Der sanfte Kuss des Todes
Mal nicht wie eine Steueranwältin. Eher wie eine Star-Verteidigerin. Sie stöckelte in einem dunkelbraunen Kostüm und schwarzen Pumps auf sie zu. Der Rock war kurz genug, um zwei sehr
schöne Beine sehen zu lassen, die Jack bislang nur in seiner Fantasie kannte.
Sie nickte ihnen zur Begrüßung zu. »Noch kein Fernsehen da«, sagte sie und warf Jack einen besorgten Blick zu. »Du hast die Sender doch angerufen, oder?«
»Ja.«
Jack schickte die anderen hinein, damit sie dafür sorgten, dass alles bereit war. Er wollte eine Minute allein mit Fiona sprechen.
»Du bist enttäuscht«, stellte sie fest.
»Da muss irgendetwas anderes passiert sein. Es müssten viel mehr Leute hier sein als die paar müden Gestalten.« Er sah sich erneut um und entdeckte in der Ferne einen weißen Transporter, der im Schneckentempo die Main Street entlangfuhr. Als er näher kam, konnte Jack das Logo des CBS-Senders aus San Antonio erkennen. Der Transporter hielt, und Jack sah eine blonde Frau herausklettern. Sie trug einen todschicken Hosenanzug, dessen knalliges Rot an diesem trüben, grauen Tag besonders ins Auge stach. Jack kannte sie nicht.
»Wenigstens eine«, sagte Fiona.
»Sie haben die zweite Riege geschickt. Wir sind nicht der Aufmacher.«
Die Frau richtete sich vor dem Seitenspiegel des Transporters die Haare, während der Kameramann seine Gerätschaften auslud.
»Ihr habt hier wohl keinen Polizeisprecher?«, fragte Fiona.
»Du stehst vor ihm.«
»Dann weißt du ja, wie es läuft, oder? Es ist deine Entscheidung, welche Informationen du weitergibst und welche nicht. Ich werde nichts zu dem Fall sagen. Ich stehe neben der Staffelei und werde mich nur äußern, wenn jemand
eine Frage stellt, die sich unmittelbar auf das Phantombild bezieht.«
»Das ist mir recht.« Jack gab die Fäden nur ungern aus der Hand. Die Medien konnten eine Hilfe darstellen, sie konnten die Ermittlungen aber auch behindern, wenn man nicht aufpasste. »Ich habe die anderen schon angewiesen, den Mund zu halten.«
»Dass nicht mehr Presseleute gekommen sind, ist ziemlich ärgerlich.«
Jack sah sie an und bemerkte die Sorgenfalte zwischen ihren Augenbrauen. »Dafür kannst du doch nichts«, sagte er. »Du hast getan, was du konntest.«
»Deswegen bin ich ja auch gekommen.«
War das der einzige Grund? Er hoffte, sie überreden zu können, über Nacht zu bleiben, auch wenn ihre Zusammenarbeit mit Beendigung der Pressekonferenz offiziell eigentlich abgeschlossen war.
Aus dem Augenwinkel sah er, dass die Fernsehleute auf sie zukamen, und er wusste, dass er gleich mit Fragen bombardiert werden würde. Aber er konnte seinen Blick nicht von Fiona wenden. Sie hatte Make-up aufgelegt – nicht viel, aber genug, um ihre Augen und ihre Lippen zu betonen. Sie sah wunderschön aus. Und sie roch gut. Sie streckte ihre Hand aus und strich ihm übers Ohrläppchen, sein Herz machte einen Sprung.
»Rasierschaum«, flüsterte sie und lächelte.
»Chief Bowman, stimmt es, dass Sie eine heiße Spur in Ihrem Mordfall haben? Haben Sie das Opfer endlich identifiziert?«
»Diese und weitere Fragen werde ich Ihnen gerne im Sitzungssaal beantworten. Gehen Sie doch bitte voraus.«
Jack drehte sich zu Fiona um, aber sie war bereits weg.
KAPITEL 8
Fiona hatte schon genügend Pressekonferenzen erlebt, um zu wissen, dass die heutige ein Reinfall gewesen war. Nur eine Handvoll Journalisten war aufgetaucht, und von denen kamen die meisten auch noch von irgendwelchen Lokalblättchen, die einmal wöchentlich erschienen. Aber noch schlimmer war, dass kaum Fernsehleute da gewesen waren. Lediglich CBS hatte darüber berichtet, allerdings auch nur mit einer Kurzmeldung am Ende der Nachrichten.
Sie verfolgte sie von ihrem gemütlichen Platz aus am Fernseher, der über der Bar hing. Sie hatte schlussendlich dem Knurren ihres Magens nachgegeben und war ins Becker’s gegangen, um etwas zu essen, bevor sie sich auf den Rückweg nach Austin machte.
»Bitte schön«, sagte die Kellnerin und stellte ein Glas Eistee vor sie auf den Tisch. »Der Cheeseburger kommt gleich.«
Fiona dankte ihr und warf dem Mann, der an der Bar saß, einen kurzen Blick zu. Er hatte seine Baseballkappe mit dem grünen Tarnmuster tief ins Gesicht gezogen und beobachtete sie schon seit geraumer Zeit. Vielleicht sollte sie der Kellnerin sagen, dass sie ihr den Cheeseburger einpacken sollte. Sie senkte den Blick und gab Süßstoff und Zitronensaft in den Eistee.
»Sie sind ja echt berühmt.«
Sie hob die
Weitere Kostenlose Bücher