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Der Schachspieler

Der Schachspieler

Titel: Der Schachspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey B. Burton
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im Wohnzimmer um, ohne sich zu bewegen – die Klinge an der Kehle hielt ihn zurück. Ein Mann trat aus der Küche hervor, einen Apfel in der Hand balancierend, und schritt langsam an den Fenstern vorbei, sein Gesicht von der abendlichen Dunkelheit verborgen. Er biss in den Apfel und blickte einige Sekunden auf den Hudson hinaus, ehe er sich zu den überwältigten Hartzells umdrehte.
    »Ich hab’s geschafft, Ma!« Die Gestalt stand als dunkle Silhouette vor den Lichtern der Stadt. »Jetzt bin ich ganz oben!«
    »James Cagney in Sprung in den Tod «, antwortete der kahlköpfige Affe.
    »Ein Klassiker aus der goldenen Zeit«, sagte die Gestalt gelassen. »Ich wusste, dass du’s erkennst, Nick.«
    »Nehmen Sie sich, was Sie wollen«, sagte Hartzell in bemüht ruhigem Ton. Er überlegte fieberhaft, doch vor allem drängte sich der Gedanke auf, dass er für seine Machenschaften die Rechnung präsentiert bekam. »Wir können das regeln. Es gibt keinen Grund, dass jemand verletzt wird.«
    Die Gestalt biss erneut in den Apfel, kaute und schluckte. »Wissen Sie, Mr. Hartzell, eigentlich gibt es hundert Millionen Gründe, dass jemandem etwas passiert.«
    »Sie haben sich ganz schön in die Scheiße gesetzt, Hartzell«, verkündete der Affenmensch.
    »Solche Ausdrücke müssen nicht sein, St. Nick.« Die Schattengestalt trat vom Fenster ins Licht: rabenschwarzes Haar, grauer Anzug, mittelgroß und drahtig. Hartzell schätzte ihn auf Mitte dreißig. »Nicht in Anwesenheit einer hübschen Lady.«
    »Crenna?«, sagte Hartzell. Er hatte eine Hundert-Millionen-Dollar-Finanzspritze von Crenna seniors AlPenny Group erhalten. Mit dem Geld hatte er ältere Kunden zufriedengestellt, während er seine Immobilien verkaufte und die Erlöse auf verschiedene Konten in der Schweiz, auf den Caymans und andere wohlgesonnene Orte in der Karibik verteilte. Er und Lucy wollten diesen Freitag in den Flieger nach London steigen.
    »Sagen wir mal, wir haben Ihre Unterlagen erhalten und an bestimmte Buchprüfer weitergegeben, die für uns arbeiten.« Der Mann schüttelte den Kopf. »Da ruft mich einer mitten in der Nacht an und holt mich aus dem Bett. Es ist ziemlich dringend, also fahre ich sofort in die Stadt … Und sie zeigen mir dieses Fantasiegebilde , das Sie da ausgeheckt haben, und was glauben Sie, haben unsere Erbsenzähler vorne auf die Titelseite geschrieben?«
    Hartzell schwieg.
    »Sie haben ›WTF‹ ganz oben hingekritzelt.« Der Mann wandte sich Lucy zu. »Verzeihen Sie die unfeine Ausdrucksweise, schöne Lady, aber ich glaube, wir wissen alle, was ›WTF‹ bedeutet. Wissen Sie, diese Erbsenzähler sind sehr gewissenhafte Leute. Sie prüfen die Unterlagen mit der Lupe, sie lesen auch das Kleingedruckte, drehen jede Zahl dreimal um und stellen Analysen an, die ich Ihnen nicht annähernd erklären könnte. Und dieser Bericht, den Sie uns da vorgelegt haben, hat bei diesen gewissenhaften Leuten alle Alarmglocken läuten lassen. Und das hat uns drei bewogen – also St. Nick, mich und …«, er zeigte auf den Unbekannten, der Hartzell im Griff hatte, »besser für alle Beteiligten, wenn Sie den Namen unseres Topmitarbeiters nicht kennen … also, es hat uns drei bewogen, den nächsten Flieger in den Big Apple zu besteigen, und das nicht erster Klasse, also verzeihen Sie, wenn ich nicht in der allerbesten Laune bin. Jedenfalls stehe ich hier vor Ihnen, Mr. Hartzell, und frage Sie höchstpersönlich: WTF? What the fuck?!«
    Hartzell sprach langsam, sich der scharfen Klinge an seiner Kehle bewusst. Diese Sache musste behutsam angefasst werden. »Es tut mir leid, wenn Ihre Buchprüfer einen Fehler festgestellt haben. Ich setze mich gern mit Ihren Leuten an den Tisch und gehe alle Investments durch. Aber wenn ich ganz ehrlich bin«, Hartzell blickte zu Lucy hinüber, die tränenüberströmt am Boden festgehalten wurde, »ich glaube, dafür ist es zu spät. Erlauben Sie mir, Ihnen Ihr Geld in voller Höhe zurückzuzahlen.«
    »Was glaubt der Trottel, wer er ist?«, erwiderte der Affenmensch. »Ein verdammter Oberkellner, der mich besänftigen will, weil mir die Kellnerin Chilisoße aufs Hemd geschüttet hat?«
    »Natürlich werden wir unser Geld in voller Höhe zurückbekommen. Das versteht sich von selbst. Aber ganz ehrlich , Mr. Hartzell, ich glaube nicht, dass Sie den Ernst Ihrer Lage so richtig erfasst haben.« Der Mann trat ein paar Schritte zurück und wandte sich an den Muskelprotz, den er St. Nick nannte. »Wirf die hübsche Lady

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