Der Schachspieler
haben nicht viel Zeit, mein Freund. Zwölf Minuten, um genau zu sein.«
»Um wohin zu kommen?«
»Das entscheiden Sie. Aber ich rufe in zwölf Minuten wieder an, und der Empfang in der U-Bahn ist beschissen. Wenn Sie nicht rangehen, Agent Cady, dann können Sie den Familien von Gottlieb und Kellervick erklären, warum Sie den Mörder nicht gefangen haben. Also beeilen Sie sich. Und nicht vergessen: Meine Augen sind überall.«
»Blödsinn.«
»Ich weiß, aber ich hab das mal in einem Film gehört und wollte es immer mal selbst sagen.«
Die Verbindung wurde getrennt.
Cady wechselte das Handy, während er zur Treppe der U-Bahn-Station lief. »Habt ihr alles mitbekommen?«
»Ja«, meldete Agent Preston. Sie hatten Terris Handy so manipuliert, dass sie und Jund mithören konnten. »Fahren Sie nach Norden zum Times Square. Wir haben ein paar Leute im Wagen, die mitfahren, aber halten Sie die Augen offen. Falls Sie ihn sehen, schnappen Sie ihn. Unsere Jungs werden sofort bei Ihnen sein.«
»Haben Sie etwas über sein Telefon?«
»Unsere Leute vermuten ihn beim UN-Gebäude.«
»Mitten unter zweihunderttausend Menschen.«
»Die Techniker arbeiten dran. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, versuchen sie seinen Standort mit GPS genauer einzugrenzen.«
Cady eilte die Stufen hinunter. »Er wird in Bewegung bleiben und das Handy wechseln. Oder es ausschalten, bis er wieder anruft.«
»Unsere Agenten und die Polizei sind schon unterwegs. Ziehen Sie die Gespräche in die Länge, so gut es geht, vielleicht haben wir dann eine Chance, an ihn heranzukommen.«
»Dafür ist er zu schlau.«
»Vielleicht können Sie ihn irgendwie aus dem Konzept bringen und damit Zeit gewinnen.«
Cady fuhr mit der U-Bahn die eine Station zum Times Square und rannte zwischen den Fahrgästen hindurch die Treppe hinauf. Als er den Ausgang an der 42 nd Street erreichte, klingelte Terris Handy.
»Dann hat also die New Yorker Mafia Kenneth Gottlieb ermordet?«, fragte Cady ins Telefon.
»Habe ich das gesagt?«
»Sie haben uns DNA hinterlassen, die in diese Richtung deutet.«
»Indirekt«, antwortete Westlow. »Ich hatte einen Kerl im Visier und stieß dadurch auf einen anderen, mit dem er sich vermutlich täglich traf. Am dritten Tag stellte ich fest, dass Palma den zweiten Mann beschattete. Leute, die andere beschatten, sind meistens gute Informationsquellen, also beschloss ich, mit ihm zu sprechen.«
»Was haben Sie bei Ihren Foltersitzungen erfahren, Westlow?«
»Folter? Sie haben uns in der Offiziersausbildung auch einem Waterboarding unterzogen. Es war verdammt beängstigend, aber zwei Stunden später saßen wir in der Kneipe, und die meisten Jungs haben schon wieder die Kellnerin angebaggert. Sagen Sie mir, Agent Cady, kann man von Folter sprechen, wenn man zwei Stunden später die Kellnerin anbaggert?«
»Palma wird jedenfalls keine Kellnerin mehr anbaggern.«
»Zu wem halten Sie eigentlich? Der Mafia-Vollstrecker hätte mich fast umgebracht.«
Cady wechselte das Thema. »Hat Patrick Farris in jener Nacht am See Marly Kelch vergewaltigt und ermordet?«
Bleiernes Schweigen.
»Das müssen wir uns für ein anderes Gespräch aufheben, Agent Cady. Zeit für den nächsten Ausflug. Sie müssen zur Haltestelle in der 72 nd Street, Central Park West. Sie haben genau zwölf Minuten.«
»Sie verschwenden meine Zeit«, sagte Cady, doch die Verbindung war bereits getrennt. Er drehte sich um und lief die Treppe der U-Bahn-Station hinunter, begutachtete wie automatisch Körpergrößen und Gesichter. Er war froh, dass Agent Preston ihn von zwei Dutzend Agenten abschirmen ließ, jeder mit Westlows Foto aus Navy-Tagen ausgestattet. Falls der Chessman den direkten Kontakt suchte, hatten sie ihn im Netz. Cady spürte jedoch, dass es nicht so einfach werden würde.
»Wie ist Ihr Trip in den Big Apple bisher, Agent Cady?«
»Toll.« Cady stand an der Ecke West 72 nd Street und Central Park West, vor dem Dakota Building. »Sie wollten mir von Marly Kelch erzählen.«
»Haben Sie mal King Kong gesehen?«
»Den Riesenaffen?«
»Sie übersehen die Feinheiten, auf die es ankommt. Es gab den Klassiker aus den Dreißigerjahren und eine recht gute Neuverfilmung von diesem Regisseur, der auch Der Herr der Ringe gemacht hat.«
»Haben Sie mich hierherbestellt, um mit mir über Filme zu sprechen?«
»Es gab auch einen Film in den Siebzigern, aber den überspringen wir.«
»Verdammt, Westlow, was wollen Sie damit sagen?«
»Sofort, Agent Cady. Sehen
Weitere Kostenlose Bücher