Der Sauerteig - das unbekannte Wesen
ist.
Zur Lockerung werden etwa 200 bis 250 Gramm Weizensauerteig anstelle eines Würfels Presshefe/zwei Päckchen Trockenhefe verwendet. Die Umrechnung «Heferezepte auf Sauerteigrezepte» ist recht einfach:
Anstelle der Hefe geben wir auf 500 g Mehl etwa 150-250 Gramm reifen Weizensauerteig. Gleichzeitig reduzieren wir das Rezept um 70-100 Gramm Mehl und 70-150 Milliliter Flüssigkeit (doch Gramm hin oder her, die tatsächlich benötigte Flüssigkeit ergibt sich beim Kneten).
Weizensauerteig wird hauptsächlich eingesetzt bei Weizenmischbroten, Weißbroten, Brötchen und anderem Kleingebäck bis hin zu Kuchen und Muffins.
Der Exotische: Gerstensauerteig
Sehr exotisch und heute ungebräuchlich ist der Gerstensauerteig. Aber unsere Vorfahren haben Jahrhunderte lang nur Gerstenfladen mit Gerstensauerteig gekannt.
Interessant ist, dass der Gerstensauerteig aus reinem Gerstenmehl ein wohlschmeckendes und lange sättigendes Brot hervorzaubern kann. Auch sind die als Nachteil angegebenen Begleiterscheinungen (bröselige Krume, schnelle Austrocknung) offensichtlich nicht so ausgeprägt.
Gerstensauerteig hat einen sehr nussigen, etwas herben Geschmack, der für manchen sicher ungewöhnlich ist und im Geruch an Bier erinnert.
Weitere Erkenntnisse werden sicher folgen – meine Backversuche laufen noch.
Die Geschenkten: Hermann, Robert und Co.
Mitte der 80er Jahre machten Hermann, Robert, Siegfried und Werner die Runde im Freundeskreis und an Arbeitsplätzen. Es waren Sauerteige, die im Gegensatz zu der sonst üblichen Art nicht erst bei Bedarf angesetzt wurden, sondern dauerhaft geführt wurden. Sie wurden von einem Haushalt zum anderen weitergegeben oder weitergeschenkt und erfüllten somit auch einen sozialen Zweck. Obwohl sie sehr beliebt waren, haben sie sich totgelaufen, weil irgendwann eben jeder bereits einen Hermann hatte. So schliefen sie mit der Zeit ein, um dann Mitte der 90er Jahre und ab etwa 2002 wieder erneut die Runde zu drehen. Teilweise mit geringfügigen Änderungen. Sie waren immer mit einem «Brief» ausgestattet, in dem ihre Pflege bis ins Kleinste festgelegt war.
Die dort beschriebenen Pflegeanweisungen sind manchmal nicht ganz nachvollziehbar. So wird behauptet, man dürfe keinen Metalllöffel zum Umrühren verwenden. Auch andere Unstimmigkeiten gibt es. Ich habe sie teils aus den Anleitungen entfernt, teils aber auch stehen lassen, wenn sie die Sauerteigpflege nicht weiter stören.
Hermann, Robert und Siegfried sind Weizensauerteige, die teilweise mit erheblichen Zuckermengen gefüttert und deswegen gerne für Kuchenteige verwendet werden. Siegfried und der Roggensauerteig Werner eignen sich für Brote und andere herzhafte Gebäcke (Pizzen etc.).
Prinzipiell lassen sich Hermann und Co. genauso wie die anderen Sauerteige verwenden, führen und backen. Auf genauere Rezepte gehe ich deswegen nicht ein. In der Rezeptsammlung kann man als Sauerteig immer auch Hermann, Robert, Siegfried und Werner verwenden.
Hermann:
Ansatz:
60 g Weizenmehl Type 550,
40 g Zucker,
100 g Magermilch,
30 g Buttermilch.
Mehl und Zucker in eine Schüssel mit Deckel geben und mit der Milch, einschließlich Buttermilch, zu einem glatten Teig schlagen.
Diesen Ansatz so lange in der Küche stehen lassen und jeden Tag einmal kräftig schlagen, bis der Teig zu gären beginnt. Das dauert ca. ein bis zwei Tage, je nach Temperatur. Sobald er Blasen wirft, kann der Teig in einer geschlossenen Schüssel in die kühle Speisekammer gestellt werden.
Anschließend wird er, wie im folgenden Hermannbrief beschrieben, gepflegt.
Hermannbrief:
Ich bin Hermann, das neue Familienmitglied für die Dauer von zehn Tagen oder länger! Wenn man mich pfleglich behandelt und regelmäßig füttert, schenke ich zwei Hermannkinder, die man weiterschenken oder mit denen man backen kann.
Mich kann man am Besten in Glas- oder Plastikschüsseln aufbewahren, denn sie sind wärmer als Schüsseln aus Metall. Am wohlsten fühle ich mich in der warmen Küche.
1. Tag:
Heute braucht man sich nicht um mich zu kümmern, wir müssen uns erst einmal an einander gewöhnen!
2. bis 4. Tag:
An diesen Tagen hätte ich gerne etwas Bewegung. Bitte einmal am Tag mit einem Holz- oder Plastiklöffel kräftig umrühren.
5. Tag:
Der Hunger zwickt, bitte füttere mich mit:
100 g Weizenmehl Type 550,
100 g Zucker und
180 ml Milch 3,5 %
(Um zu verhindern, dass ich mich
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