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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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mittelmäßig hinbekommt. Vielleicht mögen Sie auch mal Ihr Glück versuchen?«
    »Ich bleibe lieber beim Bier«, sagte Jorge. »Bestimmt bin ich ein erbärmlicher Knaggler. Aber pass auf, bevor du wieder verschwindest: eure Hunde! Noch so eine rätselhafte Geschichte, die ich nicht kapiere. Was ist mit denen?«
    »Was soll mit ihnen sein?«
    »Sie, nun … sie laufen aus. Ich meine, grüner Rotz trieft ihnen aus der Nase. Dauernd. Der Boden ist schon ganz rutschig. Das ist doch irgendwie komisch, oder?«
    Die Zwergin sah ihn leicht verstört an, ohne dass das Lächeln ganz aus ihrem feisten Gesicht wich. Dann sagte sie im Brustton der Überzeugung: »Mein Herr, es gibt keine Barlyner Hirten, die nicht schleimen.«
    Jorge nickte abermals. »Danke, mein Kind«, sagte er und machte sich über das mickrige Krügerschwein her.
    Es dauerte nicht lange, dann lag nur noch ein Gerippe vor ihm auf dem Tablett. Jorge hatte das Schweinchen komplett verinnerlicht. Sogar die Ohren hatte er verschlungen, wunderbar kross und mit eigenartigem, aber delikatem Gewürzhonig bestrichen.
    Zufrieden trank er sein fünftes Bier an, rülpste, als wollte er den Weltuntergang ankündigen, und rieb sich den Bauch. Auf der Bühne war schon wieder ein Zwerg dabei, sich die Seele aus dem Leib zu knaggeln. Er klang wie eine thaumaturgische Feuersirene.
    Ein Stück weiter hatte eine komplette Sitzreihe zu schunkeln begonnen. Aufgrund ihrer ähnlichen Kleidung und Statur sowie dem vielfach lang getragenen und zu Zöpfen geflochtenen Haupthaar fiel es Jorge schwer, Männlein von Weiblein zu unterscheiden.
    Eine dichte Dunstglocke hing über den Hüten der Zecher, Qualm stieg aus unzähligen zwergischen Rauchwerkzeugen auf. Jetzt etwas Tabak, (las wäre was, dachte Jorge. Ärgerlicherweise hatte er sowohl Pfeife und Tabakbeutel als auch seine Zigarren und den Krauthumpen, den er auf Reisen stets mit sich führte, in seinem Zimmer vergessen.
    Während er gegessen hatte, war um ihn herum ein auffallend weiter Kreis freier Sitzplätze entstanden. Die Zwerge, die bei seiner Ankunft hier gehockt und vom Aussterben bedrohte Ewusraude mit Blaukohl verschlungen und aus ihren mit Deckeln versehenen Bierhumpen getrunken hatten, schienen über seine Anwesenheit nicht sonderlich erfreut gewesen zu sein – darüber oder über die Geräusche, die ein Troll unweigerlich beim Verzehren eines Krügerschweins von sich gibt – und hatten sich nach und nach verzogen. Jorge hatte sie tuscheln und wispern hören, eine Zwergin mit unzähligen Leberflecken im Gesicht hatte gar gut hörbar verkündet, sie weigere sich, mit einem solchen Scheusal an einem Tisch zu sitzen.
    Jorge war es nur recht. Er wollte essen und trinken und seine Ruhe haben.
    Überall auf dem Boden standen Pfützen aus grünem Schleim, abgesondert von den zottigen, überzüchteten Hunden. Jorge hielt sich, was Ekelhaftigkeiten anging, für einigermaßen abgehärtet, aber der gehäufte Anblick des tierischen Ausflusses widerte ihn an. Zu viel Hunderotz, so lautete ein altes Trollsprichwort, bringt selbst den stärksten Troll ins Wanken. Er fragte sich, warum die Zwerge sich nicht um die Sauerei scherten. Vielleicht war es zu aufwendig, ständig hinter dem Viehzeug herzuwischen. Aber man hätte den Vierbeinern den Zutritt zum Festzelt ja auch generell untersagen können. Er bezweifelte, dass es einen Barlyner Hirtenkönig gab, der diesbezüglich Probleme gemacht hätte.
    Sein Blick wanderte wieder zu den Speiseaufzügen hinüber, wo ohne Unterlass neue, appetitliche Krügerschweine eintrafen. Erneut musste er an seinen Besuch bei Herrn Hellmuth denken. Hatte der auch einen Versorgungslift gehabt? Wahrscheinlich, Jorge wusste es nicht mehr.
    Wie war das eigentlich im Büro des Opfers gewesen? Hatte Borkudd einen Speiseaufzug besessen? Nein, wozu auch – in einem Büro? Außerdem wäre es zu einfach gewesen, denn dann hätte der Mörder ja einfach durch den Schacht kommen können …
    »Du hast heute Abend frei«, murmelte Jorge. »Pfeif auf den dämlichen Mordfall und genieß den Schwelgermarkt.« Er nickte wie zur Bestätigung dieses guten Ratschlags und grinste. Als ob er sich in seiner Freizeit schon jemals Gedanken um einen aktuellen Fall gemacht hätte!
    Ein paar Tische entfernt wurde jetzt laut gegen das Knaggeln angesungen. Eine komplette Sitzreihe hatte sich gegenseitig untergehakt und wiegte sich im Takt ihres Liedes hin und her. Jorge lauschte auf den Text – und stutzte.
    Ob im Norden oder

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