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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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Gegend der Hund begraben lag.
    Er versuchte, an dem schwachen Automatenkaffee zu nippen. Er verbrannte ihm die Zunge. Die Aussagen der Lautsprecheranlage interessierten nun wirklich niemanden. Ökumenische Sonntagsgottesdienste werden um sechs Uhr dreißig in der Kapelle im Erdgeschoss abgehalten. Die Gepäckausgabe befand sich direkt dort, wo sein Eastern-Airlines-Flieger gelandet war. Er hatte keine Koffer, die er abholen konnte, und keine Ahnung, wohin er gehen sollte. Er war vorher noch nie auf der Flucht gewesen.
    Auf diesem Flughafen gab es sogar eine Kapelle, was für ein Blödsinn.
    Er dachte an seine Taxifahrt zum Miami International Flughafen, ein nervöser Trip, bei dem er das Gefühl ausgewachsener Paranoia kennenlernte – übelste, grässliche Panik, die Summe all der Ängste, die er in den einundzwanzig Jahren seines Erdenlebens bisher kennengelernt hatte. Er sah, dass der Fahrer seine häufigen Blicke in den Rückspiegel bemerkte, und saß da und wischte seine schweißnassen Hände an den Hosenbeinen ab.
    Er stellte sich vor, wie das Telefon in seinem Appartement klingelte. Einer von Emilios Schlägern, der die Spur schon aufgenommen hatte, würde am anderen Ende sein. Er malte sich in seiner Fantasie aus, wie Emilios Bodybuilder-Schlägertruppe sein Haus auf den Kopf stellte. Das wars dann für seinen Technics Turntable mit der Profi-DJ-Auflage und dem Black-Widow-Tonarm aus solidem Fiberglas. Kracks. Das waren die CDs. Knirsch, knirsch, knirsch. Das Innenleben seines Aqua-III-Wasserbettes würde den Springmessern zum Opfer fallen. Platsch. Er sah, wie seine Garderobe systematisch in Fetzen gerissen wurde. Seine Sammlung von Tankstellen- und Bowlingbahn-T-Shirts, mit aufgestickten Namen in Rot auf den Ovalen über den Taschen. Keins davon hatte je einen Tag wirklicher Arbeit mitgemacht … und jetzt war alles hinüber. Emilios Gorillas liebten Vandalismus fast genauso sehr wie simple Vergewaltigung oder einfachen Mord.
    Aber auch dazu würde es noch kommen, wenn Rosies Geschichte eine Lücke hatte. Wenn Emilio Verdacht schöpfte.
    Cruz hatte völlig koksvernebelt einen Blick in die Augen von Emilios Herzdame geworfen. Und gesagt: »Du bist wahrscheinlich so fertig und so dämlich, dass du springen würdest, Chiqui. Na los. Zeigs mir.« Aufmüpfiges Gerede, das in einem Augenblick sein ganzes Leben verändert hatte.
    Er hatte versucht, sich eine Höhe von fünf Stockwerken vorzustellen, als die 737 von der Landebahn abhob. Die Geschwindigkeit, bei der einen schon allein der Fall umbringt, liegt bei zehn Meter pro Sekunde. Ob Chiquita die erreicht hatte, bevor ihr strahlendes Lächeln und ihr Körper, der Männer nur noch mit dem Schwanz denken ließ, zu einem Fleischklumpen mit pulverisierten Knochen zusammengequetscht worden waren?
    Punkt fünf Uhr. Seine Hand hatte gezittert, als er Rosies Geheimnummer wählte. Der Ruf wurde weitergeleitet; das Klingelgeräusch änderte sich abrupt, und nach dem ersten Klingeln wurde abgehoben.
    »Cruz. Okay, hör zu. Diese Nummer ist auf mein Autotelefon umgeleitet. Emilio hat wahrscheinlich die stationären Telefone angezapft, und ich habe nicht die Zeit, alle externen Wanzen zu finden und auszuschalten, nur um einen Anruf entgegenzunehmen.«
    Cruz hatte einmal dabei zugesehen, wie Emilio sein Wanzensuchgerät eingesetzt hatte. Das Gerät schickte Strom mit über einem Megavolt durch die Leitungen. Die Geräte der Telefongesellschaften arbeiten mit sechs Volt, was auch der Grund dafür ist, dass man niemanden umbringen kann, indem man ein Telefon ins Badewasser fallen lässt. Der Stromstoß aus dem Suchgerät hat auf die Wanzen den gleichen Effekt wie ein Flammenwerfer auf ein Büschel Haare.
    »Ein Ticket für die erste Klasse wartet am Eastern-Airlines-Schalter auf dich. Ist schon bezahlt. Musste das Geld an den Schalter bringen lassen. Ich habe eine zweistufige gefilterte Kreditkarte benutzt, die Transaktion kann also niemand zu mir zurückverfolgen.«
    »Erste Klasse? Wow, Rosie …«
    »Du brauchst mir nicht in den Arsch zu kriechen. Es war eine Buchung in letzter Minute; in der Touristenklasse waren keine Plätze mehr frei. Wie viel Geld habe ich dir gegeben?«
    Cruz log Rosie nie an, nicht, wenn es um etwas Wichtiges ging. »Eintausendsiebenhundert. Ich hatte noch weitere zweihundertvierzig in der Tasche, als …«
    »Okay.«
    Okay. Bamm! Chiquita knallt auf die Poolumfassung und zerplatzt. Blut färbt den Abfluss des Swimmingpools da rot, wo einmal ihre

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