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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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Form von Feigheit erklären konnte. Immer den Ball flach halten. Bloß nichts unternehmen. Guck einfach weg, und alles, was nicht so recht ins Bild passt, wird von selbst wieder verschwinden. Gib Amanda die Schuld und hau ab nach Chicago, wo keiner vermuten wird, was für ein Weichei du doch bist. Und wenn du dann wieder mit dieser quälenden Unfähigkeit konfrontiert wirst, Rückgrat zu zeigen, dann tust du es eben wieder – dann haust du wieder ab. Jedes Mal, wenn du versuchst, etwas zu tun, ist es ein bisschen zu spät, also versuch es gar nicht erst. Die Sache mit der Weinflasche hat sich zu deinem Besten gewendet, ganz bestimmt, Sir Jonathan. Also brauchst du nur so zu tun, als sei das nie passiert. Gib anderen die Schuld. Schuld hat immer das ganze verkorkste Universum.
    Mach irgendwas … aber um Gottes willen, tu was.
    »Werden Sie ihm helfen?«, fragte sie.
    »Hmm.« Sein Verstand fand zurzeit die allgemeinsten Fragen unlösbar. Er wollte sie stundenlang anstarren. Sie war exotisch, rätselhaft, erregend. Er stellte fest, dass ihr Geruch ihn wahnsinnig machte. Sie roch nach kürzlicher Reibung, Feuchtigkeit, nach ungezügeltem und ausgiebigem Sex. »Äh … Ich.« Der Anblick ihrer Mimik, die sich in Ablehnung verwandelte, half ihm, den Kopf klar zu kriegen. »Ja, ich glaube schon. Das heißt, ich meine …«
    »Letzte Warnung, du Penner!«, bellte der Robotterbulle. Jamaica, nicht durch Handschellen gehindert, salutierte mit dem Finger.
    »MR HAPPY«, sagte Jonathan.
    »Ganz richtig, Junge.« Ihr Blick lag immer noch auf dem Roboterbullen und sann auf Rache, auf Demütigungen.
    Jonathan hatte gerade die Grenze zur Unterwelt überschritten. Wenn die Bullen ihn jetzt nicht noch zurückhielten, dann würde er sich jetzt aufblähen, ein Kugelfisch mit Gräten und Stacheln und konzentriertem Gift. Seine Angreifer würden es mit der Angst zu tun bekommen und zurückzucken, aber sie hatten nur einen winzigen Augenblick, in dem sie ihre pieselige kleine Entscheidung bereuen konnten, vor dem Zuschlagen und dem Zubeißen der Fänge, vor dem Gift und der langsamen schmerzhaften Qual des verdienten Todes.
    Ein Kind war aus dem dritten Stock verschwunden und hatte eine schreiendes Schwesterchen hinterlassen, einen überforderten Vater, der gerade von der Nachtschicht nach Hause gekommen war, und eine schwangere Mutter, die durch den Schock beinahe wahnsinnig geworden war. Jonathan fühlte sich erleichtert, wo er jetzt doch wusste, dass – was auch passiert war – er nichts damit zu tun haben konnte. Er wusste ganz sicher, dass er unschuldig war.
    Der alte Mann durfte zuerst gehen. Er wohnte im ersten Stock direkt unter Jonathan. Als er seine Wohnungstür hinter sich zuzog, murmelte er etwas davon, dass die Kinder von Juden noch mehr schrien als alle anderen.
    Der Eidechsenbulle und der Geierbulle hielten eine kurze Beratung darüber ab, wie Jamaica ihnen dienstbar sein konnte in der Zeit, für die sie sie einsperren würden. Jamaica spuckte den Eidechsenbullen vor Wut an und wurde sofort verhaftet.
    Der Robotterbulle leitete Cruz zur Rückbank eines der Streifenwagen, wobei es ihn einen Dreck kümmerte, ob Cruz sich den Schädel einstieß, während er in den Wagen geschoben wurde. Jonathan rief sich in Erinnerung, dass er sich gerade die Spielwiese von Bürgermeister Daly, dem Gegenspieler Al Capones, als neue Heimat ausgesucht hatte.
    Nachdem man ihn noch weiter mit sinnlosen Kleinigkeiten gelöchert hatte, durfte Jonathan dann wieder seinen alltäglichen Aktivitäten nachgehen. Man entschuldigte sich natürlich nicht bei ihm. Als er jetzt endlich wieder die Treppen hochpoltern durfte, fühlte sich Jonathan, als sei er gerade mit einem Verbrechen davongekommen.
    Die schwarze Katze wartete auf ihn vor der Tür von 207.
    Diesmal bemerkte er den Gestank frischer Farbe, der sich durch die ganze zweite Etage zog. Das war wohl Fergus’ Werk, der schlampig eine andere Wohnung renovierte, die gerade frei geworden war. Jonathan lächelte bei dem Gedanken, dass man bei so einem Hausmeister wohl nicht davon sprechen konnte, dass er irgendetwas meisterte..
    Jonathans Badezimmer war ein klassisches Beispiel für Fergus’ völlige Nutzlosigkeit. Ein halbherziger Versuch, es neu zu verfliesen, war mittendrin abgebrochen worden. In unregelmäßigen Abständen fielen schlecht angeklebte Fliesen herunter und zerbrachen in der Badewanne. Gipsklumpen bröselten los, um die zu strafen, die es wagten, hier barfuß zu gehen. In den

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