Der sanfte Kuss des Todes
der Sheriff gesagt.«
»Das stimmt.«
Fionas Blick wanderte zwischen den beiden Ermittlern hin und her, und Jack sah, dass sie den richtigen Schluss zog. »Dieser Abdruck müsste eigentlich in der Datenbank der Führerscheinstelle erfasst sein«, sagte sie. »Wenn dieser Mann einen in Texas ausgestellten Führerschein hat, dann müssten sie etwas über ihn haben.«
»Sollte man annehmen«, sagte Jack. »Aber vielleicht stammt er aus einem anderen Bundesstaat – was ich persönlich allerdings nicht glaube -, oder er hat sich nie der Mühe unterzogen, den Führerschein zu machen. Ich tippe auf Letzteres.«
Santos beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Klingt, als hätten Sie eine Theorie. Würden Sie mich einweihen?«
Jack sah ihn einen Moment lang schweigend an. Er hatte erwartet, dass er Santos nicht leiden konnte, aber so weit schien er in Ordnung zu sein. Er bat die örtlichen Behörden um Hilfe, was Jack gut fand, und stolzierte nicht mit einem aufgeblasenen Ego durch die Gegend. Jack wartete
immer noch darauf, dass er irgendwelches Psychogewäsch von sich gab.
»Ich denke, er ist von hier«, sagte Jack. »Aus mehreren Gründen, von denen die meisten mit einem ungelösten Vergewaltigungsfall zu tun haben, der mehr als zehn Jahre zurückliegt.«
»Maria Luz Arrellando.« Santos nickte. »Ich habe den Bericht gelesen. Und Sie glauben, dass da ein Zusammenhang besteht? Wegen der Vorgehensweise? Der Schnur?«
»Das und noch ein paar andere Dinge. Die Opfer.«
Santos legte den Kopf zur Seite und hörte ihm interessiert zu, jedenfalls machte es den Eindruck. Jack fand das einigermaßen bemerkenswert, weil er wusste, dass sich Randy und sein Schwiegervater in letzter Zeit sehr viel Mühe gegeben hatten, um den Polizeichef von Graingerville zum Idioten zu stempeln. Sie wollten nicht, dass Jack ihnen die Publicity stahl.
»Ich glaube, wir haben es mit einem Einzelgänger zu tun«, fuhr Jack fort. »Ein weißer Rassist, der auf den Staat pfeift. Der Typ stellt sich nicht in einer Schlange an und bezahlt dafür, dass man ihm die Fingerabdrücke abnimmt und einen Führerschein ausstellt, damit er in seinem Auto herumfahren kann – weil er das nämlich für sein gottgegebenes Recht hält. Ich glaube, er ist von hier, weil er sich mit den Örtlichkeiten und den Straßen auskennt. Ich glaube, er weiß genau, wo er seine Opfer findet und wo er sie wie hinbringen muss, damit ihn keiner sieht. Allerdings muss er ein Eremit sein, sonst hätte ihn inzwischen jemand anhand von Fionas Zeichnung erkannt. Die Zeichnung ist gut. Fiona ist die Beste in ihrem Fach.«
Fiona warf ihm einen Blick zu, seine Hochschätzung verwirrte sie offenbar.
»Da stimme ich Ihnen zu«, sagte Santos und sah Fiona an. »Ihre Zeichnungen stimmen immer bis ins letzte Detail.«
Sie senkte den Blick, so viel Lob war ihr sichtlich unangenehm. Jack begriff nicht, warum eine Frau mit ihrer Begabung so bescheiden war.
»Ich glaube, dass er sich seine Opfer sorgfältig aussucht und dass er sie vorher eine Weile verfolgt.« Jack beobachtete Fionas Reaktion. Falls seine Worte ihr Angst machten, ließ sie es sich nicht anmerken. »Sobald er seine Entscheidung getroffen hat, aus welchen Gründen auch immer, legt er sich wahrscheinlich auf die Lauer, so wie er es bei Maria Luz gemacht haben muss. Oder er wendet irgendeinen Trick an, wie die Reifenpanne, um sein Opfer in eine hilfsbedürftige Lage zu bringen. Falls wir jemals Natalies Auto finden, werden wir vermutlich auch Anhaltspunkte dafür finden, dass irgendetwas damit nicht stimmte.«
Santos nickte. »Sie glauben also, er ist clever und geht nach Plan vor.«
»Sie nicht?«
»Die Hinweise scheinen in diese Richtung zu deuten. Und er benutzt nicht das Auto seines Opfers, so viel wissen wir. Ein Hyundai Elantra, richtig? Das passt nicht zu den Reifenspuren an den Leichenfundorten.«
»Stimmt«, sagte Jack. »Ich glaube, dass er einen eigenen Wagen hat. Möglicherweise mehr als einen. Wahrscheinlich operiert er von einem oder sogar mehreren Standorten aus. Und ich glaube, dass er es immer weiter treiben wird. Meiner Meinung nach ist es kein Zufall, dass er sich die Tochter eines Politikers ausgesucht hat, eine Latina. Ich glaube, das ist Teil seiner Botschaft. Nur das Wetter bereitet mir Kopfzerbrechen.«
»Das Wetter?«, fragte Santos.
»Alle Opfer verschwanden an einem besonders kalten Tag. Temperaturen von bis zu minus zehn Grad.«
Agent Santos nickte, und Jack verspürte
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