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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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hättest haben können, wenn du nicht bald deinen nackten Arsch in Bewegung setzt und irgendetwas tust, dachte er. Versuch einen klaren Kopf zu behalten, oder dein Arsch ist keinen Pfifferling mehr wert.
    Neunzigtausend Dollar in raffiniertem Kokain starrten ihn aus der Kommodenschublade an. Scheiß auf den »Verkaufswert«. Diese Zahlen war nur dazu da, damit sich Drogenrazzien in den Nachrichten besser anhörten. Hässliche Bilder zogen vor Cruz innerem Auge vorbei, und er wusste, dass der einzige Platz, wo er ganz bestimmt nicht auftauchen wollte, die Lokalnachrichten waren.
    Wenn er versuchte, mehr als ein Kilo die Toilette herunterzuspülen, konnte ihn das erst recht verraten. Was war mit dem Plastikbeutel, dem Tesafilm? Das ganze Zeug könnte die Rohre verstopfen. Sollte er seinen Arsch wirklich Fergus vorsintflutlichen Installationen anvertrauen?
    Er schnappte sich eine Gefriertüte und packte da alles hinein – Spiegel, Alufolie, Streichhölzer, Kerzen, Hilfsmittel, Dope eben alles. Nach einem kurzen Augenblick fiebriger Überlegung warf er auch die Büchse mit der Pistole hinterher. Dann drehte er den Hals der Tüte zu, machte einen festen Knoten hinein. Dieses Paket steckte er in eine zweite Tüte und wiederholte das alles. So schuf er sich seine eigene improvisierte Doppelisolierung. Die musste wasserdicht sein. Wenn Kokain nass wurde, konnte man genauso gut versuchen, mit Bratfett zu dealen.
    Er riss ein paar der Ringe ab, als er den Duschvorhang im Badezimmer zur Seite fegte. In dem schwarzen Spiegelbild, das das Fenster zum Luftschacht zurückwarf, konnte er sein schwitzendes Gesicht erkennen. Es war nicht gerade ein Bild der Unschuld. Er hämmerte mit der Rückseite seiner Hand auf den Rahmen, bis das verzogene, marode Fenster langsam und quietschend nach oben glitt. Nach ungefähr acht Zentimetern verklemmte es sich in seinem Rahmen und rührte sich nicht mehr. Das war ausreichend, um den großen roten Alarmknopf in Cruz Hirn heftig schellen zu lassen. Er begann, das Scheißding heftig mit der Faust zu traktieren, wobei er sich vorstellte, es wäre die Nase eines Bullen oder die schmierige Fresse von Fergus oder das quäkende Blag von nebenan oder einfach nur Emilio. Wumm, wumm, Farbreste lösten sich ab, und wumm ließ sich das untere Fenster ganz nach oben drücken, und er warf das ganze Paket – oh großer Gott der Cocablätter, lass es sanft aufkommen – hinaus. In den Schacht hinein.
    Ein Platschen erklang tief unten, als es am Boden aufprallte. Er hoffte, dass da unten nichts Spitzes lag, das ein Loch in die Tüten gerissen hatte. Er schlug noch einmal auf das Fenster. Es knallte quietschend wieder herunter, dicht wie eine vakuumversiegelte Dose, mit einem blutigen Handabdruck oben drauf.
    Er wischte das Blut mit Toilettenpapier ab, warf, traf die Schüssel beim ersten Mal und zog ab. Nach Luft keuchend, während das Blut heftig durch seine Arterien pumpte, zog er langsam den Duschvorhang wieder vor. Rosie war nicht da, um ihm sein Lob für die Aktion auszusprechen.
    Klasse Job. Jetzt wirst du in den inneren Kreis aufgenommen werden. Ich werde dir eine Geheimnummer nur für dich allein zukommen lassen.
    Er hatte gerade noch Zeit, sich das Gesicht abzuwischen, bevor die Polizei an die äußere Tür hämmerte. Jamaica zwängte sich wieder in ihren Lederrock.
    Die Polizisten gingen, wie es sich herausstellte, von Tür zu Tür, um alle Bewohner zu befragen. Ein Kind, Mario Velasquez, hatte irgendeinen Unfall gehabt und wurde vermisst. Falls jemand etwas gesehen oder gehört hatte …
    Cruz’ Verhalten verriet ihnen, dass er sich mit dieser Routine auskannte, dass er ähnliche Situationen schon des Öfteren hinter sich gebracht hatte. Sie hörten die Toilettenspülung, die immer noch lief. Sie war abgezogen worden, als sie geklopft hatten.
    Als sie sich dann neugierig umsahen, erkannten sie Jamaica. Und als sie dann noch genauso freundlich einen Blick in ihre Handtasche warfen, entdeckten sie Cruz verspätetes Geburtstagsgeschenk und nahmen sie beide fest.

12.
    Als er die Polizeiwagen sah, die die Ecke zwischen der Kentmore und der Garrison Street abriegelten, ließ Jonathan schuldbewusst alle Verbrechen seiner Vergangenheit an sich vorüberziehen. Das war seine Haustür, seine Wohnung. Überall Polizeimarken und Schweinsäuglein, die sich einmal den neuen Verdächtigen in der Stadt ansehen wollten. Grelles Rot und Blau warfen leuchtende Botulinschatten über den Schnee. Ihr Blinken eine offene,

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