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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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probengroße Flasche mit Mundwasser und eine Plastikschachtel mit guten alten Ortho Novum sowie ein Ausweis, der Cruz versicherte, dass er nicht den gleichen Fehler gemacht hatte wie sein Vorgänger, der in Schande entlassene Jimmy McBride. Jamaicas wirklicher Name war Loretta Paxson, und sie war vor drei Wochen zweiundzwanzig geworden. Das Bild in dem Ausweis ließ sie grünlich aussehen, wie einen von diesen Zombies. Cruz füllte die Bernsteinphiole aus seinem eigenen reichlichen Vorrat wieder auf. Er versuchte, im Großen und Ganzen kein so übler Kerl zu sein.
    Er öffnete den Klebeverschluss der Keksdose und nahm eine mattschwarze Sig Sauer 226 mit drei Luger-Magazinen heraus. Das reichte. Er legte den Deckel wieder auf, als er die Toilette rauschen hörte.
    Sie kam barfuß wieder heraus, die zerrissenen Höschen hingen immer noch an ihr, unwillig, sich von diesen Beinen zu trennen. Das symbolische Hymen zerrissen, ein guter Beginn für ihre Partnerschaft. Sie ließ lauwarmes Bier auf seinen Schwanz laufen, was ihn zusammenzucken ließ und seine Hoden tränkte. Das Tape wechselte zu Slayer über, und innerhalb weniger Augenblicke hatte ihre Lippen ihn wieder hochgebracht. Sie hielt seine Schultern und drückte ihn auf die Matraze. In einer flüssigen Bewegung war sie über ihm. Er fühlte, wie er sie öffnete und bis zum Anschlag in ihr verschwand. Sie war so verflucht warm da drinnen. Sie hielt ihn mit ihren Unterarmen nieder und bearbeitete ihn mit Beckenbewegungen, auf die jede Bauchtänzerin neidisch gewesen wäre.
    Er wachte auf, als seine letzte Erektion langsam, ganz langsam aus ihr herausglitt. Sie lag immer noch auf ihm, wie eine Decke, und döste leicht.
    Das Tape war schon wieder zu Ende. Er konnte es genauso gut aufgeben.
    »Hast du das gehört?«
    »Hmmm?« Ihre Augen öffneten sich, schmale Schlitze. »Was?«
    »Das Geräusch.« Es war wieder da, gerade jenseits der Grenzen seiner Wahrnehmung, aber um diese Zeit war es auch viel ruhiger in dem Gebäude. Er versuchte, es für sie nachzumachen, und scheiterte; das Geräusch, das er hervorbrachte, klang nach Filmmusik für einen Gespensterstreifen: Wihihihiheeeee. Das war es nicht. Das, was Cruz mittlerweile als den heimischen Geist des Kenilworth ansah, war subtiler. Nicht so ein würgendes Pennergestöhn, sondern die Art Geräusch, das jemand machen würde, der gestreichelt oder liebkost wird, mit einem schwachen Fallen am Ende, einem Wechsel in der Klangfarbe, der gerade eben noch einen Hauch von Verwesung mit sich trug, von Leben und Gelegenheiten, die unwiederbringlich vergangen waren, von Trauer und Reue, die daher kamen, dass man im Dunkeln seinen Weg verloren hatte. Oder dass man alles verloren hatte …
    »Ich höre nichts außer dieser grässlichen Samba-Musik.« Sie rollte sich von ihm herunter, und er rutschte ganz aus ihr heraus. »Ooops. Entschuldigung.«
    Cruz’ vager Halt an dem Geräusch war verloren gegangen. Alles, was er jetzt noch hören konnte, war der gleichförmige Beat von karibischen Klängen, der durch die Türen und Wände gedämpft wurde. Ein bisschen Rumoren und Tropfen aus dem Luftschacht. Fußtritte auf Dielen von oben und unten. Latinogesang, alles in einer einzigen Tonart, jaulend, aber durchdringend genug, um die fragileren Nuancen des Geisterlautes zu übertönen.
    Irgendwo in diesem Gebäude würde der alte Antisemit über sein Lieblingsthema parlieren. Er brauchte dazu keine Zuhörer. Vielleicht redete er auch mit dem Geist.
    Jamaica stand auf, um den Chivas zu öffnen, der bisher noch unberührt war. Während sie die Folie abpellte und den Verschluss aufschraubte, fragte Cruz sie nach ihrem Namen.
    »Wenn man seinen Lebensunterhalt mit seiner Möse verdient«, belehrte sie ihn in einem imitierten Vortragsstil, »dann hilft es, wenn man eine Menge Pseudonyme hat. Bis vor Kurzem war ich Cyndi – mit einem ›I‹ am Schluss. Abkürzung für Cynder, was so viel heißt wie ›ausgebrannt‹. Heute bin ich Jamaica, was weit weg ist. Ich wäre gerne weit weg. Irgendwann werde ich das auch sein. Cyndi – Jamaica, ist doch schon eine Steigerung, oder?«
    Das war nicht das erste Mal, dass sie diese Geschichte erzählte. Sie nahm einen Schluck direkt aus der Flasche und reichte sie an Cruz weiter. Er nahm auch einen großen Zug, schluckte und ließ es den ganzen Weg bis zu seinen Eiern hinunterbrennen.
    Sie tunkte einen Finger in die Flasche und massierte sich zwischen den Schenkeln. Sie wiederholte das mehrere Male und

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