Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
Vom Netzwerk:
zurückholen konnte, dann konnte er wohl auch die Pistole zurückbekommen. Sie erinnerte sich daran, dass er auch die Keksdose in den Abfallsack gesteckt hatte, bevor er alles aus dem Fenster warf.
    Und wenn Cruz die Waffe immer noch hatte …
    Präejakulat verteilte sich über ihren Gaumen. Ein altbekannter Geschmack für sie. Jonathan kam aus dem Badezimmer und rieb sich ein Auge. Er sah auf und erstarrte dann wie eine Salzsäule im Flur.
    So wie sich Dope in Bargeld verwandeln konnte, konnte auch Bauhaus verwandelt werden. Ein oder zwei Kugeln reichten dazu. Im einen wie im andern Fall konnte die Verwandlung sie befreien, dachte sie.
    Oder etwa nicht?

17.
    »Wow, wie du aussiehst …«
    Bash jonglierte mit einem Schnitzmesser und testete, wie oft er es zum Überschlag bringen und es dann noch fangen konnte, ohne sich dabei zu schneiden. Er machte eine Pause, um die Hälfte des Inhalts seines Twilight Zone -Kaffeebechers auf einen Schluck auszutrinken, und verwandte dann seine Zeit darauf, zu erraten, warum Jonathan so fertig aussah.
    »Lass mich raten. Nein, sags mir nicht. Ich weiß …« Er war zu aufgekratzt und konnte seine Unsicherheit nicht ganz verbergen. »Sie hat dir erzählt, sie käme aus Salinas und sei zum ersten Mal in der Großstadt, und normalerweise würde sie nie auf die Idee kommen, so etwas zu tun, aber du weißt ja, wie das ist, wenn man dann plötzlich pleite ist und …«
    »Guten Morgen auch.« Jonathans Stimme war an diesem Morgen deutlich belegt. »Hahaha«. Er ließ sich schwer hinter seinen Zeichentisch fallen. Alle seine Gummidinosaurier vergaben ihm. Die Welt ist dein Quietscheentchen, gaukelten sie ihm vor.
    »Gehts dir gut?« Bash nahm seine Großer-Bruder-Haltung ein, besorgt, ohne aufdringlich zu werden. »Wenn du keinen Spermakoller hast, dann muss ich wohl davon ausgehen, dass du eine mit ’nem Hammer verpasst gekriegt hast, Dino-Boy.«
    Jonathan grunzte. Der Raum weigerte sich, wollte einfach nicht stillstehen. Jessica winkte zur Begrüßung durch den Flur, auf dem Weg zum Fotokopierer. Immer bemüht, etwas zu vermehren, und wenn schon nicht sich, dann den Papierstau. Jonathan war dankbar, dass sie genug zu tun hatte und nicht sah, wie fertig er aussah. Vielleicht wusste sie es aber auch und gab ihm nur die Gelegenheit, sein Gesicht zu wahren. Ihm war nicht nach Erklärungen, nicht einmal Bash gegenüber.
    Er erzählte es Bash trotzdem.
    Er begann mit einer Entschuldigung dafür, dass er den Wagen so spät zurückgebracht hatte. Er wusste, Bash würde sagen, er brauche sich darüber keine Gedanken zu machen. Er machte einen schwachen Versuch, sich in die Arbeit zu stürzen. Es war schwer, sich bewusst zu machen, wozu diese ganze ameisenhafte Geschäftigkeit gut war. Wenn man einen Auftrag fertig hatte, hatte man sofort den nächsten vor sich. Man musste schon im Voraus eine Pause anmelden, nur damit man mal Luft schnappen konnte. Die Aufträge hatten sich auf seinem Schreibtisch gestapelt. Und Bash saß ihm im Nacken.
    Er versuchte es auf die versöhnliche Tour. »Weißt du, wie das ist, wenn man unbedingt etwas erzählen muss? Und wenn du weißt, dass das etwas ist, worüber du eigentlich gar nicht reden solltest, aber es ist nun mal so mächtig, dass du es einfach nicht für dich behalten kannst, dass du es nicht in dir drinlassen kannst, ohne zu platzen?«
    »Cammy beschwert sich häufig darüber, dass ich so einen Großen habe, dass sie nicht alles in sich unterbringen kann, ohne …«
    »Ja, ja, schon gut. Jedenfalls, was heute Nacht passiert ist, das ist so etwas.«
    »Okay, machen wir einen Deal.« Bash grinste. »Gib mir ein paar saftige Einzelheiten. Ausgewählte Leckerbissen. Und dafür nehm ich dir einen Teil der Arbeit auf deinem Schreibtisch hier ab, damit du deinen hervorragenden Ruf hier auch weiterhin behältst. So wie du im Augenblick aussiehst, kriegst du wohl nicht so viel auf die Reihe.«
    Jonathan war nicht in der Laune, den Harten zu spielen; er brauchte wirklich Hilfe.
    »Hier, nimm die Korrekturfahnen«, sagte er und reichte einen Stapel Zettel herüber. »Ich sehe zwar die Worte, aber irgendwie ergeben sie heute keinen Sinn.« Layouten schien ihm das kleinere Übel: das papierne Chaos ausschneiden und zu etwas Sinnvollem mit geraden Linien wieder zusammenkleben. Die Unordnung richtig durchschütteln und sie in eine Form bringen.
    Bash ergötzte sich an der Geschichte der Polizeirazzia, der nackten Prostituierten und dem Chaos der verschneiten Nacht.

Weitere Kostenlose Bücher