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Der Schädelschrank

Der Schädelschrank

Titel: Der Schädelschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mein Freund? Was...?«
    »Ich habe keine Ahnung.« Der Trödler schüttelte den Kopf. »Nein, bitte, das ist...«
    »Ich höre...«
    »Nein, ich kann nicht. Es war nur ein Gedanke...«
    »Du hast es nicht begriffen, wie? Du kommst nicht darüber hinweg, dass ich mit einer anderen Stimme gesprochen habe, obwohl ich doch die gleiche Person bin – oder?«
    Phil Young spürte einen Druck in der Brust, den er nicht unterdrücken konnte. Sein Herz schlug schneller als gewöhnlich und erzeugte in seiner Brust ungewöhnliche Echos. So etwas hatte er noch nie
    ***
    erlebt. Das war einfach zu viel und zu hoch für ihn. Er spürte auch den Druck im Kopf, der durch die Echos der Herzschläge noch verstärkt wurde, und als sich die Gestalt aus dem Dunkel löste, wäre er am liebsten geflüchtet. Das war ihm nicht möglich, denn seine Beine waren so schwer wie Blei geworden.
    Der Henker kam auf ihn zu.
    Nur er, oder doch noch ein anderer?
    Nach drei Schritten blieb er stehen. Er war jetzt etwas besser zu erkennen, aber der Trödler erkannte nur eine Gestalt und nicht zwei, obwohl er von zwei Stimmen angesprochen worden war.
    Eine Gestalt, aber zwei verschiedene Stimmen!
    In Young’s Kopf überschlugen sich weiterhin die Gedanken. Schweiß hatte sich in seinem Nacken gesammelt, und es fiel ihm schwer, sich auf das Gesicht zu konzentrieren, was dieser Burke aber wollte, denn er reckte es sogar vor.
    Es war und blieb bleich, aber hinter dieser blassen Farbe tat sich etwas anderes auf. Young glaubte, zwei fremde Augen zu sehen und noch den Schatten eines anderen Gesichts, das das erste überlagerte, aber trotzdem im Hintergrund blieb.
    »Siehst du es?«, fragte Burke, aber mit seiner anderen Stimme.
    »Nein, ja, ich...«
    »Schau genau hin!«
    Young nickte, bevor er es tat.
    »Ich will dir etwas erklären, und so erfährst du was über die Vielschichtigkeit der Hölle. Der Henker köpfte die, die ich als Inquisitor verurteilt habe. Er schaufelte sie in meinem Sinne weg. Ob Männer oder Frauen, das war egal. Besonders die Frauen haben mir gefallen. Mit ihnen, den jüngeren, hatte ich noch meinen Spaß. So kam in mir der Teufel durch, der wohl in jedem von uns steckt, und dieser Teufel war sehr, sehr mächtig. Ich habe gelernt, ihn zu lieben, obwohl ich noch der Kirche verbunden war. Und so konnte ich mein Doppelspiel treiben.«
    »Nein...«
    »Doch.« Es folgte Gelächter. »Es war herrlich. Ich fühlte mich plötzlich frei. Ich konnte zwischen verschiedenen Dingen wählen. Ich habe ein Doppelspiel getrieben. Nach außen hin war ich der gestrenge Richter der Kirche, in Wahrheit aber näherte ich mich dem Teufel. Die Hölle nahm mich auf. Ich spürte den Einfluss des Bösen und fand ihn gar nicht so schlimm. Da war ich mir mit Amos Burke einig. Auch er stand dem Teufel näher als dem Himmel, und so gingen wir beide einen Pakt ein. Ich verurteilte jeden, der vor Gericht stand, zum Tode, und jeder Schädel war dem Teufel geweiht, der dieses Opfer liebend gern annahm. Er wusste, was er an uns hatte. Jede Seele war ihm wichtig. Wir gefielen ihm als Paar, und so beschloss er, dass wir für immer ein Paar bleiben sollten. In einer finsteren Nacht, als der Himmel zu einer Hölle wurde, weil ein mächtiges Gewitter tobte, da verschmolzen wir miteinander. Aus zwei Menschen wurde einer, und der steht jetzt vor dir. Ich bin der Inquisitor und zugleich der Henker. Ich bin das, was man eine perfekte Mischung nennt.«
    Es war die Erklärung, doch der Trödler war nicht in der Lage, sie zu begreifen. Er stand auf der Stelle und schaute nach vorn. Er selbst kam sich vor wie eine Säule, die man befeuchtet hatte, aber es war kein Wasser, was ihn nässte, sondern Schweiß, der auf seiner Haut klebte.
    »Und die Schädel?«, flüsterte er.
    »Ja, endlich kommst du darauf. Sie und der Schrank sind sehr wichtig. In jedem Totenkopf steckt ein Teil von uns und damit auch ein Teil der Hölle. Ich will, dass du sie bewahrst. Du bist der Bewahrer. Dich haben wir uns ausgesucht. Du lebst recht einsam. Man wird keinen Verdacht schöpfen, sollte jemand den alten Schrank in deiner Garage entdecken. Aber du wirst eines nicht machen. Du wirst ihn nicht verkaufen und auch nicht sein Geheimnis verraten.«
    Allmählich klärte sich das Dunkel. Young konnte sich wieder bemerkbar machen und nickte.
    »Ich habe alles gehört und weiß Bescheid.« Seine Lippen verzogen sich, weil ein bestimmter Gedanke durch seinen Kopf gehuscht war. Er war Geschäftsmann. Er tat nichts

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