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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Januar England den Beitritt zur EWG starrsinnig verwehrt hatte - was Sir Jasper eine höchst unangenehme zwanzigminütige Audienz beim Außenminister einbrachte.
    Es hatte geklopft. Sir Jasper wandte sich rasch vom Fenster ab, nahm ein auf seinem Schreibtisch liegendes Schriftstück zur Hand und hielt es so, als sei er im Lesen unterbrochen worden.
    »Herein.«
    Der junge Mann trat ein, schloß die Tür hinter sich und ging auf den Arbeitstisch zu.
    Sir Jasper musterte ihn über den Rand seiner Brille hinweg.
    »Ah, Lloyd. Lese da gerade den Bericht, den Sie heute nacht erstattet haben. Interessant, interessant. Ein inoffizielles Ersuchen, das ein höherer französischer Polizeibeamter an einen höheren englischen Polizeibeamten richtet. Weitergereicht an einen Superintendenten von Scotland Yards Special Branch, der es seinerseits für richtig hält, einen jungen Beamten des Secret Service - selbstverständlich inoffiziell - zu konsultieren. Hmm?«
    »Ja, Sir Jasper.«
    Lloyd sah abwartend zu dem spindeldürren Diplomaten hinüber, der am Fenster stand und seinen Bericht studierte, als läse er ihn zum erstenmal. Er kam zu dem Schluß, daß Sir Jasper längst mit dem Inhalt vertraut und seine bemühte Indifferenz wahrscheinlich nichts als Pose war.
    »Und dieser junge Beamte wiederum hält es für richtig und angebracht, aus eigenem Ermessen und vermutlich ohne Rücksprache mit seinen Vorgesetzten, dem Special-Branch- Beamten dadurch zu assistieren, daß er ein Gerücht weiterverbreitet. Ein Gerücht zudem, das, ohne auch nur andeutungsweise hierfür einen Beweis zu enthalten, schlankweg impliziert, daß ein britischer Staatsbürger, der als unbescholtener Geschäftsmann gilt, in Wahrheit möglicherweise ein kaltblütiger Mörder sei. Hmmm?«
    Worauf, zum Teufel, mag der alte Geier bloß hinauswollen? fragte sich Lloyd. Er sollte es bald erfahren.
    »Was mich bestürzt, mein lieber Lloyd, das ist die Tatsache, daß dieses Ansuchen, obschon es - inoffiziell, versteht sich - bereits gestern morgen ergangen ist, dem Leiter derjenigen Abteilung des Ministeriums, die mit allem, was in Frankreich vorgeht, von Amts wegen aufs intensivste befaßt ist, erst volle vierundzwanzig Stunden später zur Kenntnis gelangt. Ein etwas merkwürdiger Sachverhalt, finden Sie nicht?«
    Lloyd begriff, woher der Wind wehte. Rivalitäten und Kompetenzstreitigkeiten zwischen den einzelnen Abteilungen also. Aber er wußte auch, daß Sir Jasper ein einflußreicher Mann und in der Technik der innerhalb der Hierarchie der Ämter ausgetragenen Machtkämpfe, in welche die Beteiligten weit mehr Energien zu investieren pflegten als in die Staatsgeschäfte, seit Jahrzehnten versiert war.»Bei allem Respekt, Sir Jasper - als Superintendent Thomas gestern abend mit seiner - von Ihnen als inoffiziell bezeichneten - \ Bitte an mich herantrat, war es 21 Uhr. Der Bericht wurde um i Mitternacht erstattet.« - »Zugegeben. Aber ich stelle fest, daß dem Ansuchen schon vor Mitternacht stattgegeben worden ist. 1 Wollen Sie mir vielleicht erklären, wie das geschehen konnte?«
    »Ich war der Ansicht, daß die Bitte um Hinweise oder auch nur mögliche Fingerzeige nicht über das vertretbare Maß der zwischen den einzelnen Abteilungen üblichen Zusammenarbeit hinausginge«, entgegnete Lloyd.
    »So, der Ansicht waren Sie also.« Sir Jasper hatte die Pose nachsichtigen Wohlwollens aufgegeben und ließ sich seinen Unwillen jetzt deutlich anmerken. »Aber offenbar doch wohl über das der zwischen Ihrer Abteilung und dem Frankreich-Referat üblichen Zusammenarbeit, hmmmm?«
    »Sie halten meinen Bericht in der Hand, Sir Jasper.«
    »Ein bißchen spät, mein Lieber. Ein bißchen spät.«
    Lloyd entschloß sich zum Gegenangriff. Es war ihm klar, daß er sich, wenn es wirklich ein Fehler gewesen sein sollte, Thomas zu helfen, ohne vorher mit seinen Vorgesetzten zu sprechen, an seinen eigenen Chef hätte wenden müssen und nicht an Sir Jasper. Und der Leiter des Secret Intelligence Service war wegen seiner beharrlichen Weigerung, die eigenen Untergebenen von irgend jemand anderem als ihm selbst zurechtweisen zu lassen, bei seinen Leuten so beliebt wie bei den Mandarinen des Foreign Office verhaßt.
    »Zu spät wofür, Sir Jasper?«
    Sir Jasper warf Lloyd einen mißtrauischen Blick zu. Er würde nicht so töricht sein, zuzugeben, daß es zu spät war, um die von Thomas erbetene Zusammenarbeit zu verhindern.
    »Sie sind sich doch darüber im klaren, daß hier der unbescholtene

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