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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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irgend etwas gefunden hätte, was sein Mißtrauen weckte. Die vollzähligen Einzelteile eines zusammensetzbaren Scharfschützengewehrs befanden sich einen knappen Meter von ihm entfernt, auf der anderen Seite des Tresens, aber er schöpfte keinen Verdacht. Er drückte den Kofferdeckel zu und bedeutete dem Schakal mit einer Geste, daß er ihn wieder schließen könne. Dann versah er alle vier Gepäckstücke mit einem raschen Kreidestrich und lächelte nach getaner Arbeit dem Engländer freundlich zu.
    »Grazie, signor. Ich wünsche recht gute Erholung!«
    Der Gepäckträger winkte ein Taxi herbei. Er wurde mit einem großzügigen Trinkgeld belohnt, und wenig später fuhr der Taxi-chauffeur den Schakal in raschem Tempo in die Mailänder Innenstadt. Um diese Stunde, zu der sich das Heer der Büroangestellten zur Heimfahrt rüstete, erreichte der Lärm des Straßenverkehrs seinen absoluten Höhepunkt. Der Schakal bat den Taxifahrer, ihn am Hauptbahnhof abzusetzen. Dort nahm er sich wiederum einen Dienstmann und humpelte ihm zur Gepäckaufbewahrungsstelle nach. Im Taxi hatte er die Stahlschere aus der Reisetasche geholt und in seine Jackentasche gesteckt. Die Reisetasche und zwei Koffer gab er bei der Gepäckaufbewahrung ab, den dritten, den die Kleidungsstücke - darunter der für André Martin vorgesehene französische Militärmantel und die anderen Sachen - keineswegs gänzlich füllten, behielt er. Nachdem er den Gepäckträger entlohnt hatte, humpelte er zur Bedürfnisanstalt für Männer hinüber, wo er feststellen mußte, daß in der langen Reihe von Waschbecken nur eines in Betrieb war. Er stellte den Koffer ab und wusch sich umständlich die Hände, bis der einzige andere Benutzer die Bedürfnisanstalt verlassen hatte. Der Schakal schloß sich rasch auf einem der Klosetts ein, stellte den Fuß auf den Toilettensitz und säbelte zehn Minuten lang an dem Gipsverband herum, bis dieser aufbrach und die darunter befindlichen Wattelagen sichtbar wurden, die dem Fuß die verdickte Form eines in Gips gelegten Gelenkbruchs verliehen hatten. Als die letzten Gipsreste von seinem Fuß entfernt waren, zog er sich die seidene Socke und den leichten Mokassin an, den er mit Leukoplaststreifen an der Innenseite seiner Wade befestigt hatte, solange der Fuß in Gips gewesen war. Er sammelte die umherliegenden Wattelagen und Gipsreste auf und warf sie in das Klosettbecken. Nach zweimaligem Abziehen war alles weggespült.
    Dann legte er den Koffer auf den Klosettsitz und bettete das Bündel leichter Stahlröhren, in denen sich das Gewehr befand, in die Falten des Militärmantels. Er zog die Innengurte fest, um zu verhindern, daß der Kofferinhalt durcheinandergeschüttelt wurde, und schloß den Deckel. Ein Blick durch die vorsichtig geöffnete Tür zeigte ihm, daß zwei Männer an den Waschbecken standen und zwei weitere an den anderen Becken. Der Schakal verließ das Klosett, wandte sich nach rechts zur Tür und war die Stufen zur Bahnhofshalle schon hinaufgeeilt, bevor noch einer der Männer ihn auch nur bemerkt hatte.
    Da er sich der Gepäckaufbewahrungsstelle nicht als sportlichelastischer, gesunder Mann präsentieren konnte, nachdem er sie erst vor kurzem als Krüppel verlassen hatte, winkte er einen Dienstmann heran, erklärte ihm, er sei in großer Eile und müsse so rasch wie möglich Geld umwechseln, seine Koffer abholen und ein Taxi bestellen. Er drückte dem Mann seinen Gepäckschein nebst einer Tausendlirenote in die Hand und deutete zur Gepäckaufbewahrungsstelle hinüber. Er selbst, erklärte er, werde in der Wechselstube zu finden sein, wo er seine englischen Pfunde in Lire umzutauschen gedenke.
    Der Italiener nickte glücklich und machte sich auf den Weg, um das Gepäck abzuholen. Der Schakal ließ sich den Gegenwert der letzten 20 Pfund, die ihm verblieben waren, in italienischer Währung auszahlen und hatte das Bündel knisternder großer Scheine gerade eingesteckt, als der Träger mit den restlichen drei Gepäckstücken zurückkehrte. Zwei Minuten später saß er bereits in einem Taxi, das die Piazza Duca d'Aosta in lebensgefährlichem Tempo überquerte, um ihn zum Hotel Continentale zu befördern.
    In der pompösen Hotelhalle wandte er sich an den Empfangschef.
    »Haben Sie das Zimmer für Duggan reservieren lassen, das vor zwei Tagen telephonisch von London aus bestellt wurde?«
    Gegen 20 Uhr duschte und rasierte sich der Schakal in dem zu seinem Zimmer gehörenden Bad. Zwei seiner Koffer standen sorgsam

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