Der Schädelschrank
fuhren sehr bald von der normalen Straße ab auf eine schmalere, die man mit gutem Gewissen als Feldweg einstufen konnte.
Zugewachsen war er nicht. Zu beiden Seiten gab es genügend Lücken, um über die freien Wiesen zu schauen. Ansonsten wurden wir von sperrigem Gestrüpp und einigen kleinen Bäumen begleitet sowie einem Graben, auf dessen Grund tintiges Wasser schimmerte.
Das Haus stand mitten im Gelände. So etwas war nicht neu, das kannte ich von Bauernhöfen oder Scheunen. Aber auch größere WGs hatten sich auf derartigen Höfen eingenistet, die von ihren Besitzern aufgegeben worden waren und vermietet wurden.
Von einem Frühsommertag konnte man nicht sprechen, auch wenn es recht warm war. Aber der Himmel zeigte keine Sonne. Vor diese hatte sich eine graue Decke aus Wolken gezogen, durch die nur eine schwache Helligkeit schimmerte.
»Du rechnest damit, dass du diesen Schädel findest?«, fragte Suko mich.
»Ja. Und ich werde dem Trödler einige nicht sehr angenehme Fragen stellen. Außerdem möchte ich mir den Schrank genauer und in aller Ruhe anschauen.«
»Falls er dort ist.«
»Was spricht dagegen?«
Suko hob die Schultern. »Ich kann es dir nicht genau sagen, aber ich denke da an unseren Freund, den Trödler. Er hat mir nicht eben den Eindruck eines Menschen gemacht, der sich kooperativ zeigen will. Das ist meine Meinung. Er ist ein Eigenbrötler, einer, der nur sich und seinen kleinen Umkreis kennt. Daher glaube ich nicht, dass wir beide sehr gut mit ihm zurechtkommen werden.«
Ich verkniff mir das Lächeln nicht. »In dieser Berufsgruppe gibt es schon ausgefallene Typen.«
»Wie bei uns, oder?«
Suko fuhr noch langsamer, weil der Feld weg holpriger wurde. Wahrscheinlich bereute er es schon, mit dem BMW gefahren zu sein.
»Da ist übrigens sein Haus«, sagte er.
Ich hob kurz den Kopf. Weit brauchte ich nicht zu schauen. Mitten in der »Prärie« stand der graue Bau, der schon aus der Entfernung aussah, als würde er keinen Käufer finden. Wer hier lebte, der musste schon Spaß daran haben und so bekannt sein, dass Besucher ihn auch ohne Probleme fanden.
Wir rollten darauf zu. In der Nähe stand der Transporter von gestern Nacht. Wir sahen auch einen verschmutzten Van in der Nähe.
Das Haus mit seiner grauen Fassade stand zwar frei, aber auf dem Grundstück wuchsen auch Bäume. Die hellen Stämme zeigten an, dass es sich dabei um Birken handelte, die bereits ihre Blätter bekommen hatten. Zwischen ihnen gab es genügend Platz, um zehn Autos parken zu können.
Wir rollten auf das Grundstück. Der BMW bewegte sich schaukelnd. Den Wagen des Trödlers sahen wir nicht. Vielleicht stand er hinter dem Haus, aber der schmutzige Van zog uns wie magisch an, und Suko parkte seinen BMW daneben.
»Das war’s«, sagte er und wollte die Tür öffnen.
»Warte noch einen Augenblick.«
»Warum?«
»Ich möchte mir das Haus besser anschauen.«
»Nur von vorn?«
»Zunächst mal.«
Es war ein altes Haus mit grauen Mauern. Wenn man es genau betrachtete, machte es einen leicht verkommenen Eindruck. Nicht, dass es kurz vor dem Zusammenbruch stand, aber man hätte was daran tun müssen, und wenn ich mich nicht täuschte, fehlten auf dem Dach sogar ein paar Pfannen.
Die Fenster waren geschlossen. Dahinter brannte kein Licht, und ich ging mal davon aus, dass der Wohn- und Geschäftsbereich des Mannes sich in diesem Bau unter einem Dach befanden.
»Und?«, fragte Suko. »Hast du etwas herausgefunden? Geht es dir jetzt besser?«
»Das hat damit nichts zu tun. Ich wollte mir ein Bild machen.«
Hätte ich dir gleich sagen können, dass er so haust.«
»Gut. Reden wir mal mit unserem Freund.«
»Das meine ich auch.«
Zugleich stiegen wir aus. Ob man uns aus dem Haus beobachtete, war nicht zu erkennen, denn hinter den recht großen Fenstern entdeckten wir keine Bewegung. Allerdings fiel uns ein kleiner Vorbau auf und ein Anbau, der zugleich wohl als Garage diente, denn er war mit einem entsprechenden Tor ausgerüstet.
Aus der Nähe sah der Zaun noch brüchiger aus. Der Boden zeigte eine grüne Grasfläche, auf der hin und wieder alte Blätter zu sehen waren oder kleine Zweige herumlagen. An der rechten Seite war der Zaun eingebrochen.
Die Reste lagen am Boden und sahen zertreten aus.
Ein weicher Wind wehte uns entgegen. Er schaffte es, die Blätter der Bäume zu bewegen, und in der Luft lag irgendwie noch ein Geruch nach Frühling.
An den ersten Bäumen gingen wir vorbei. Die Haustür blieb geschlossen,
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