Der Schacht
Bauhaus mit nach oben. Dies war persönlich, eine Frage der beschmutzten Ehre.
Er gestand sich ein, dass es eine Chance gab, wie klein auch immer, dass er nicht den großen Kick kriegte, indem er sowohl die Nutte als auch seinen miesen Ex-Laufburschen umbrachte. Nur wenn er geschlagen war und im Sterben lag, würde er die Kavallerie zu Hilfe rufen.
Appartement 307. Das war seins. Bei Bauhaus begannen die Augen, unabhängig voneinander eigene Wege zu gehen.
»Sprich leiser.« Emilio schob ihn vor sich her. Wenn er schon zu nichts anderem mehr gut war, konnte er immer noch als Schild dienen.
»Ich will ’ne Waffe.«
»Halt die Schnauze.«
Sobald Emilio seinen Arm losließ, fiel Bauhaus auf den Boden, als habe er einen Schlag auf den Kopf bekommen. Sie hörten beide, wie sich im Stock über ihnen eine Tür schloss. Fußtritte in großer Eile, die über die engen Windungen in Fergus’ wackligem Treppenhaus direkt auf sie zukamen.
Als der schwarze Junge um die Ecke bog, sah er die Mündung einer Schrotflinte, die ihm die Nasenlöcher kitzelte. Er hielt ruckartig an, die Angst, ausgeraubt zu werden, deutlich in seinen Augen. Er war nicht gerade in geselliger Laune und hatte zwei große Taschen über die Schultern geworfen.
»Au verdammt.«
Es war komisch, aber Emilio war nicht nach Lachen. »Wer zum Teufel bist du denn?«
»Ich bin Ajax, und ich mache, dass ich hier rauskomme. Sofort. Hier bleibe ich nicht. Hier gibts zu verdammt viele Leute, die die ganze Zeit über ihre Waffe auf mich richten. Ich will nicht totgeschossen werden, ich will nur weg. Bitte.« Er zuckte die Achseln. »Das ist alles.«
Emilios Stimme blieb leise, nachdrücklich, fordernd. »Ich will Cruz.« Die Mündung der Waffe blieb an ihrem Platz und Ajax begann zu schwitzen.
»Ich kenne den nicht, Mann, hey, ich muss …«
»Das war die falsche Antwort.« Die Waffe stand im Begriff, fies zu werden.
»Halt.« Ajax’ Realität schrumpfte augenblicklich auf das Wort große böse Waffe zusammen. »Cruz, ja doch. Brauner Motherfucker. So wie du. He, nein, ich meine, einer von diesen Latinos, oder? Schwarze Jacke, so … wie nennt man die noch? Armeejacke, ja? Der wohnt in 307. Ich habe ihn vor Kurzem noch gesehen. Der hat auch ’ne Wumme. Der hat auch damit auf mich gezielt.«
»Wo, oben?«
»Direkt am Treppenaufgang, direkt in der Ecke, Mann. Das war so: Ich seh nach wo all dieser gottverdammte Lärm herkommt und dann …«
»Sprich leiser.«
»Äh, ja. Und dann, dann habe ich all die Ballermänner gesehen, all die Kanonen, und dann sag ich mir, damit kannst du nicht leben, weil ich Angst vor Kanonen hab, weißt du, Mann, und dann bin ich ganz durcheinander, und …«
»Verpiss dich.«
Ajax fand gerade noch genügend Platz, um sich an ihnen vorbeizudrängeln und sich dem Leben in die Arme zu werfen das ihn außerhalb des Kenilworth erwartete. Mit ihm singen Cruz’ Ghettoblaster und die Kamera, die er einige Zeit zuvor aus 307 gestohlen hatte, als die Tür offen gestanden hatte und niemand in der Wohnung gewesen war.
Ajax kam unten an der Eingangstür an und verschwand in den wilden Schneemassen. Selbst der schlimmste Schneesturm seit zehn Jahren war immer noch besser als dieser Irrsinn, dem er gerade entkommen war.
Es war das böse Gegenteil einer Geburt. Eine Anti-Geburt.
Cruz zwängte sich mit dem Kopf voran durch einen Schwall Blut und loses nekrotisches Fleisch, geschmiert durch schleimige Sekrete, die in der gleichen Farbe schimmerten wie das Zeug in den Tunneln.
Er kam da heraus, wo er in der Erinnerung des Hauses zuletzt gewesen war, in Jonathans Appartement. Falsche Daten. Wer konnte sich bei solchen Dingen schon immer sicher sein?
Es war ein Chaos aus aufgeplatzten Kartons und verstreuten Besitztümern. Das auf die Kentmore herausgehende Ostfenster war völlig eingedrückt. Davor hatte sich eine Pyramide aus Schnee auf dem Boden gesammelt. Der Ankleidespiegel war durch die Kälte angelaufen. Blut schimmerte an den Wänden.
Cruz fand ein Handtuch und wischte sich damit das Gesicht ab. Der geleeartige Schleim war hartnäckig und hinderte seine Poren am Kontakt mit der fauligen Luft. Es roch nach in Flüssigkeit übergegangene Verwesung. Er war vom Blob angegriffen und zugeschleimt worden. Das Zeug hing wie Pomade in seinen Haaren, als er mit den Fingern hindurchfuhr.
Gott, war die Bude hier auseinandergenommen worden.
Die Wände waren nach innen eingefallen. Die Decke hing so stark durch, dass Cruz sich den Kopf an
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