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Der Sarg: Psychothriller

Der Sarg: Psychothriller

Titel: Der Sarg: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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War es überhaupt ein Traum gewesen? Es war ihr so real vorgekommen. Andererseits, wenn sie in der einen Sekunde kurz vor dem Ersticken war, und in der nächsten in ihrem Wohnzimmer saß, müsste sie dann nicht zumindest außer Atem sein? Also musste es doch ein Traum … ihr Slip. Evas Herzschlag beschleunigte sich rasant. Sie hatte in diesem Sarg einen Stofffetzen … Sie sah an sich herab und stellte fest, dass sie Jeans trug. Natürlich, warum sollte sie auch am helllichten Tag im Slip im Wohnzimmer sitzen? Sie sprang auf und öffnete mit einer hastigen Bewegung die Knöpfe, streifte den Hosenbund über die Hüften und suchte in ihrem Slip nach dem Stück Stoff. Als sie es nicht finden konnte, obwohl sie alles abgetastet hatte, ließ sie sich auf die Couch fallen und zerrte die Jeans über ihre Beine und Füße. Sie hörte sich selbst dabei aufstöhnen, ignorierte es aber. Danach entledigte sie sich ihres Slips, den sie sofort eingehend untersuchte. Nichts. Als sie auch auf der Innenseite ihrer Jeans nichts fand, stand sie auf und suchte die Couch und den Boden um sich herum ab. Nach einigen Minuten gab sie schließlich auf und war sicher: Es gab keinen Stofffetzen. Alles war also tatsächlich nur ein Traum gewesen. Gut nur, dass sie auf die Idee mit dem Stück Stoff gekommen war und es jetzt auch noch wusste. Sie hatte zwar noch immer keine Ahnung, wieso ihr die Hände und Füße so weh taten, aber der Test mit dem Stoff hatte es bewiesen: Der Sarg war ein Traum. Nur ein böser, schlimmer Traum. Eva horchte in sich hinein und versuchte herauszufinden, ob sie über diese Erkenntnis erleichtert oder besorgt war. Sie betrachtete ihre Hände. Die Knöchel waren stark gerötet, an einer Stelle am Handrücken schien sich ein blauer Fleck zu bilden. Wie war das möglich? Aber sie wollte in diesem Moment nicht weiter darüber nachdenken. Sie war also nicht vollkommen durchgedreht, nein, sie träumte einfach nur sehr realistisch und intensiv. Sie stand auf und ging in die Küche, um sich die Coolpacks aus dem Kühlschrank zu holen, mit denen sie ihren geschundenen Händen etwas Gutes tun wollte. Als sie die Kühlschranktür öffnete, kam ihr die Milchflasche entgegen, die sie offensichtlich nicht richtig hineingestellt hatte. Sie stieß ein überraschtes »Hach« aus und bekam die Flasche gerade noch zu fassen, bevor sie zu Boden fallen konnte. Dieses »Hach« verursachte ihr einen unangenehmen Schmerz am Mund, den sie sich nicht erklären konnte. Sie stellte die Flasche in den Kühlschrank zurück und tastete mit den Fingerspitzen vorsichtig über ihre Lippen. Ihre Oberlippe fühlte sich seltsam an, knubbelig, uneben, fremd. Zudem tat die Berührung weh. Eva drückte die Kühlschranktür zu und ging mit schnellen Schritten ins Badezimmer, vor den Spiegel, sah hinein … und stieß einen entsetzten Schrei aus. Wie erstarrt stand sie vor dem Spiegel, bis sie es endlich schaffte, die Hand zu heben und vorsichtig mit den Fingerspitzen über die dick angeschwollene, blutverkrustete Oberlippe zu streichen.
    Eva dachte an ihre Hand, die einen Stofffetzen im Inneren des Sargs abriss, die zurückschnellte und gegen ihren Mund schlug, an den Schmerz, den sie dabei empfunden und an das Blut, das sie geschmeckt hatte. Konnte man in einem Traum überhaupt Schmerz empfinden? Einen Geschmack zuordnen? Ging das? Die geröteten, pochenden Stellen an ihren Händen und Füßen waren eine Sache, die konnte sie sich zugefügt haben, als sie im Traum um sich geschlagen hatte. Aber eine aufgeplatzte Oberlippe? Verursacht durch einen heftigen Schlag, an den man sich ganz genau erinnern konnte? Noch immer strichen ihre Fingerspitzen über die Lippe, als müssten sie sich wieder und wieder davon überzeugen, dass das, was sie sah, der Wahrheit entsprach. Sie bemerkte, dass ihre Finger zu zittern begannen, und ließ sie sinken. Was war nur mit ihr los? Wurde sie am Ende wirklich langsam verrückt? War etwas, das vielleicht ihr ganzes Leben lang schon in ihr geschlummert hatte, nun ausgebrochen?
    Sie bekam Angst, zitterte plötzlich am ganzen Körper und schaffte es gerade noch, sich auf den Rand der Badewanne sinken zu lassen, bevor ihr die Beine den Dienst versagen konnten.
    Sie hatte eine Verletzung, hier und jetzt, die sie sich selbst zugefügt hatte, in einem vermeintlichen Albtraum, eingeschlossen in einen Sarg. Also doch kein Traum? Was aber war dann mit dem Stück Stoff, das sie sich extra in den Slip gesteckt hatte? Es hätte da sein

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