Der Schädelring: Thriller (German Edition)
über sein Kinn. Er wischte sich die Hände an den Hosen ab. „Wenn er Glück hatte, starb er, bevor sie seinen Kopf abhauten.“
„Du sagst ‚sie‘. Gibt es Beweise, dass dies nicht die Tat eines einzelnen Psychopaten war?“
„Wer kümmert sich um Beweise? Die Story ist toll.“
„Wird sie von der Tageszeitung verfolgt?“
„Liest du denn keine Zeitung?“
„Nicht, wenn es sich vermeiden lässt.“
„Sie behandeln den Fall mit Samthandschuhen. Die Bullen geben ihnen eine Zeile Mist und solange sie das Tageszitat veröffentlichen können, sind sie zufrieden.“ Rick zog einige zerknitterte Papierfetzen aus seiner Hemdtasche und las vor.
„Die Polizei sagt, dass sie neue Hinweise zum Falle des Mordopfers verfolgen, dessen enthaupteter Körper letzte Woche gefunden wurde. Die Ermittler glauben nun, dass die Leiche flussaufwärts in den Amadahee geworfen wurde und dass der Mord nicht in dieser Umgebung verübt wurde.“ Rick schaute Julia über seine Brille hinweg an. „Was sagst du zu dieser positiven Darstellung?“
„Nicht schlecht. Der Verfasser sollte in der Werbung arbeiten.“
„Der Verfasser war die Reporterin der Tageszeitung. Es geht ein Gerücht um, dass sie mit dem Sheriff und einigen Mitgliedern des Stadtrates ins Bett steigt, und dies nicht nur im politischen Sinn.“
„Zu viele Informationen, Rick. Mein Tag war ohne dies schon schlimm genug.“
„Hier sind die Nachrichten von gestern. ‚Der Hauptermittler, Polizeileutnant T. L. Snead, sagt –“
„Wer?“
„Snead. Soll irgendein hohes Tier aus der Großstadt sein. Der Detektiv ist erst seit einigen Monaten hier; somit steht das Urteil über ihn noch aus.“
„Snead.“ Julia starrte auf die Tastatur. Ihr Magen krampfte sich zusammen.
Rick machte sich den unterbrochenen Augenkontakt zum Vorteil, um näher an sie heranzurücken. „Was ist mit diesem Snead? Kennst du ihn?“
Nein. Reiner Zufall. Polizisten werden nicht gerade zum Zeitpunkt versetzt, zu dem das Opfer eines Ritualmordes im Fluss angeschwemmt wird. Snead ist mir nicht als Vertreter von Satan aus Memphis gefolgt. Der Teufel verfolgt nicht meine unsterbliche Seele, weil ich nicht einmal sicher bin, dass ich eine habe.
Julia ignorierte die Panik, die ihr an den Ecken ihres Bewusstseins auflauerte. „Was sagt Snead?“
„Er glaubt, dass die Identifizierung schwierig sein wird, da die Leiche so lange im Wasser lag. Die Haut war zu stark verwest für Fingerabdrücke. Und ohne Kopf sind zahnärztliche Unterlagen nutzlos.“
„Na, das ist ja äußerst praktisch. Es ist beinahe, als ob ein forensischer Experte den Mord begangen hätte.“
„Oder eine Gruppe Menschen, die großes Glück hatten.“ Rick neigte sich nach vorne, zog die Augenbrauen in die Höhe und versuchte finster auszusehen. „Oder vielleicht schützt die Allmacht des Teufels seinen Hexenzirkel.“
Einen kurzen Augenblick lang überlagerte ein zweites Gesicht das von Rick, ein Gesicht mit roten Augen und einer breiten, schwarzen Nase und einem Ziegenbart. Ein vom Bösen verzerrtes Gesicht.
Julia rollte ihren Stuhl weg. „Hör auf damit, Rick.“
Rick grinste, aber sein Grinsen war wie das Grinsen des Schädelrings, teuflisch und makaber. Er versuchte zu lachen, aber die Luft blieb ihm im Hals stecken.
Julia stand auf und zog sich in die Ecke des Raums zurück.
Rick begann ihr zu folgen. „He, ich wusste nicht, dass du so schreckhaft bist.“ Er streckte seine Hand nach ihrem Arm aus, aber sie riss sich los.
Satan existiert nicht. Dr. Forrest sagt, dass Ungeheuer nur in der Fantasie existieren.
Aber Ungeheuer konnten Wirklichkeit werden. Vati. Lucius. Mitchell. Der Spanner. Die Menschen im Hexenzirkel, die ihr eine lebenslange Angst eingejagt hatten. Und vielleicht war auch in ihr ein Ungeheuer verborgen, das ihre Knochen umschloss und all ihre Bewegungen, ihren Atem und ihre Gedanken beherrschte.
„He, Julia, es tut mir Leid.“ Seine Hände schwebten über ihr, als ob er sie berühren oder ihr ein Kleenex geben wollte, etwas, das eine unangenehme Gefühlsanwandlung abwehren würde.
„Lass mich in Ruhe“, sagte Julia. „Ich muss arbeiten.“
Rick zog sich zurück und hielt an der Tür an. „Hoffentlich geht es dir bald besser. Ich nehme an, du willst nicht mit mir zum Abendessen kommen.“
Das Schlimmste war, dass sie nicht wusste, ob er es ernst meinte oder nicht. Sie winkte ihm ab, saß an ihrem Pult und drückte die Hände auf die Augen, bis die leuchtenden
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