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Der Schachspieler

Der Schachspieler

Titel: Der Schachspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey B. Burton
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Arbeitsauffassung, dass er nicht sofort den Abzug drückte. Er saß an seinem Laptop und testete noch einmal den Code, lächelte, verschlüsselte die Dateien, zippte sie, schrieb noch eine Nachricht an seine IT-Kontaktperson im St. Mary’s Hospital in Richmond, Virginia, und klickte auf Senden. Anschließend schickte Swann die E-Mail auch an die Projektmanagerin und ihr Team von Oracle-Programmierern sowie an die zwei Ärzte, deren außergewöhnlicher Weitblick das Projekt erst ermöglicht hatte. Er überließ nichts dem Zufall, denn sie mussten das Projekt ohne Dennis Swann zu Ende bringen.
    Swanns Werk war seit letztem Samstagabend im Einsatz. Sein Anteil, der EDI-Code, funktionierte im Testlauf einwandfrei: Die vier Datenbanken ließen sich nahtlos verknüpfen. Swann wollte die Leute jedoch an diesem kritischen Punkt nicht im Stich lassen. Der wahre Test war der tägliche Betrieb, und so hatte er einen guten Teil des Vormittags damit zugebracht, kleine Fehler zu beheben, die verschiedene Anwender gemeldet hatten.
    Jetzt konnte er sich wieder seinem Selbstmord widmen.
    Swann war für seine Beratungsdienste bereits reichlich entlohnt worden. Diese letzte Fehlerbereinigung war lediglich ein Akt der persönlichen Integrität, das sagte er sich jedenfalls. Sein IT-Kontaktmann und die Projektmanagerin wollten Swann auch in der nächsten Phase dabeihaben. Sie wollten ihn dafür sogar fest anstellen. Swann hatte ihnen versichert, sich das gut zu überlegen, doch er brauche vorher zwei Wochen, um der Familie seiner Schwester beim Umzug von Austin, Texas, nach Seattle, Washington, zu helfen. Er würde sich melden, sobald er wieder in der Stadt sei. Doch dazu würde es nicht kommen. Erstens hatte Swann keine Schwester, zweitens stammte er nicht aus Austin, Texas, und drittens würde er nie wieder mit jemandem vom St. Mary’s Hospital zu tun haben.
    Es würde Dennis Swann nicht furchtbar schwerfallen zu sterben. Schließlich hatte er eine gewisse Übung darin: Dennis Jackson Swann war schon einmal gestorben, vor über dreißig Jahren, an frühkindlicher Meningitis, wie ein Grabstein auf einem einsamen Friedhof außerhalb von Austin bezeugte.
    Swann nahm seine kleine runde Brille ab und knickte sie am Nasensteg zusammen, während er in Gedanken seine Checkliste durchging. Die Wohnung war so gut wie leer. Die wenigen Möbelstücke und den Fernseher hatte er verkauft, und seine Arbeit hatte er soeben zu Ende gebracht. Swann hatte einen Großteil des gestrigen Tages damit zugebracht, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Er betrachtete die verbogene Brille in seiner Hand und warf sie in den Müllsack, den er mitnehmen würde. Der Teufel steckte im Detail, doch er war sich ziemlich sicher, nichts übersehen zu haben.
    Dennis Swann klappte seinen Laptop zu und steckte ihn in den Koffer. Er stopfte den Müllsack in die Reisetasche, hob die Tasche und den Laptopkoffer auf und blieb einen Moment lang vor der Tür stehen. Während er Dennis Swann sterben ließ, trat Lieutenant Commander Jake Westlow durch den selten benutzten Seiteneingang seiner Einzimmerwohnung in die Nacht hinaus.
    Der Lieutenant Commander hoffte, dass Special Agent Drew Cady nicht allzu schockiert war über das, was er ihm im Gefrierfach hinterlassen hatte.

Drittes Buch
Endspiel

30
    Fünf Wochen zuvor
     
    P apa!«, schrie Lucy, als der kahlköpfige Muskelprotz sie an ihren braunen Haaren packte und auf die Knie zwang. Hartzell machte einen Schritt auf Lucy zu, wollte diese Bestie töten, die sich irgendwie an den Wachmännern im Erdgeschoss vorbeigeschlichen hatte und in ihre Wohnung eingedrungen war. Er machte zwei lange Sätze, sein Herz pochte vor Wut, als sich plötzlich wie aus dem Nichts ein Arm um seine Brust schloss und eine scharfe Messerklinge in seinen Adamsapfel schnitt. Er hatte nicht gemerkt, dass noch jemand im Raum war, und jetzt hatte ihn der Unbekannte in einem tödlichen Griff. Hartzells Adrenalin entwich wie die Luft aus einem durchlöcherten Reifen.
    »Papa?«, sagte Lucy leise und blickte mit angsterfüllten Augen zu ihm auf, während eine Faust aus Granit sie an den Haaren festhielt. Der kahle Kopf der Bestie glänzte im Licht der antiken Stehlampe, und unter dem engen grauen T-Shirt wölbten sich die Muskelberge. Hartzell kam es vor, als sei der Typ, der sich Lucy geschnappt hatte, das Produkt einer umgekehrten Evolution – als wäre er im Begriff, sich zum Affen zurückzuentwickeln.
    Hartzell hörte Schritte und blickte sich

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