Der Schädelring: Thriller (German Edition)
müssen ihn gefunden haben.
Sie stellte sich vor, wie er zusammengebrochen auf den Blättern lag und das Blut aus seiner Brust strömte. „Auf der Flucht erschossen“, würde es heißen. Aber Julia würde die Wahrheit kennen: er hatte sein Leben aufs Spiel gesetzt, um sie zu beschützen. Und sie hatte an ihm und seinem Gott gezweifelt.
Hartley hatte sich beim Knall geduckt und gab nun Snead ein Zeichen, er solle nachsehen. Snead und zwei der vermummten Gestalten verschwanden zwischen den Felsen. Hartley flüsterte, „Pass auf die Hure auf“, und schlüpfte davon. Julia lag gefesselt und hilflos auf dem Boden neben Dr. Forrest.
Die Therapeutin kniete sich neben Julia hin und fuhr ihr sanft über das Haar. Julia erschauerte bei der Berührung. Der Gedanke, dass Walter womöglich tot war, machte sie krank. Sie schluchzte.
„Ruhig, Schwester Judas“, sagte Dr. Forrest. „Sie sind beinahe geheilt.“
Was sagte diese übergeschnappte Frau? Wie viele andere Menschen hatte sie in ihrer Rolle als Therapeutin besudelt? Wie viele andere verletzbare Opfer wurden durch Dr. Forrests Manipulationen zu diesem bösen Ende getrieben?
Dr. Forrest schaute lächelnd auf Julia herunter wie eine Madonna auf ihr Kind. „Wenn Ihr Vater sie nur sehen könnte.“
„Was ist mit meinem Vater?“ fragte Julia verwirrt.
„Er war schwach, ein Dummkopf. Er verlor den Mut, gerade als er dabei war, den inneren Kreis zu betreten. Stellen Sie sich vor, welche Macht Satan ihm gegeben hätte, wenn er nur stark genug gewesen wäre, nach ihr zu greifen.“
„Nein“, sagte Julia. „Sie haben mir gesagt – Sie haben mich dazu geführt, dass ich mich an seinen sexuellen Missbrauch erinnerte.“
Dr. Forrest gab ein finsteres Lachen von sich. „Douglas Stone hätte nicht einmal ein Lämmchen missbrauchen können und noch weniger einen Menschen. Ihre Mutter war die starke Person. Sie war willens, alles zu opfern. Als es dann Zeit war, Sie dem Meister zu übergeben, raubte Sie Ihr Vater.“
Dr. Forrests Gesicht verfinsterte sich. Sie zog die Augenbrauen zusammen. „Niemand rennt jedoch der Bruderschaft davon. Der Meister gibt sich nicht mit Dummköpfen ab.“
„Was habt ihr ihm angetan?“ Julia wehrte sich gegen die Fesseln, aber auch jetzt, genau wie vor dreiundzwanzig Jahren, konnte sie sich nicht befreien. Sie war so wütend auf diese Ungeheuer, dass sie Rot sah. Sie ärgerte sich jedoch noch viel mehr über sich selbst. Sie hatte es zugelassen, dass jemand falsche Erinnerungen in ihr Gedächtnis gepflanzt hatte. Wie konnte sie nur jemandem so viel Macht über sich geben?
„Er ist nun an einem besseren Ort“, sagte Dr. Forrest mit einem leeren Lächeln auf dem Gesicht. „Der Meister reservierte zweifelsohne die heißeste Stelle der Hölle für diesen elenden Wurm. Ich war dabei, als sie Sie in dieser Nacht holen wollten. Douglas verständigte die Polizei und wir konnten die Sirenen hören. Wenn Snead uns nicht beschützt hätte –“
Dr. Forrest schloss die Augen, als ob sie versuchte, ihre Wut in Schach zu halten. Einen Moment später öffnete sie sie wieder und fuhr fort. „Ihr Vater zerbrach das Fenster und versuchte sie hindurch zu schieben. Dabei wurde Ihr Bauch zerschnitten. Da war so viel Blut, so viel Magie. Und Douglas verschwendete es.“
Die Narben an Julias Unterleib. Sie bildeten am Ende doch nicht den Anfang eines Pentagramms. Dies waren Wunden und nicht die Marke eines Besitzers.
Julia wusste, dass Dr. Forrest unbedingt sprechen wollte und entschied sich, so viel wie möglich zu erfahren. „Warum ich?“
„Ihre Mutter hatte einen so starken Glauben, dass sie gewillt war, ihr eigenes Fleisch und Blut und ihren eigenen Atem zu opfern. Aber Douglas verriet uns. Ein Judas unter vielen Judassen. Sie müssen zu Satan kommen, um den Verrat Ihres Vaters gutzumachen.“
Julias Augen füllten sich mit Tränen. „War seine Ermordung nicht Bezahlung genug?“
Dr. Forrest sprach wieder in dem beruhigenden Ton, den sie in der Therapie verwendet hatte, und übernahm ihre vertraute Rolle. „Sie sind noch immer verwirrt, Julia. Wehren Sie sich nicht gegen die Wahrheit. Es genügt nicht, ihm nur Ihr Leben zu geben. Sie müssen ihm alles geben. Sie müssen an ihn glauben .“
Glauben. An ein Glaubenssystem, das dafür geschaffen wurde, Moral zu lehren, das jedoch auch eine Alternative bot für die Menschen, die nicht ein Leben lang auf die Belohnung in der Ewigkeit warten wollten. Satan war keine Schlange, kein
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