nach dem Essen noch mit einen Mandanten treffen.« Courtney knöpfte die Strickjacke zu und ließ dabei zwei Knöpfe mehr offen, als Fiona es getan hätte. Jeder Mann, der nicht völlig erblindet war, würde die rote Spitze bemerken, die zwischen Courtneys Brüsten hervorblitzte. Sie hob ihren schwarzen Minirock vom Boden auf und zog ihn über die Hüften. Dann ging sie an Fiona vorbei in den Wohnbereich.
»Hast du meine Schuhe gesehen?« Sie hob die Decke hoch und warf sie auf einen Stuhl. Nachdem sie ein Paar schwarze Stöckelschuhe unter dem Couchtisch hervorgezogen hatte, wandte sie sich Fiona zu.
»Ich weiß, dass du sauer bist«, sagte sie. »Aber es ist nur für ein paar Tage, versprochen.«
Fiona sah mindestens eine Woche Chaos und Unruhe vor sich. Sie musste vor der Eröffnung ihrer Ausstellung noch drei Bilder fertig machen. Und sie würde unmöglich die Konzentration finden, die sie zum Malen brauchte, wenn Courtney ständig durch die Wohnung trampelte.
»Drei Tage«, sagte sie entschlossen. »Und nicht einen Tag länger.«
Courtney bedachte sie mit einem strahlenden Lächeln und fiel ihr um den Hals. »Danke. Du wirst gar nicht merken, dass ich hier bin, das schwöre ich dir.«
Fiona sah ihrer Schwester über die Schulter und zählte die Bierflaschen auf dem Couchtisch.
»Wer war letzte Nacht noch hier?«
Courtney trat einen Schritt zurück und drehte sich um, um ihrem Blick auszuweichen. »Hast du meine Handtasche gesehen?« Sie stöckelte durchs Zimmer und zeigte ihre langen Beine, die in den Bars Männer wie David magisch anzogen. »Gerade war sie noch da. Ich habe sie doch gesehen …«
»Courtney?«
Sie ging in die Küche und sah Fiona über die Theke hinweg an. »Aaron war kurz hier.«
»Courtney!«
Sie verdrehte die Augen. »Was hätte ich denn tun sollen? Ihn rauswerfen?«
»Ja! Genau das hättest du tun sollen!«
»Ich habe es ja versucht. Aber er ist ziemlich hartnäckig. Er sagt, dass er dich vermisst und dass er sich bei dir entschuldigen will.«
»Wie konntest du ihn überhaupt reinlassen!«
»Hab ich doch gar nicht. Er hat immer noch einen Schlüssel.«
Fionas Handy klingelte, und sie holte es aus ihrer Handtasche. Die Nummer
Weitere Kostenlose Bücher