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Der Schädelring: Thriller (German Edition)

Der Schädelring: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schädelring: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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wie Julia. Selbst die warmen Sonnenstrahlen, die das Fenster des Büros durchdrangen, und die Berge, die draußen hell und golden leuchteten, schienen wegzuschmelzen. Auch die Wirklichkeit des Stuhls und des Bodens, der Decke und der Wände – alle diese festen Dinge – drohten dem Vergessen anheimzufallen.
    „Der Schädelring. Sie erinnern sich“, sagte Dr. Forrest.
    Julia vermochte keinen Sauerstoff in ihre Lungen zu bringen.
    „Er hat es getan.“
    Worte wie Nägel.
    Julia starrte in das strenge, verzerrte Gesicht der Therapeutin. Plötzlich waren ihre Augen weit geöffnet; sie leuchteten und flackerten wie Kerzenlicht.
    „Sagen Sie es, Julia. Überlassen Sie ihm nicht diesen letzten Sieg.“
    „Er . . .“
    „Sagen Sie, was er getan hat.“
    „Er ließ sie –“
    Dr. Forrests Lippen kräuselten sich triumphierend. „Ja, er hatte die Macht dazu, die gesamte Macht, die Satan ihm bot. Wie hätte er sich dagegen wehren können?“
    Julia sprang vom Stuhl auf und riss sich von Dr. Forrest los. „Er übergab mich dem Unhold .“
    Julia verschlang die Arme vor der Brust und schluchzte. Ihre Schultern zitterten. Sie fiel auf den Stuhl zurück und schaute ins Freie, um dem Büro zu entfliehen. Die Welt war jedoch nur ein noch größeres Gefängnis. Egal, wohin sie sich flüchtete, ihre Gedanken würden sie immer verfolgen.
    „Ich habe es Ihnen gesagt“, sagte Dr. Forrest, beruhigt durch Julias Zugeständnis. „Nun wissen Sie es. Nun können wir uns damit beschäftigen.“
    „Nein“, schluchzte Julia. „So war es nicht.“
    „Julia, Ihr Leugnen hat Sie zurückgehalten.“
    „Nicht er.“
    „Inzest ist weit verbreitet, Julia. Viele unserer Schwestern haben unter der gleichen Grausamkeit gelitten, auch unter rituellem Missbrauch. Wären Sie überrascht, wenn ich Ihnen sagte, dass die Hälfte meiner Patientinnen Erinnerungen an satanische Messen wiederfinden?“
    Die Hälfte.
    „Ich kann Ihnen Ihren Schmerz nachfühlen.“
    „Sie verstehen es nicht“, sagte Julia.
    „Natürlich verstehe ich es. Ich war bei Ihnen. Ich . . . war vor Ihnen dort gewesen.“
    Dort gewesen?
    „Ich bin eine Überlebende, Julia. Genau wie Sie es sein werden.“
    „Überlebende?“
    Dr. Forrest erhob sich, knöpfte ihre Bluse auf und zeigte Julia ihren Bauch. Blaurote Striemen hoben sich von ihrer blassen Haut ab. An Dr. Forrest war das Werk vollendet worden. Das Pentagramm war vollständig eingeritzt, das Grauen sichtbar auf der Seite ihres Körpers geschrieben.
    „Sie?“ Julia wusste nicht, was sie sagen sollte. Worte waren sinnlos.
    Dr. Forrest knüpfte die Bluse mit schnellen, effizienten Bewegungen zu. Sie lächelte, aber ihre Augen hatten einen entfernten und unkoordinierten Ausdruck. Vielleicht durchsuchte sie die Zimmer ihres eigenen Hauses und wühlte in geheimen Kellern.
    Julia warf einen Blick auf die Wanduhr. Zwei Stunden waren bereits verstrichen. Sie hatte sich geöffnet, hatte ihren Schädel aufgerissen und ihr Gehirn Dr. Forrest übergeben. Und ihr Geist war durch die Wunde entschlüpft, hatte sich mit den Schatten vermischt und war verloren.
    „Wir können es überwinden, Julia. Jetzt können wir vorwärts gehen.“
    „Es tut mir Leid, Dr. Forrest. Ich bedaure, was Ihnen zugestoßen ist.“
    „Es braucht Ihnen nicht Leid zu tun. Mitleid ist für die schwachen, emotionellen Krüppel, die, welche nicht ergreifen, was vor ihnen liegt. Wir müssen den Ausgleich suchen, Julia.“
    Julia betrachtete bewundernd das weise Gesicht ihrer Therapeutin. Dr. Forrest hatte sich entblößt, hatte ihre eigenen dunklen Zimmer geöffnet und war nun so ruhig, wie wenn sie über die Stiefmütterchen im Pflanzgefäß gesprochen hätte.
    Wenn diese Frau, die unvorstellbaren Schrecken durchgemacht hatte, genug Kraft hatte, anderen zu helfen, dann ist es höchste Zeit, dass ich aufhöre, mich selbst zu bemitleiden.
    Aber die brennende Erinnerung überströmte sie erneut und die Kraft des alptraumartigen Zugeständnisses blies orkanartig über sie hinweg. Sie kniff die Augen zusammen, doch alles, was sie sah, war der vermummte Mann über ihr. Sie spürte seine heiße, schweißüberströmte Haut auf der ihren, sah den Schädelring an der Hand, die das Messer hielt, sah die Augen unter der Kapuze, die wie zwei Rubine glühten – 
    „Julia, schauen Sie mich an.“
    Sie öffnete zitternd die Augen; die Tränen fühlten sich kühl auf den Wangen an.
    „Es ist ganz natürlich, dass Sie Angst haben“, sagte Dr. Forrest. „Es wird

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