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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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meisten leitenden Kommissare der PJ hatten Spitznamen wie le Patron oder le Vieux, aber Claude Lebel, der nie mehr als einen kleinen Apéritif trank, weder rauchte noch fluchte und seine jüngeren Detektive zwangsläufig an irgendeinen ihrer Schullehrer erinnerte, wurde in den Korridoren des Stockwerks der Brigadeführung seit einiger Zeit le Professeur genannt. Wäre er nicht ein so guter Detektiv gewesen, hätte man ihn wahrscheinlich zu einer komischen Figur abgestempelt.
    »Aber vielleicht hören Sie mir dennoch zu, wenn ich Ihnen jetzt noch ein paar Einzelheiten nachliefere«, sagte Lebel. »Es wird vermutlich die letzte Gelegenheit sein, daß ich dazu die Zeit habe.« Dreißig Minuten lang berichtete er Caron von den Ereignissen des Nachmittags, von Roger Freys Unterredung mit dem Präsidenten und der Besprechung im Innenministerium. Er erwähnte die auf Bouviers Empfehlung unvermittelt an ihn ergangene Aufforderung, alles stehen und liegenzulassen und sich sofort im Ministerium einzufinden, und schilderte, wie es zu der Weisung des Ministers gekommen war, eine eigene Befehlszentrale für die Jagd auf den Schakal einzurichten. Caron lauschte schweigend.
    »Verdammt«, sagte er schließlich, als Lebel endete, »die haben Sie aber ganz schön dränge kriegt.« Er dachte einen Augenblick nach, und der Blick, mit dem er seinen Chef ansah, verriet Anteilnahme und Besorgnis. »Mon commissaire, sehen Sie denn nicht, daß die Ihnen diese Sache nur aufgehalst haben, weil kein anderer sie übernehmen wollte? Wissen Sie, was die mit Ihnen machen werden, wenn Sie diesen Mann nicht rechtzeitig fassen?« Lebel nickte.
    »Ja, Lucien, das weiß ich. Ich kann nichts dagegen machen. Die Sache ist mir nun einmal übertragen worden. Es bleibt jetzt also gar nichts anderes übrig, als zu tun, was man von uns erwartet.«
    »Aber wovon, zum Teufel, können wir denn überhaupt ausgehen?«
    »Wir können davon ausgehen, daß wir die größten Machtbefugnisse haben, die je zwei Polizisten in Frankreich zugestanden worden sind«, entgegnete Lebel aufgeräumt, »und wir werden sie benutzen. Installieren Sie sich mal gleich an dem Tisch da drüben, nehmen Sie Papier und Bleistift zur Hand und notieren Sie folgendes: Sorgen Sie dafür, daß meine Sekretärin vorübergehend in eine andere Abteilung versetzt wird oder bis auf weiteres bezahlten Urlaub bekommt. Sie werden mein Assistent und Sekretär in einer Person sein müssen. Lassen Sie ein Feldbett, Bettwäsche, Kissen und Decken heraufschaffen. Besorgen Sie Wasch und Rasierzeug, Kaffee, Zucker, Milch und einen Filterapparat aus der Kantine. Wir werden eine Menge Kaffee benötigen. Verständigen Sie die Telephonzentrale, daß sie zehn Amtsleitungen und einen Mann in der Vermittlung ständig zu unserer Verfügung halten muß. Berufen Sie sich auf Bouvier, wenn die Leute Schwierigkeiten machen sollten. Wenden Sie sich wegen der anderen Anforderungen immer gleich an den betreffenden Abteilungsleiter und beziehen Sie sich auf mich. Zum Glück hat unser Büro ab sofort auch bei den sonstigen Ausrüstungsdienststellen kraft Sondererlaß Vorrang gegenüber allen anderen Diensten. Setzen Sie ein Rundschreiben an alle Abteilungsleiter auf, die bei der heutigen Sitzung im Ministerium anwesend waren, und erklären Sie ihnen, daß Sie zu meinem einzigen Assistenten ernannt und bevollmächtigt worden seien, in meinem Namen mit jeder Bitte an sie heranzutreten, die ich, wenn ich nicht verhindert wäre, selbst geäußert hätte. Haben Sie das?«
    Caron blickte von seinen Notizen auf. »Ja, Chef. Das Rundschreiben kann ich heute nacht entwerfen. Was ist das Vordringlichste?«
    »Die Telephonvermittlung. Ich brauche einen guten Mann, der das übernimmt - den besten, den sie haben. Rufen Sie den Verwaltungschef in seiner Wohnung an und beziehen Sie sich auch ihm gegenüber auf Bouvier.«
    »In Ordnung. Welche Gespräche kommen zuerst dran?«
    »Sie müssen mich, so schnell Sie können, mit den Chefs der Mordkommissionen von sieben verschiedenen Ländern verbinden. Glücklicherweise kenne ich die meisten persönlich von den Interpol-Sitzungen her. In manchen Fällen kenne ich ihre Stellvertreter. Verlangen Sie also jeweils den zweiten Mann, wenn Sie seinen Chef nicht bekommen. Die Länder sind die Vereinigten Staaten, das heißt die Mordkommission des FBI in Washington, ferner Großbritannien, Belgien, Holland, Italien, Westdeutschland, Südafrika. Wen Sie nicht im Büro erreichen, den rufen Sie zu Hause

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