Der Schachspieler
vor sich auf dem Schreibtisch und begann das Material durchzuarbeiten. Obwohl es auf den Finanzmärkten wild auf und ab ging, erreichte Mr. Schmooze – zu dessen Kunden jede Menge Berühmtheiten und Oscar-, Grammy- und Emmy-gekrönte Filmstars zählten – eine gleichbleibend gute Performance. Ihre Zahlen mussten ganz einfach falsch sein, denn das war eine statistische Unmöglichkeit: Nur sieben Prozent von Mr. Schmoozes Monatsergebnissen waren negativ, bei fast ununterbrochenen Gewinnen, die im Schnitt zehn Prozent pro Jahr betrugen.
Elaine schüttelte den Kopf und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Sie hatte zu lange für den Schwachkopf gearbeitet: Wahrscheinlich steckte seine Dummheit an. Wenn sie Banning ihre Arbeit zeigte, würde er ihr ins Gesicht lachen und es ihr jedes Mal vorhalten, wenn sie ihn selbst bei einer Dummheit ertappte. Bestimmt hatte sie Mr. Schmoozes komplexe Split-Strike-Conversion-Strategie nicht richtig erfasst. Doch genau darin musste das Geheimnis – wenn es eines gab – verborgen liegen.
Ihr Telefon klingelte. Sie erkannte die New Yorker Vorwahl und nahm den Hörer ab. Was für ein Glücksfall: Mr. Schmooze persönlich. Er hatte es eilig und wollte sie nur schnell anrufen, bevor er zu einer »unerträglichen« Dinnerparty beim Vizegouverneur musste. Sie plauderten über die triste Situation der Finanzmärkte, bis Elaine sehr behutsam das Problem mit ihrer Modellrechnung ansprach.
»Ich habe mir schon gedacht, dass Sie deswegen angerufen hatten«, sagte Mr. Schmooze. »Schön wär’s, wenn wirklich nur sieben Prozent der Ergebnisse negativ wären, aber wir wissen beide, was das bedeuten würde … Und ich bin nicht Merlin der Zauberer. Nein, Elaine, der Prozentsatz liegt eher bei dreißig, und damit sind manche meiner Kunden gar nicht zufrieden.«
»Das habe ich mir schon gedacht«, antwortete Elaine. »Wenn man von falschen Annahmen ausgeht, kann nichts Richtiges rauskommen.«
»Wenn Sie Anfang nächster Woche nach New York kommen könnten, würde ich Sie gern zum Essen einladen und mit Ihnen über die Grundlagen unserer Arbeit sprechen – ganz allgemein natürlich. Es hat aber noch einen anderen Grund, warum ich anrufe«, hatte Mr. Schmooze hinzugefügt. »Paulette Glimski, eine meiner besten Mitarbeiterinnen, hat soeben Drillinge zur Welt gebracht, durch diese In-vitro-Geschichte, von der man heute so viel hört. Jedenfalls hat mir Paulette damit einen ziemlichen Schock versetzt, obwohl es natürlich abzusehen war. Sie hat gekündigt und gemeint, sie beschäftige sich ab jetzt lieber mit Windeln und Schnullern, deshalb sind wir zurzeit ein bisschen unterbesetzt. Also, falls Sie noch Interesse haben …«
Genüsslich stellte sie sich vor, wie sie Banning schocken und von einem Tag auf den anderen ihre Sachen packen würde. Sie wünschte sich, Steve wäre nicht in Colorado, aus mehr als einem Grund. Sie konnte es gar nicht erwarten, ihm heute Abend am Telefon alles zu erzählen. Sie hatte natürlich noch nicht zugesagt – es sollte nicht so aussehen, als wäre sie auf die Stelle angewiesen –, doch in Gedanken hatte sie den Jobwechsel bereits vollzogen. Mr. Schmooze hatte gemeint, dass sie nicht nach New York übersiedeln müsse, dass sie den Großteil der Arbeit auch von zu Hause erledigen könne, bis auf gelegentliche Termine oder Präsentationen, und auch das ließe sich zum Teil via Web-Konferenz bewerkstelligen. Elaine hatte ihre Entscheidung getroffen und würde nächste Woche einen Lebenslauf nach New York mitnehmen.
Sie verließ die Firma etwas früher und dachte darüber nach, was der neue Job für sie bedeuten würde. Die Arbeit von zu Hause aus war genau das Richtige für sie, weg von dem ganzen Irrsinn, der sie in der Firma umgab. Elaine brannte darauf, es Steve mitzuteilen. Er würde sich wahnsinnig für sie freuen, auch wenn er dann auf all die irrwitzigen Geschichten verzichten musste, für die Albert Banning den Stoff lieferte. Sie hatte sich in Gedanken schon ihre Kündigung zurechtgelegt: kurz und prägnant, mit einer Frist von zwei Wochen. Wahrscheinlich würde sie ihren Abgang am Ende doch eher versöhnlich gestalten: Man musste ja nicht gleich alle Brücken abbrechen, obwohl es ihr eine Riesengenugtuung bereiten würde, den Vollidioten hinter sich zu lassen. Zu Hause angekommen, tippte Elaine den Code in das Sicherheitssystem des Hauses ein, als sie feststellte, dass das System nicht richtig funktionierte.
»Wahrscheinlich defekt«, flüsterte
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