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Der sanfte Kuss des Todes

Titel: Der sanfte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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hispanische Mädchen abgesehen hatte, dann handelte es sich nicht allein um Sexualverbrechen, davon war Jack überzeugt. Sie hatten es mit etwas Komplexerem zu tun. Und was immer es sein mochte, er war sich sicher, dass die Folgen Auswirkungen auf seine kleine Welt haben würden.
    Als ob das nicht schon jetzt der Fall wäre.
    Jack rieb sich die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. Die Idee, bei Lorraine eine Mittagspause einzulegen, hatte er sich bereits vor Stunden aus dem Kopf geschlagen. Ihn erwartete im Höchstfall irgendetwas aus dem Automaten, um ihm einen kleinen Energieschub zu liefern, bevor er sich an den Berg von unerledigtem Papierkram machte, der ihm den Nachmittag versüßen würde. In der vergangenen Woche hatte er praktisch alles liegen lassen, was nichts mit dem Fall der unbekannten Toten zu tun hatte.
    »Da draußen ist Edna Goldby. Sie will sich beim Polizeichef persönlich beschweren.«
    Jack blickte auf und sah seine jüngste Polizistin, frisch von der Polizeiakademie in San Angelo, in der Tür stehen.
    Ihre Uniform war frisch gebügelt, und auch sonst sah sie mustergültig aus. Frisur nach Vorschrift. Auf Hochglanz polierte schwarze Schuhe. Offenbar hatte sie beim Grundlehrgang für Cops aufgepasst, dafür hatte sie die Lektion über die Pflichten des Beamten am Empfang versäumt.
    »Erledigen Sie das, Sharon«, sagte er gereizt. »Wahrscheinlich geht es wieder um ihren Nachbarn. Sein Weimaraner fällt dauernd über ihre Hühner her.«
    »Ich habe aber schon gesagt, dass Sie da sind.«
    »Sagen Sie ihr, dass ich telefoniere«, erwiderte Jack. »Hat Lowell endlich die Liste von der Jagd- und Fischereibehörde beschafft? Er sollte sie mir gestern bringen.«
    »Meinen Sie die Aufstellung über die Inhaber von Jagdscheinen? Die liegt in Ihrem Eingangskorb.«
    Jack wühlte in seiner Ablage und fand die Liste unter den Akten zu ein paar liegengebliebenen Fällen. Der Stapel war mindestens zwei Zentimeter dick. Er seufzte.
    »Und … was ist jetzt mit Mrs. Goldby?«
    Jack hob den Kopf. »Nehmen Sie ihre Meldung auf. Dann statten Sie dem Nachbarn am Ende Ihrer Streife einen Besuch ab.« Vielleicht würde ein bisschen Laufarbeit Sharon lehren, wie man Prioritäten setzte.
    Jacks Telefon läutete, und er griff dankbar nach dem Hörer. Er entließ Sharon mit einem Nicken.
    »Bowman.«
    »J. B., hier ist Mary Ellen, ich rufe aus der Schule an.«
    Jack lächelte. Die Direktorin der Grundschule von Graingerville war einer der wenigen Menschen, von denen Jack sich gern J. B. nennen ließ. Das hatte wahrscheinlich damit zu tun, dass sie ihm vor zwanzig Jahren auf dem Rücksitz des Chevy Suburban ihres Vaters ihre Unschuld geopfert hatte.
    »Was kann ich für dich tun, Süße?«

    Mary Ellen war verheiratet, was sie beide aber nicht daran hinderte, miteinander zu flirten, wenn sie sich ab und an über den Weg liefen.
    »Vor meinem Büro sitzt ein Junge aus der vierten Klasse. Seine Lehrerin brachte ihn kurz nach Schulschluss her.«
    Scheiße, was kam als Nächstes? Rief man ihn jetzt schon, um Streitereien auf dem Schulhof beizulegen? Nachdem er jahrelang Leichen von den Straßen von Houston geklaubt hatte, fand er die Anforderungen, die die Polizeiarbeit in einer Kleinstadt stellte, wirklich etwas seltsam.
    »Sein Name ist Brady Cox«, fuhr Mary Ellen fort, »und ich fürchte, er steckt in Schwierigkeiten.«
    Jack runzelte die Stirn. Mary Ellens Stimme klang überhaupt nicht heiter wie sonst. »Was ist los?«
    »Ich hoffe, das kannst du mir sagen. Hier vor mir auf dem Schreibtisch liegt eine Zeichnung von ihm. Mit Buntstiften gemalt. Sie ist ziemlich gut. Genau genommen bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie alt er ist.«
    »Mary Ellen …«
    »Es ist eine nackte Frau, J. B. Sie trägt grüne Handfesseln und liegt auf einer Wiese. Willst du herkommen und sie dir ansehen?«

KAPITEL 6
    Offenbar war sie zu Hause.
    Jack klopfte zum zweiten Mal an Fionas Tür, allerdings bezweifelte er, dass sie ihn bei der lauten Musik hören
konnte. Er wusste zwar nicht, welchen Musikgeschmack er von ihr erwartet hatte, aber Hip-Hop auf jeden Fall nicht.
    Er sah auf seine Uhr und stieß einen Fluch aus. Dann drehte er versuchsweise am Türgriff und stellte erstaunt fest, dass nicht abgeschlossen war.
    »Hallo?«
    Er betrat die Diele und sah sich in der unaufgeräumten Wohnung nach einem Zeichen von Fiona und der mit voller Lautstärke laufenden Stereoanlage um. Ein offenes Loft, stellte er fest, mit hohen Decken,

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