Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
Vom Netzwerk:
Arschmaden in der Sammelzelle hockte auf der stählernen Toilette und ließ einen nassen Dünnpfiff ab.
    Cruz versuchte den säuerlichen Gestank zu ignorieren, der sich in der Zelle ausbreitete. Als der wachhabende Officer zurückkam, sah Cruz, dass die neue Arschmade Flecken auf dem gestärkten weißen Uniformhemd hinterlassen hat. Gut so.
    Cruz wischte sich mit der Handfläche über das Gesicht. Er roch sich selbst. Kurz vorher hatte er seinen Reißverschluss geöffnet, um zu pissen, und der Geruch, der ihm da entgegengekommen war, ähnelte der Ausdünstung eines läufigen Pumas. Jamaicas Säfte klebten immer noch an seinen Beinen und hingen in seinem Schamhaar. Sein Penis, der jetzt so wund war, dass es schon wehtat, wollte nichts mehr mit der Außenwelt zu tun haben und war eingeschrumpft. Er hatte sich sofort wieder in das Refugium seiner Unterhose verzogen, nachdem Cruz sich erleichtert hatte.
    Etwas von Jamaica haftete immer noch an ihm. Er war froh darüber.
    Die Spitze seines Schwanzes war zwischen seinen frierenden Fingern eiskalt gewesen, und seine Zehen steckten in Socken, die für die Gelegenheit zu dünn waren, und waren vor Kälte taub. In der Sammelzelle herrschten wahrscheinlich weniger als zehn Grad; die Bullen wussten, dass man auch mit der Temperatur die Gefangenen ruhig stellen konnte. Sollten sie sich lieber vor Kälte zusammenkrümmen, statt sich zu erhitzen und aufeinander einzuprügeln. Jede neue Arschmade bekam eine winzige Militärdecke zugeteilt, die Fusseln auf jedem Kleidungsstück hinterließ, das von ihr berührt wurde, und die nicht richtig wärmte. Cruz konnte fast sehen, wie sein Atem kondensierte. Die Luft um ihn herum war muffig. Niemand wusch sich die Füße, vorausschauend, dass er im nächsten Moment in den Knast gesperrt wird.
    Sie würden darauf warten, dass er über Bauhaus plauderte. Es konnte sein, dass sie ihn eine Zeit lang hier festhalten wollten. Auf die üblichen Maßnahmen würde man ganz bestimmt nicht für jemanden wie ihn verzichten. Er wusste das und bereitete sich darauf vor, sich mental einzuigein, bis Bauhaus ihn herausholen konnte.
    Der Betonfußboden der Sammelzelle war so kalt wie der Metallrost eines Getränkeautomaten. Die Pritschen waren alle schon besetzt. Die Gorillas in der Zelle hatten dafür gesorgt, dass die schwächeren Arschmaden ihnen ihre Decken überließen, und lagen eingemümmelt auf den oberen Stahlrosten. Andere Läuse waren fertig genug, um wie besoffene Penner auf dem Boden wegzuratzen, blind für Zeit, Temperatur, Schmerz und ihr Leben. Cruz blieb auf dem Stück Fußboden sitzen, das er sich gesichert hatte, und er rührte sich auch nur von da weg, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu reiben, aus dem Waschbecken, das sich über der einzigen Toilette der Zelle befand. Wenn er die Hosen herunterlassen musste, um sich hinzusetzen, dann würden ihm elf Augenpaare bei dieser intimen Handlung zusehen.
    Er saß im Lotussitz und hatte seine eiskalten Füße hinter seine Knie geklemmt. Er versuchte, seine Zehen aufzutauen, die sich anfühlten wie Eisklumpen aus den Saturnringen. Der ausgekühlte Fußboden betäubte sein Hinterteil augenblicklich. Mit einem Schnief würde sein Metabolismus das bestimmt besser verkraften. Eine tolle Freitagnacht.
    Seine Vertrautheit mit den Polizeimethoden hatte Stallis und Reinholtz, die beiden Polizisten, die die Verhaftung vorgenommen hatten, misstrauisch gemacht. Sie hatten das geheime Wort – »Drogen« – gehört und suchten jetzt nach einem Vorwand, um ihn vorzuführen. Er hielt die Klappe und reagierte nicht auf Provokationen wie »Hast du irgendwelche Probleme damit?« Man sagte besser nichts weiter als Nein, Officer, Sir.
    Er dachte an Jamaica; sie kannte die Grenzen von dem, was sie sich ihren gesetzlich legalisierten Entführern gegenüber erlauben konnte.
    Cruz’ Rücken begann zu protestieren. Der Nachhall des Kokains war abgeklungen und hatte eine bleierne Schlaflosigkeit hinterlassen. Seine Gelenke waren wie aus Gummi, die Muskeln durch seine Matratzengymnastik mitgenommen. Sein Hirn pochte gegen die Schädeldecke und versuchte, die Eierschale seines Gefängnisses zu zerbrechen und sich zwischen den Scherben hindurchzuzwängen wie aufgehender Hefeteig. An den Rändern seiner Augen fühlte es sich an, als sei zerstoßenes Glas hineingerieben worden. Seine Zunge wurde von einer dicken Schicht ekligen Schleims verklebt. Die Sehnen in seinem Nacken fühlten sich an wie die Ringe einer Spiralbindung,

Weitere Kostenlose Bücher