Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
übriggebliebenen Gipspulver in die Reisetasche. Als er schließlich zum Aufbruch bereit war, schob er den billigen Koffer unter das Bett, überprüfte das Zimmer nochmals auf irgendwelche verräterischen Spuren, die er zurückgelassen haben mochte, schüttelte den Inhalt des Aschenbechers aus dem Fenster und trat auf den Gang hinaus.Er stellte fest, daß der Gipsverband ihn ohnehin zwang, auf durchaus glaubwürdige Weise zu humpeln, und ihn damit aller diesbezüglichen Sorge enthob. Am Fuß der Treppe angekommen, bemerkte er erleichtert, daß der schmierige, verschlafen aussehende Portier sich nicht in seiner Loge, sondern offenbar in dem dahinter befindlichen Raum aufhielt, dessen mit einer Milchglasscheibe versehene Tür offenstand.
    Nachdem er sich mit einem raschen Blick zur Haustür vergewissert hatte, daß nicht ausgerechnet in diesem Augenblick jemand hereinkam, steckte der Schakal seinen Arm durch den Griff seiner Reisetasche, ließ sich auf alle viere nieder und kroch rasch über den gekachelten Boden zum Ausgang. Wegen der sommerlichen Hitze stand die Haustür offen, und auf der obersten der drei Stufen, die auf die Straße hinausführten, konnte sich der Schakal wieder aufrichten, ohne in das Blickfeld des Portiers zu geraten.
    Er humpelte mühsam die Stufen hinunter und die Straße entlang bis zur nächsten Ecke, an der sie eine Hauptverkehrsstraße kreuzte. Innerhalb einer halben Minute hatte ihn ein Taxifahrer erspäht, der ihn zum Flughafen zurückbrachte.
    Dort meldete er sich am Alitalia-Schalter und wies seinen Paß vor. Das Mädchen lächelte freundlich.
    »Schauen Sie doch bitte nach, ob Sie ein auf den Namen Duggan ausgestelltes Ticket nach Mailand vorliegen haben, das vor zwei Tagen von London aus gebucht wurde«, sagte er.
    Sie sah die Liste mit den Buchungen für die Nachmittagsmaschine nach Mailand durch, die in anderthalb Stunden startete.
    »Stimmt«, sagte sie strahlend. »Mister Duggan. Das Ticket ist gebucht, aber noch nicht bezahlt. Wollen Sie das gleich erledigen?«
    Der Schakal zahlte wiederum bar, erhielt sein Ticket und wurde darauf hingewiesen, daß der Flug in einer Stunde abgerufen werden würde. Mit Hilfe eines Gepäckträgers, der vom Gipsfuß des Schakals viel Aufhebens machte, holte er seine drei Koffer aus dem Schließfach und gab sie bei der Gepäckaufnahme der Alitalia ab. Nachdem er die Paßkontrolle passiert hatte, verbrachte er die bis zum Start verbleibende Zeit damit, in dem an die Abflughalle angrenzenden Restaurant ein spätes, aber ausgezeichnetes Mittagessen einzunehmen.
    Eine Bodenhosteß half ihm beim Einsteigen in den Bus, der die Fluggäste zur Maschine beförderte, und als er unter allseitigen Bekundungen der Besorgnis und des Mitgefühls die Treppe erklommen hatte, wurde er von der charmanten italienischen Stewardeß mit einem besonders herzlichen Lächeln belohnt und zu einem unmittelbar hinter dem Cockpit befindlichen Platz geleitet, der es ihm erlaubte, das Bein mit dem Gipsverband bequem auszustrecken. Die mitfliegenden Passagiere waren ungemein bemüht, beim Betreten der Kabine nicht gegen seinen in Gips gelegten Fuß zu treten, während der Schakal sich im Sitz zurücklehnte und tapfer lächelte.
    Um 16 Uhr 15 hob die Maschine von der Startbahn ab und erreichte bald die für ihren Nonstopflug nach Mailand vorgesehene Reiseflughöhe.
    Als Superintendent Bryn Thomas gegen 15 Uhr das Büro des Assistant Commissioner verließ, fühlte er sich schlechtweg hundsmiserabel. Auch wenn seine Sommererkältung nicht die schwerste und hartnäckigste gewesen wäre, die ihn jemals geplagt hatte, würde ihm der Auftrag, der ihm soeben aufgehalst worden war, den Tag gründlich verdorben haben.
    Wie immer am Montag war der Vormittag verheerend gewesen. Zunächst hatte er erfahren, daß einer seiner Leute von einem Mitglied der sowjetischen Handelsdelegation, das er hätte beschatten sollen, abgehängt worden war; und gegen Mittag hatte er eine interne Beschwerde von MI-5 erhalten, in der seine Abteilung höflich ersucht wurde, die Sowjetdelegation nicht länger zu behelligen - ein unmißverständlicher Hinweis darauf, daß MI-5 der Ansicht war, die ganze Angelegenheit solle doch besser ihnen überlassen bleiben.
    Der Montagnachmittag begann unter noch fataleren Vorzeichen. Es gibt kaum etwas, was einem Polizeibeamten, ob er nun dem Sicherheitsdienst angehört oder nicht, unheimlicher ist als das Gespenst des politischen Meuchelmörders. Aber bei dem Auftrag, den ihm

Weitere Kostenlose Bücher