Der Sarg: Psychothriller
Schreibtischplatte ruhte ebenso wie die beiden bequem aussehenden Lederstühle davor auf Chromgestellen. Bis auf einen breiten Computermonitor und einige Schreibutensilien war der Schreibtisch leer. Es sah aus, als sei der Besitzer gerade im Urlaub. Der hohe Chefsessel dahinter wirkte mit seinem samten aussehenden Leder edel und teuer. Ein riesiges Gemälde, das nur einen schwarzen Punkt von der Größe eines Fußballs auf einer blauen Fläche zeigte, beherrschte die Wand dahinter. Nicht zum ersten Mal fragte Menkhoff sich, welche Art von Kunstverständnis man haben musste, um so etwas schön zu finden. Rechts neben dem Schreibtisch standen an der Wand drei weitere der Lederstühle, allerdings ohne Armlehnen, und Jörg Wiebking bedeutete ihnen, darauf Platz zu nehmen. Er wartete, bis sie saßen, und ließ sich dann ihnen gegenüber nieder. »Ja, also, Sie hatten ja angekündigt, dass Sie noch mit mir sprechen wollten, aber wie schon gesagt, so schnell habe ich nicht mit Ihnen gerechnet.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Leider habe ich schon in zwanzig Minuten ein wichtiges Meeting, und ich muss mich noch …«
»Wir machen es kurz, Herr Wiebking«, unterbrach Menkhoff ihn. »Wir haben nur ein paar Fragen. Für den Moment. Beginnen wir doch damit, wann Sie Inge Glöckner zum letzten Mal gesehen haben. Sie sagten, das sei eine Zeitlang her. Wann genau war das?«
Wiebking schürzte die Lippen. »Ich glaube, vor drei Wochen etwa.«
»Oder vielleicht vorletzte Woche?«, fragte Reithöfer.
»Vorletzte Woche … ja, doch, stimmt, Sie haben recht. Es war vorletzte Woche. Wenn ich mir vorstelle, dass es das letzte Mal war, und dass sie jetzt … schreckliche Geschichte.«
»Ja, das finden wir auch. Was war der Grund für Ihr Treffen mit Frau Glöckner?«
»Der Grund? Ach, nur so. Wir kannten uns und haben uns ab und an gesehen. Wie man sich eben so trifft unter Bekannten. Ich war zufällig in der Nähe und habe Hallo gesagt. Wir haben ein Glas zusammen getrunken, ein wenig geplaudert, und das war’s.«
Menkhoff sah Reithöfer an, und zwar so demonstrativ, dass Wiebking es bemerken musste. Dann wandte er sich wieder an den Ingenieur. »Also eine rein private Bekanntschaft?«
»Ja. Mein Gott, genau wie Eva kenne ich Inge schon ewig. Nach ihrer Hochzeit haben wir uns zwar nicht mehr oft, aber doch hin und wieder noch gesehen. Ich kaufe ab und zu in ihrer Boutique ein.«
»Wie ist ihr Verhältnis zu Eva Rossbach?«
»Eva … sie ist genau genommen meine Chefin, auch, wenn mein Vater die Geschäfte führt. Und ich mag sie.«
»Weiß sie von Ihrer … Bekanntschaft mit Inge Glöckner?«
Die Frage war ihm unangenehm, das konnte Menkhoff deutlich an Wiebkings Gesicht ablesen.
»Ich glaube nicht, also, ich denke, sie weiß nichts davon. Die beiden haben sich nicht besonders verstanden, wie Ihnen ja bekannt ist, und wenn Eva davon wüsste, wäre sie mit Sicherheit sauer. Wie gesagt, ich habe Inge nur ab und zu gesehen, zu wenig, um mein freundschaftliches Verhältnis zu Eva damit zu belasten, verstehen Sie? Eva ist so … ich meine, sie war so besessen von ihrem Hass auf Inge, sie hätte das nicht verstanden und es mir übelgenommen. Das wollte ich nicht. Andererseits habe ich auch nicht eingesehen, warum ich keinen Kontakt zu Inge haben sollte, immerhin kannte ich sie genauso lange wie Eva. Ich wollte mich einfach Eva gegenüber nicht dafür rechtfertigen müssen.« Er machte eine Pause und schüttelte den Kopf. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass Inge tot ist.«
»Ja. Was sagt Ihr Vater dazu?«
»Wozu?«
»Zu Ihrem Kontakt zu Inge Glöckner.«
Wiebking senkte den Blick. »Er weiß auch nichts davon.« Seine Stimme war bedeutend leiser geworden.
Reithöfer sah von ihren Notizen auf. »Sie wollten wahrscheinlich auch die Diskussion mit ihm vermeiden, nehme ich an.«
»Ehm, ja, das kann man so sagen. Mein Vater ist …« Er schien nach Worten zu suchen, und sie nicht zu finden. »Dominant?«, schlug Reithöfer vor, woraufhin er nickte. »Ja, er ist sehr dominant. Er ist Eva gegenüber zu einhundert Prozent loyal, und dazu gehört es für ihn offensichtlich auch, vollkommen unreflektiert die Menschen nicht zu mögen, die Eva Rossbach nicht mag.«
»Verstehe«, sagte Reithöfer. »Was halten Sie von Inge Glöckners Mann?«, schaltete sich Menkhoff wieder ein, woraufhin Wiebking den Mund verzog. »Ich mag ihn nicht, er ist ein Schnösel, der sich an Inge drangehängt hat, weil sie sehr
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